Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

fen. Ich darf nicht erst die Tollheit dieses Gedan-
kens beweisen. Selbst unter Katholiken erregte es
bei den Vernünftigern ein lautes Gemurre, als der
Geheimerath Babo, der Onkel des braven Herrn
Professors Babo zu München, weil er einige öster-
liche Zeiten versäumt und die Messe selten besucht
hatte, mit dem Herrn von Montbuisson, der
des nämlichen Staatsverbrechens beschuldigt war,
in Manheim mit kirchlichen Strafen belegt wurde.
Das geschah, wenn ich nicht irre, 1784 und zwar
in der Pfalz, wo Pfaffen immer das Regiment ge-
führt haben und noch führen l). Allein in einem
Lande, wie das Preußische ist, wo die Pfafferei
kein selbständiges Pfaffenrecht mehr hat, sollte billig
dergleichen nicht weiter gehört werden. Es hat mich
daher immer sehr gewundert, daß bei uns noch ein
solcher kirchlicher Zwang statt findet: ja, nichts hat
mich mehr gekränkt und aufgebracht, als wenn ich
die Kirche besuchen mußte. Ich hatte zwar vernünf-
tige Vorgesezte, welche es nicht so genau nahmen,

l) Ein neuer Beweis davon ist, daß, nach neuern Be-
richten aus München, ein dortiger Hof-Jesuit die
Wiedereinführung des Jesuiten-Ordens schon an fünf
Höfen, besonders an einem mächtigen Protestanti-
schen zur Sprache gebracht hat, um -- wer sollte es den-
ken! -- Revolutionen auf eine bequemere Art vorzubeu-
gen. Aber -- ab insidiis Diaboli -- libera nos Domine!
heißt es in der Allerheiligen-Litanei der Katholiken.

fen. Ich darf nicht erſt die Tollheit dieſes Gedan-
kens beweiſen. Selbſt unter Katholiken erregte es
bei den Vernuͤnftigern ein lautes Gemurre, als der
Geheimerath Babo, der Onkel des braven Herrn
Profeſſors Babo zu Muͤnchen, weil er einige oͤſter-
liche Zeiten verſaͤumt und die Meſſe ſelten beſucht
hatte, mit dem Herrn von Montbuiſſon, der
des naͤmlichen Staatsverbrechens beſchuldigt war,
in Manheim mit kirchlichen Strafen belegt wurde.
Das geſchah, wenn ich nicht irre, 1784 und zwar
in der Pfalz, wo Pfaffen immer das Regiment ge-
fuͤhrt haben und noch fuͤhren l). Allein in einem
Lande, wie das Preußiſche iſt, wo die Pfafferei
kein ſelbſtaͤndiges Pfaffenrecht mehr hat, ſollte billig
dergleichen nicht weiter gehoͤrt werden. Es hat mich
daher immer ſehr gewundert, daß bei uns noch ein
ſolcher kirchlicher Zwang ſtatt findet: ja, nichts hat
mich mehr gekraͤnkt und aufgebracht, als wenn ich
die Kirche beſuchen mußte. Ich hatte zwar vernuͤnf-
tige Vorgeſezte, welche es nicht ſo genau nahmen,

