sind größtentheils arm. Sie heissen nach der Berli- ner Sprache die Sandmärker.
In Petershagen, ohngefähr fünf Meilen von Berlin, hörte ich, daß die Bauern über ihren Herrn Seelsorger sehr schwierig waren. Die Ursache dieser Feindschaft lag in der Neigung des Ehrenman- nes zu den Grasnymphen. Man hatte ihn mehr- mals im Felde und im Walde mit Mädchen und Weibern angetroffen, ihn deshalb verklagt, und sei- ne Predigten verachtet. Ob seine Bauern den Pro- ceß gewonnen haben, weis ich nicht; allein das ganz allgemeine Gerücht nicht nur im Dorfe, sondern in der ganzen Gegend von des Pastors verliebten Le- bensart, bewies hinlänglich, daß er die Klage selbst verschuldet hatte. An seiner Orthodoxie war übri- gens nichts zu tadeln.
Erfreulicher waren die Nachrichten, die ich über den Herrn Pastor Schulz zu Gielsdorf von einigen sachkundigen Männern einzog. Man rühmte ihn durchaus als den hellsten, wohlwollendsten und thä- tigsten Menschenfreund. Seine Gemeinden sollen unter allen Sandmärkern die friedfertigsten Leute seyn und wohlhabender, als alle ringsherumwohnen- de: und das sollen sie seinem väterlichen Umgang und seinen ökonomischen und moralischen Belehrun- gen zu danken haben. Er ist wohl der Erste, der durch eine zweiundzwanzigjährige Erfahrung bewie-
ſind groͤßtentheils arm. Sie heiſſen nach der Berli- ner Sprache die Sandmaͤrker.
In Petershagen, ohngefaͤhr fuͤnf Meilen von Berlin, hoͤrte ich, daß die Bauern uͤber ihren Herrn Seelſorger ſehr ſchwierig waren. Die Urſache dieſer Feindſchaft lag in der Neigung des Ehrenman- nes zu den Grasnymphen. Man hatte ihn mehr- mals im Felde und im Walde mit Maͤdchen und Weibern angetroffen, ihn deshalb verklagt, und ſei- ne Predigten verachtet. Ob ſeine Bauern den Pro- ceß gewonnen haben, weis ich nicht; allein das ganz allgemeine Geruͤcht nicht nur im Dorfe, ſondern in der ganzen Gegend von des Paſtors verliebten Le- bensart, bewies hinlaͤnglich, daß er die Klage ſelbſt verſchuldet hatte. An ſeiner Orthodoxie war uͤbri- gens nichts zu tadeln.
Erfreulicher waren die Nachrichten, die ich uͤber den Herrn Paſtor Schulz zu Gielsdorf von einigen ſachkundigen Maͤnnern einzog. Man ruͤhmte ihn durchaus als den hellſten, wohlwollendſten und thaͤ- tigſten Menſchenfreund. Seine Gemeinden ſollen unter allen Sandmaͤrkern die friedfertigſten Leute ſeyn und wohlhabender, als alle ringsherumwohnen- de: und das ſollen ſie ſeinem vaͤterlichen Umgang und ſeinen oͤkonomiſchen und moraliſchen Belehrun- gen zu danken haben. Er iſt wohl der Erſte, der durch eine zweiundzwanzigjaͤhrige Erfahrung bewie-
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ſind groͤßtentheils arm. Sie heiſſen nach der Berli-
ner Sprache die Sandmaͤrker.
In Petershagen, ohngefaͤhr fuͤnf Meilen
von Berlin, hoͤrte ich, daß die Bauern uͤber ihren
Herrn Seelſorger ſehr ſchwierig waren. Die Urſache
dieſer Feindſchaft lag in der Neigung des Ehrenman-
nes zu den Grasnymphen. Man hatte ihn mehr-
mals im Felde und im Walde mit Maͤdchen und
Weibern angetroffen, ihn deshalb verklagt, und ſei-
ne Predigten verachtet. Ob ſeine Bauern den Pro-
ceß gewonnen haben, weis ich nicht; allein das ganz
allgemeine Geruͤcht nicht nur im Dorfe, ſondern in
der ganzen Gegend von des Paſtors verliebten Le-
bensart, bewies hinlaͤnglich, daß er die Klage ſelbſt
verſchuldet hatte. An ſeiner Orthodoxie war uͤbri-
gens nichts zu tadeln.
Erfreulicher waren die Nachrichten, die ich uͤber
den Herrn Paſtor Schulz zu Gielsdorf von einigen
ſachkundigen Maͤnnern einzog. Man ruͤhmte ihn
durchaus als den hellſten, wohlwollendſten und thaͤ-
tigſten Menſchenfreund. Seine Gemeinden ſollen
unter allen Sandmaͤrkern die friedfertigſten Leute
ſeyn und wohlhabender, als alle ringsherumwohnen-
de: und das ſollen ſie ſeinem vaͤterlichen Umgang
und ſeinen oͤkonomiſchen und moraliſchen Belehrun-
gen zu danken haben. Er iſt wohl der Erſte, der
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 426[428]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/430>, abgerufen am 23.11.2024.
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