Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

eingebüßt. Durch Desertion gingen freilich viele ab;
aber das ist nun einmal bei den Soldaten nicht an-
ders. Mich wunderts, daß kein Preußischer Augen-
zeuge die Beschuldigungen widerlegt hat, die den Pa-
trioten-Bändigern von dem Verfasser der Schrift:
Die Preussen vor Europas Richterstuhl
angeklagt, gemacht sind.

Für mein Theil lebte ich ziemlich ruhig, und
da ich immer Stadt-Urlaub hatte, kam ich weiter
nicht zur Kompagnie, als zu Zeiten bei der sogenann-
ten Kirchenparade. Ich muß doch hiervon auch ein
Wörtchen anbringen. Diese Parade, welche Sonn-
und Feiertags früh gehalten wird, hat allerdings ih-
ren mannigfaltigen Vortheil. Sie macht, da man
dabei desonders auf guten Anzug sieht, daß der Sol-
dat nicht vergißt, sich reinlich und proper anzuziehen.
Das sollte aber auch billig das Einzige seyn, was
man dabei beabsichtete. Wer sonst in die Kirche ge-
hen will, -- und das wollen allemal Viele, da viele
Soldaten noch große Verehrer des Kirchengehens
u. dgl. sind -- der geht ohne allen Zwang hinein;
und wer nicht hinein will, den sollte man durchaus
nicht hineinzwingen. Es ist ja selbst nach den ortho-
doxesten christlichen Begriffen ein toller Gedanke, je-
manden zum Gottesdienst, wie das Predigthören,
Nachtmahllaufen u. dgl. misbräuchlich genannt wird,
zu zwingen und die Versäumniß derselben zu bestra-

eingebuͤßt. Durch Deſertion gingen freilich viele ab;
aber das iſt nun einmal bei den Soldaten nicht an-
ders. Mich wunderts, daß kein Preußiſcher Augen-
zeuge die Beſchuldigungen widerlegt hat, die den Pa-
trioten-Baͤndigern von dem Verfaſſer der Schrift:
Die Preuſſen vor Europas Richterſtuhl
angeklagt, gemacht ſind.