l) Ein neuer Beweis davon iſt, daß, nach neuern Be-
richten aus Muͤnchen, ein dortiger Hof-Jeſuit die
Wiedereinfuͤhrung des Jeſuiten-Ordens ſchon an fuͤnf
Hoͤfen, beſonders an einem maͤchtigen Proteſtanti-
ſchen zur Sprache gebracht hat, um — wer ſollte es den-
ken! — Revolutionen auf eine bequemere Art vorzubeu-
gen. Aber — ab inſidiis Diabolilibera nos Domine!
heißt es in der Allerheiligen-Litanei der Katholiken.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0371" n="367[369]"/>
fen. Ich darf nicht er&#x017F;t die Tollheit die&#x017F;es Gedan-<lb/>
kens bewei&#x017F;en. Selb&#x017F;t unter Katholiken erregte es<lb/>
bei den Vernu&#x0364;nftigern ein lautes Gemurre, als der<lb/>
Geheimerath <hi rendition="#g">Babo</hi>, der Onkel des braven Herrn<lb/>
Profe&#x017F;&#x017F;ors <hi rendition="#g">Babo</hi> zu Mu&#x0364;nchen, weil er einige o&#x0364;&#x017F;ter-<lb/>
liche Zeiten ver&#x017F;a&#x0364;umt und die Me&#x017F;&#x017F;e &#x017F;elten be&#x017F;ucht<lb/>
hatte, mit dem Herrn von <hi rendition="#g">Montbui&#x017F;&#x017F;on</hi>, der<lb/>
des na&#x0364;mlichen Staatsverbrechens be&#x017F;chuldigt war,<lb/>
in Manheim mit kirchlichen Strafen belegt wurde.<lb/>
Das ge&#x017F;chah, wenn ich nicht irre, 1784 und zwar<lb/>
in der Pfalz, wo Pfaffen immer das Regiment ge-<lb/>
fu&#x0364;hrt haben und noch fu&#x0364;hren <note place="foot" n="l)">Ein neuer Beweis davon i&#x017F;t, daß, nach neuern Be-<lb/>
richten aus <hi rendition="#g">Mu&#x0364;nchen</hi>, ein dortiger Hof-Je&#x017F;uit die<lb/>
Wiedereinfu&#x0364;hrung des Je&#x017F;uiten-Ordens &#x017F;chon an <hi rendition="#g">fu&#x0364;nf</hi><lb/>
Ho&#x0364;fen, be&#x017F;onders an einem ma&#x0364;chtigen <hi rendition="#g">Prote&#x017F;tanti</hi>-<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;chen</hi> zur Sprache gebracht hat, um &#x2014; wer &#x017F;ollte es den-<lb/>
ken! &#x2014; Revolutionen auf eine bequemere Art vorzubeu-<lb/>
gen. Aber &#x2014; <hi rendition="#aq">ab in&#x017F;idiis Diaboli</hi> &#x2014; <hi rendition="#aq">libera nos Domine!</hi><lb/>
heißt es in der Allerheiligen-Litanei der Katholiken.</note>. Allein in einem<lb/>
Lande, wie das Preußi&#x017F;che i&#x017F;t, wo die Pfafferei<lb/>
kein &#x017F;elb&#x017F;ta&#x0364;ndiges Pfaffenrecht mehr hat, &#x017F;ollte billig<lb/>
dergleichen nicht weiter geho&#x0364;rt werden. Es hat mich<lb/>
daher immer &#x017F;ehr gewundert, daß bei uns noch ein<lb/>
&#x017F;olcher kirchlicher Zwang &#x017F;tatt findet: ja, nichts hat<lb/>
mich mehr gekra&#x0364;nkt und aufgebracht, als wenn ich<lb/>
die Kirche be&#x017F;uchen <hi rendition="#g">mußte</hi>. Ich hatte zwar vernu&#x0364;nf-<lb/>
tige Vorge&#x017F;ezte, welche es nicht &#x017F;o genau nahmen,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367[369]/0371] fen. Ich darf nicht erſt die Tollheit dieſes Gedan- kens beweiſen. Selbſt unter Katholiken erregte es bei den Vernuͤnftigern ein lautes Gemurre, als der Geheimerath Babo, der Onkel des braven Herrn Profeſſors Babo zu Muͤnchen, weil er einige oͤſter- liche Zeiten verſaͤumt und die Meſſe ſelten beſucht hatte, mit dem Herrn von Montbuiſſon, der des naͤmlichen Staatsverbrechens beſchuldigt war, in Manheim mit kirchlichen Strafen belegt wurde. Das geſchah, wenn ich nicht irre, 1784 und zwar in der Pfalz, wo Pfaffen immer das Regiment ge- fuͤhrt haben und noch fuͤhren l). Allein in einem Lande, wie das Preußiſche iſt, wo die Pfafferei kein ſelbſtaͤndiges Pfaffenrecht mehr hat, ſollte billig dergleichen nicht weiter gehoͤrt werden. Es hat mich daher immer ſehr gewundert, daß bei uns noch ein ſolcher kirchlicher Zwang ſtatt findet: ja, nichts hat mich mehr gekraͤnkt und aufgebracht, als wenn ich die Kirche beſuchen mußte. Ich hatte zwar vernuͤnf- tige Vorgeſezte, welche es nicht ſo genau nahmen, l) Ein neuer Beweis davon iſt, daß, nach neuern Be- richten aus Muͤnchen, ein dortiger Hof-Jeſuit die Wiedereinfuͤhrung des Jeſuiten-Ordens ſchon an fuͤnf Hoͤfen, beſonders an einem maͤchtigen Proteſtanti- ſchen zur Sprache gebracht hat, um — wer ſollte es den- ken! — Revolutionen auf eine bequemere Art vorzubeu- gen. Aber — ab inſidiis Diaboli — libera nos Domine! heißt es in der Allerheiligen-Litanei der Katholiken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/371
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 367[369]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/371>, abgerufen am 24.11.2024.