meiner unleserlichen Hand Seiner Durchlaucht nicht überreichen, sagte der unvergleichliche Fürst: "Ich kann alle Hände lesen: was er in Berlin für mich aufsetzt, muß er selbst auch schreiben." -- Wie sehr bedaure ich, daß ich in meiner Jugend nicht habe lernen schön schreiben!
Mein Aufsatz enthielt einen kleinen Abriß mei- ner Schicksale, und dann einige Anmerkungen über den Schlesischen Feldzug. Ich gab ihm den Titel: Extrait du Journal d'un Mousquetaire Prussien fait dans la Campagne de 1790. Freilich war das Ding mehr als ein bloßer Auszug aus meinem sogenannten Strambuch: es war vielmehr eine con- centrirte Biographie. Nebenbei machte ich ein la- teinisches Karmen auf den Herzog: denn ich wußte, daß er an der lateinischen Poesie Vergnügen fand, und selbst ganz artige Gedichte in dieser für die Poe- terei gewiß recht schicklichen Sprache gemacht hatte. Herzog Friedrich ist nicht blos ein Mäcen der Gelehrten: er ist auch ein Kenner der Gelehrsamkeit und der Wissenschaften selbst. Nachdem ich fertig war -- ich verschob dieses Geschäft absichtlich bis kurz vor unserm Auszug aus Berlin, um nicht zu- dringlich zu scheinen -- meldete ich meinem Kapitän, daß ich dem Herzoge einen Aufsatz überreichen wollte. Dieser gab mir der Unterofficier Schäffer mit. Schäffer dachte, weil er Unterofficier wäre, so müßte
meiner unleſerlichen Hand Seiner Durchlaucht nicht uͤberreichen, ſagte der unvergleichliche Fuͤrſt: „Ich kann alle Haͤnde leſen: was er in Berlin fuͤr mich aufſetzt, muß er ſelbſt auch ſchreiben.“ — Wie ſehr bedaure ich, daß ich in meiner Jugend nicht habe lernen ſchoͤn ſchreiben!
Mein Aufſatz enthielt einen kleinen Abriß mei- ner Schickſale, und dann einige Anmerkungen uͤber den Schleſiſchen Feldzug. Ich gab ihm den Titel: Extrait du Journal d'un Mousquetaire Pruſſien fait dans la Campagne de 1790. Freilich war das Ding mehr als ein bloßer Auszug aus meinem ſogenannten Strambuch: es war vielmehr eine con- centrirte Biographie. Nebenbei machte ich ein la- teiniſches Karmen auf den Herzog: denn ich wußte, daß er an der lateiniſchen Poeſie Vergnuͤgen fand, und ſelbſt ganz artige Gedichte in dieſer fuͤr die Poe- terei gewiß recht ſchicklichen Sprache gemacht hatte. Herzog Friedrich iſt nicht blos ein Maͤcen der Gelehrten: er iſt auch ein Kenner der Gelehrſamkeit und der Wiſſenſchaften ſelbſt. Nachdem ich fertig war — ich verſchob dieſes Geſchaͤft abſichtlich bis kurz vor unſerm Auszug aus Berlin, um nicht zu- dringlich zu ſcheinen — meldete ich meinem Kapitaͤn, daß ich dem Herzoge einen Aufſatz uͤberreichen wollte. Dieſer gab mir der Unterofficier Schaͤffer mit. Schaͤffer dachte, weil er Unterofficier waͤre, ſo muͤßte
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[462[464]/0466]
meiner unleſerlichen Hand Seiner Durchlaucht nicht
uͤberreichen, ſagte der unvergleichliche Fuͤrſt: „Ich
kann alle Haͤnde leſen: was er in Berlin fuͤr mich
aufſetzt, muß er ſelbſt auch ſchreiben.“ — Wie ſehr
bedaure ich, daß ich in meiner Jugend nicht habe
lernen ſchoͤn ſchreiben!
Mein Aufſatz enthielt einen kleinen Abriß mei-
ner Schickſale, und dann einige Anmerkungen uͤber
den Schleſiſchen Feldzug. Ich gab ihm den Titel:
Extrait du Journal d'un Mousquetaire Pruſſien
fait dans la Campagne de 1790. Freilich war
das Ding mehr als ein bloßer Auszug aus meinem
ſogenannten Strambuch: es war vielmehr eine con-
centrirte Biographie. Nebenbei machte ich ein la-
teiniſches Karmen auf den Herzog: denn ich wußte,
daß er an der lateiniſchen Poeſie Vergnuͤgen fand,
und ſelbſt ganz artige Gedichte in dieſer fuͤr die Poe-
terei gewiß recht ſchicklichen Sprache gemacht hatte.
Herzog Friedrich iſt nicht blos ein Maͤcen der
Gelehrten: er iſt auch ein Kenner der Gelehrſamkeit
und der Wiſſenſchaften ſelbſt. Nachdem ich fertig
war — ich verſchob dieſes Geſchaͤft abſichtlich bis
kurz vor unſerm Auszug aus Berlin, um nicht zu-
dringlich zu ſcheinen — meldete ich meinem Kapitaͤn,
daß ich dem Herzoge einen Aufſatz uͤberreichen wollte.
Dieſer gab mir der Unterofficier Schaͤffer mit.
Schaͤffer dachte, weil er Unterofficier waͤre, ſo muͤßte
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 462[464]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/466>, abgerufen am 19.05.2024.
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