trug einst den erzkezerischen Satz auf der Kanzel vor: "daß das Gute, was man bei den Heiden fände, auch von dem heiligen Geiste herkäme und eine Wirkung der göttlichen Gnade wäre." Diese kezerische Aeußerung machte großes Aufsehen und Lo- renz wollte durchaus, daß Stober abgesezt werden sollte. Dieser konnte sich nicht anders retten, als daß er auf der Kanzel widerrief, und den schönen Tod des Sokrates und des Leonidas, die Tugend des Cato und den Edelmuth des Fabricius für lau- ter Veranstaltungen des leidigen Beelzebubs ausgab! Seit jener Zeit ist Stober behutsamer geworden und hat die symbolischen Bücher besser studirt.
Lorenz predigt auch stark gegen die hohen Hauben, Federn und Hüte der Frauenzimmer, wie auch wider die Schlittenfahrten und Bälle. Alle diese Dinge und noch mehr andere, legte er aus als gräuliche Verführungen des Satanas und als Zei- chen des jüngsten Tages. Alle Sonntage fährt er auf dergleichen Sachen los, und verkündigt allen, die da tanzen oder Schlitten fahren, die ewige Verdammniß.
Beukert ist nicht um ein Haar besser. Er predigt rosenkreuzerisch und schimpft mit unter auf die Pariser Moden.
Die Universität selbst ist in den kläglichsten Um- ständen. Juristen sind beinahe gar keine da und
trug einſt den erzkezeriſchen Satz auf der Kanzel vor: „daß das Gute, was man bei den Heiden faͤnde, auch von dem heiligen Geiſte herkaͤme und eine Wirkung der goͤttlichen Gnade waͤre.“ Dieſe kezeriſche Aeußerung machte großes Aufſehen und Lo- renz wollte durchaus, daß Stober abgeſezt werden ſollte. Dieſer konnte ſich nicht anders retten, als daß er auf der Kanzel widerrief, und den ſchoͤnen Tod des Sokrates und des Leonidas, die Tugend des Cato und den Edelmuth des Fabricius fuͤr lau- ter Veranſtaltungen des leidigen Beelzebubs ausgab! Seit jener Zeit iſt Stober behutſamer geworden und hat die ſymboliſchen Buͤcher beſſer ſtudirt.
Lorenz predigt auch ſtark gegen die hohen Hauben, Federn und Huͤte der Frauenzimmer, wie auch wider die Schlittenfahrten und Baͤlle. Alle dieſe Dinge und noch mehr andere, legte er aus als graͤuliche Verfuͤhrungen des Satanas und als Zei- chen des juͤngſten Tages. Alle Sonntage faͤhrt er auf dergleichen Sachen los, und verkuͤndigt allen, die da tanzen oder Schlitten fahren, die ewige Verdammniß.
Beukert iſt nicht um ein Haar beſſer. Er predigt roſenkreuzeriſch und ſchimpft mit unter auf die Pariſer Moden.
Die Univerſitaͤt ſelbſt iſt in den klaͤglichſten Um- ſtaͤnden. Juriſten ſind beinahe gar keine da und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0038"n="36"/>
trug einſt den erzkezeriſchen Satz auf der Kanzel<lb/>
vor: „daß das Gute, was man bei den Heiden<lb/>
faͤnde, auch von dem heiligen Geiſte herkaͤme und<lb/>
eine Wirkung der goͤttlichen Gnade waͤre.“ Dieſe<lb/>
kezeriſche Aeußerung machte großes Aufſehen und Lo-<lb/>
renz wollte durchaus, daß Stober abgeſezt werden<lb/>ſollte. Dieſer konnte ſich nicht anders retten, als<lb/>
daß er auf der Kanzel widerrief, und den ſchoͤnen<lb/>
Tod des Sokrates und des Leonidas, die Tugend<lb/>
des Cato und den Edelmuth des Fabricius fuͤr lau-<lb/>
ter Veranſtaltungen des leidigen Beelzebubs ausgab!<lb/>
Seit jener Zeit iſt <hirendition="#g">Stober</hi> behutſamer geworden<lb/>
und hat die ſymboliſchen Buͤcher beſſer ſtudirt.</p><lb/><p><hirendition="#g">Lorenz</hi> predigt auch ſtark gegen die hohen<lb/>
Hauben, Federn und Huͤte der Frauenzimmer, wie<lb/>
auch wider die Schlittenfahrten und Baͤlle. Alle<lb/>
dieſe Dinge und noch mehr andere, legte er aus als<lb/>
graͤuliche Verfuͤhrungen des Satanas und als Zei-<lb/>
chen des juͤngſten Tages. Alle Sonntage faͤhrt er<lb/>
auf dergleichen Sachen los, und verkuͤndigt allen,<lb/>
die da tanzen oder Schlitten fahren, die ewige<lb/>
Verdammniß.</p><lb/><p><hirendition="#g">Beukert</hi> iſt nicht um ein Haar beſſer. Er<lb/>
predigt roſenkreuzeriſch und ſchimpft mit unter auf<lb/>
die Pariſer Moden.</p><lb/><p>Die Univerſitaͤt ſelbſt iſt in den klaͤglichſten Um-<lb/>ſtaͤnden. Juriſten ſind beinahe gar keine da und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[36/0038]
trug einſt den erzkezeriſchen Satz auf der Kanzel
vor: „daß das Gute, was man bei den Heiden
faͤnde, auch von dem heiligen Geiſte herkaͤme und
eine Wirkung der goͤttlichen Gnade waͤre.“ Dieſe
kezeriſche Aeußerung machte großes Aufſehen und Lo-
renz wollte durchaus, daß Stober abgeſezt werden
ſollte. Dieſer konnte ſich nicht anders retten, als
daß er auf der Kanzel widerrief, und den ſchoͤnen
Tod des Sokrates und des Leonidas, die Tugend
des Cato und den Edelmuth des Fabricius fuͤr lau-
ter Veranſtaltungen des leidigen Beelzebubs ausgab!
Seit jener Zeit iſt Stober behutſamer geworden
und hat die ſymboliſchen Buͤcher beſſer ſtudirt.
Lorenz predigt auch ſtark gegen die hohen
Hauben, Federn und Huͤte der Frauenzimmer, wie
auch wider die Schlittenfahrten und Baͤlle. Alle
dieſe Dinge und noch mehr andere, legte er aus als
graͤuliche Verfuͤhrungen des Satanas und als Zei-
chen des juͤngſten Tages. Alle Sonntage faͤhrt er
auf dergleichen Sachen los, und verkuͤndigt allen,
die da tanzen oder Schlitten fahren, die ewige
Verdammniß.
Beukert iſt nicht um ein Haar beſſer. Er
predigt roſenkreuzeriſch und ſchimpft mit unter auf
die Pariſer Moden.
Die Univerſitaͤt ſelbſt iſt in den klaͤglichſten Um-
ſtaͤnden. Juriſten ſind beinahe gar keine da und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/38>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.