Fuͤr mein Theil lebte ich ziemlich ruhig, und
da ich immer Stadt-Urlaub hatte, kam ich weiter
nicht zur Kompagnie, als zu Zeiten bei der ſogenann-
ten Kirchenparade. Ich muß doch hiervon auch ein
Woͤrtchen anbringen. Dieſe Parade, welche Sonn-
und Feiertags fruͤh gehalten wird, hat allerdings ih-
ren mannigfaltigen Vortheil. Sie macht, da man
dabei deſonders auf guten Anzug ſieht, daß der Sol-
dat nicht vergißt, ſich reinlich und proper anzuziehen.
Das ſollte aber auch billig das Einzige ſeyn, was
man dabei beabſichtete. Wer ſonſt in die Kirche ge-
hen will, — und das wollen allemal Viele, da viele
Soldaten noch große Verehrer des Kirchengehens
u. dgl. ſind — der geht ohne allen Zwang hinein;
und wer nicht hinein will, den ſollte man durchaus
nicht hineinzwingen. Es iſt ja ſelbſt nach den ortho-
doxeſten chriſtlichen Begriffen ein toller Gedanke, je-
manden zum Gottesdienſt, wie das Predigthoͤren,
Nachtmahllaufen u. dgl. misbraͤuchlich genannt wird,
zu zwingen und die Verſaͤumniß derſelben zu beſtra-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0370" n="366[368]"/>
eingebu&#x0364;ßt. Durch De&#x017F;ertion gingen freilich viele ab;<lb/>
aber das i&#x017F;t nun einmal bei den Soldaten nicht an-<lb/>
ders. Mich wunderts, daß kein Preußi&#x017F;cher Augen-<lb/>
zeuge die Be&#x017F;chuldigungen widerlegt hat, die den Pa-<lb/>
trioten-Ba&#x0364;ndigern von dem Verfa&#x017F;&#x017F;er der Schrift:<lb/><hi rendition="#g">Die Preu&#x017F;&#x017F;en vor Europas Richter&#x017F;tuhl<lb/>
angeklagt</hi>, gemacht &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Fu&#x0364;r mein Theil lebte ich ziemlich ruhig, und<lb/>
da ich immer Stadt-Urlaub hatte, kam ich weiter<lb/>
nicht zur Kompagnie, als zu Zeiten bei der &#x017F;ogenann-<lb/>
ten Kirchenparade. Ich muß doch hiervon auch ein<lb/>
Wo&#x0364;rtchen anbringen. Die&#x017F;e Parade, welche Sonn-<lb/>
und Feiertags fru&#x0364;h gehalten wird, hat allerdings ih-<lb/>
ren mannigfaltigen Vortheil. Sie macht, da man<lb/>
dabei de&#x017F;onders auf guten Anzug &#x017F;ieht, daß der Sol-<lb/>
dat nicht vergißt, &#x017F;ich reinlich und proper anzuziehen.<lb/>
Das &#x017F;ollte aber auch billig das Einzige &#x017F;eyn, was<lb/>
man dabei beab&#x017F;ichtete. Wer &#x017F;on&#x017F;t in die Kirche ge-<lb/>
hen will, &#x2014; und das wollen allemal Viele, da viele<lb/>
Soldaten noch große Verehrer des Kirchengehens<lb/>
u. dgl. &#x017F;ind &#x2014; der geht ohne allen Zwang hinein;<lb/>
und wer nicht hinein will, den &#x017F;ollte man durchaus<lb/>
nicht hineinzwingen. Es i&#x017F;t ja &#x017F;elb&#x017F;t nach den ortho-<lb/>
doxe&#x017F;ten chri&#x017F;tlichen Begriffen ein toller Gedanke, je-<lb/>
manden zum Gottesdien&#x017F;t, wie das Predigtho&#x0364;ren,<lb/>
Nachtmahllaufen u. dgl. misbra&#x0364;uchlich genannt wird,<lb/>
zu zwingen und die Ver&#x017F;a&#x0364;umniß der&#x017F;elben zu be&#x017F;tra-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[366[368]/0370] eingebuͤßt. Durch Deſertion gingen freilich viele ab; aber das iſt nun einmal bei den Soldaten nicht an- ders. Mich wunderts, daß kein Preußiſcher Augen- zeuge die Beſchuldigungen widerlegt hat, die den Pa- trioten-Baͤndigern von dem Verfaſſer der Schrift: Die Preuſſen vor Europas Richterſtuhl angeklagt, gemacht ſind. Fuͤr mein Theil lebte ich ziemlich ruhig, und da ich immer Stadt-Urlaub hatte, kam ich weiter nicht zur Kompagnie, als zu Zeiten bei der ſogenann- ten Kirchenparade. Ich muß doch hiervon auch ein Woͤrtchen anbringen. Dieſe Parade, welche Sonn- und Feiertags fruͤh gehalten wird, hat allerdings ih- ren mannigfaltigen Vortheil. Sie macht, da man dabei deſonders auf guten Anzug ſieht, daß der Sol- dat nicht vergißt, ſich reinlich und proper anzuziehen. Das ſollte aber auch billig das Einzige ſeyn, was man dabei beabſichtete. Wer ſonſt in die Kirche ge- hen will, — und das wollen allemal Viele, da viele Soldaten noch große Verehrer des Kirchengehens u. dgl. ſind — der geht ohne allen Zwang hinein; und wer nicht hinein will, den ſollte man durchaus nicht hineinzwingen. Es iſt ja ſelbſt nach den ortho- doxeſten chriſtlichen Begriffen ein toller Gedanke, je- manden zum Gottesdienſt, wie das Predigthoͤren, Nachtmahllaufen u. dgl. misbraͤuchlich genannt wird, zu zwingen und die Verſaͤumniß derſelben zu beſtra-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/370
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 366[368]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/370>, abgerufen am 24.11.2024.