Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

terrichtet, weil einige Hallenser dorthin gekommen
waren, und von mir erzählt hatten. Von meinen
alten Bekannten besuchte ich blos die Herren Köster,
Roos, Böhm, den Sekretär Reuß und einige
andere. Für mehrere blieb keine Zeit übrig: die
Studenten blockirten mich so, daß ich die vier Tage,
die ich in Giessen war, beinahe immer in ihrer Ge-
sellschaft seyn mußte.

Der Kommang in Giessen hatte sich zwar etwas
verfeinert, war aber noch immer Giesser Kommang:
sogar die Gemälde im Karzer waren noch zu sehen:
die Eulerkappereien dauerten auch noch fort, wie das
Periren des Schusters Wannig: die Bier- und
Schnappsgelage florirten nicht minder. -- Ich
würde meine Leser beleidigen, wenn ich ihnen aber-
mals eine Beschreibung des Giesser Wesens auftischen
wollte; sie haben im ersten Theil vielleicht schon mehr
als zu viel davon lesen müssen. -- Die Zahl der
Studenten hatte sehr abgenommen, aber die der
Professoren war gestiegen. Bei Herrn Hetzel ho-
spitirte ich.

Den Tag vor meinem Abschied kam der In-
spektor Birau von Alzey nach Giessen, aus dem
Hinterlande, wo er Geschäfte gehabt hatte. Er
war froh, mich zu treffen, und ich, -- einen Rei-
segefährten nach der Pfalz zu haben. Hr. Birau
fing an, mir allerhand vorzuwerfen; als er aber

terrichtet, weil einige Hallenſer dorthin gekommen
waren, und von mir erzaͤhlt hatten. Von meinen
alten Bekannten beſuchte ich blos die Herren Koͤſter,
Roos, Boͤhm, den Sekretaͤr Reuß und einige
andere. Fuͤr mehrere blieb keine Zeit uͤbrig: die
Studenten blockirten mich ſo, daß ich die vier Tage,
die ich in Gieſſen war, beinahe immer in ihrer Ge-
ſellſchaft ſeyn mußte.

Der Kommang in Gieſſen hatte ſich zwar etwas
verfeinert, war aber noch immer Gieſſer Kommang:
ſogar die Gemaͤlde im Karzer waren noch zu ſehen:
die Eulerkappereien dauerten auch noch fort, wie das
Periren des Schuſters Wannig: die Bier- und
Schnappsgelage florirten nicht minder. — Ich
wuͤrde meine Leſer beleidigen, wenn ich ihnen aber-
mals eine Beſchreibung des Gieſſer Weſens auftiſchen
wollte; ſie haben im erſten Theil vielleicht ſchon mehr
als zu viel davon leſen muͤſſen. — Die Zahl der
Studenten hatte ſehr abgenommen, aber die der
Profeſſoren war geſtiegen. Bei Herrn Hetzel ho-
ſpitirte ich.

Den Tag vor meinem Abſchied kam der In-
ſpektor Birau von Alzey nach Gieſſen, aus dem
Hinterlande, wo er Geſchaͤfte gehabt hatte. Er
war froh, mich zu treffen, und ich, — einen Rei-
ſegefaͤhrten nach der Pfalz zu haben. Hr. Birau
fing an, mir allerhand vorzuwerfen; als er aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0345" n="333[343]"/>
terrichtet, weil einige Hallen&#x017F;er dorthin gekommen<lb/>
waren, und von mir erza&#x0364;hlt hatten. Von meinen<lb/>
alten Bekannten be&#x017F;uchte ich blos die Herren <hi rendition="#g">Ko&#x0364;&#x017F;ter</hi>,<lb/><hi rendition="#g">Roos</hi>, <hi rendition="#g">Bo&#x0364;hm</hi>, den Sekreta&#x0364;r <hi rendition="#g">Reuß</hi> und einige<lb/>
andere. Fu&#x0364;r mehrere blieb keine Zeit u&#x0364;brig: die<lb/>
Studenten blockirten mich &#x017F;o, daß ich die vier Tage,<lb/>
die ich in Gie&#x017F;&#x017F;en war, beinahe immer in ihrer Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;eyn mußte.</p><lb/>
        <p>Der Kommang in Gie&#x017F;&#x017F;en hatte &#x017F;ich zwar etwas<lb/>
verfeinert, war aber noch immer Gie&#x017F;&#x017F;er Kommang:<lb/>
&#x017F;ogar die Gema&#x0364;lde im Karzer waren noch zu &#x017F;ehen:<lb/>
die Eulerkappereien dauerten auch noch fort, wie das<lb/>
Periren des Schu&#x017F;ters Wannig: die Bier- und<lb/>
Schnappsgelage florirten nicht minder. &#x2014; Ich<lb/>
wu&#x0364;rde meine Le&#x017F;er beleidigen, wenn ich ihnen aber-<lb/>
mals eine Be&#x017F;chreibung des Gie&#x017F;&#x017F;er We&#x017F;ens aufti&#x017F;chen<lb/>
wollte; &#x017F;ie haben im er&#x017F;ten Theil vielleicht &#x017F;chon mehr<lb/>
als zu viel davon le&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Die Zahl der<lb/>
Studenten hatte &#x017F;ehr abgenommen, aber die der<lb/>
Profe&#x017F;&#x017F;oren war ge&#x017F;tiegen. Bei Herrn <hi rendition="#g">Hetzel</hi> ho-<lb/>
&#x017F;pitirte ich.</p><lb/>
        <p>Den Tag vor meinem Ab&#x017F;chied kam der In-<lb/>
&#x017F;pektor <hi rendition="#g">Birau</hi> von Alzey nach Gie&#x017F;&#x017F;en, aus dem<lb/>
Hinterlande, wo er Ge&#x017F;cha&#x0364;fte gehabt hatte. Er<lb/>
war froh, mich zu treffen, und ich, &#x2014; einen Rei-<lb/>
&#x017F;egefa&#x0364;hrten nach der Pfalz zu haben. Hr. Birau<lb/>
fing an, mir allerhand vorzuwerfen; als er aber<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333[343]/0345] terrichtet, weil einige Hallenſer dorthin gekommen waren, und von mir erzaͤhlt hatten. Von meinen alten Bekannten beſuchte ich blos die Herren Koͤſter, Roos, Boͤhm, den Sekretaͤr Reuß und einige andere. Fuͤr mehrere blieb keine Zeit uͤbrig: die Studenten blockirten mich ſo, daß ich die vier Tage, die ich in Gieſſen war, beinahe immer in ihrer Ge- ſellſchaft ſeyn mußte. Der Kommang in Gieſſen hatte ſich zwar etwas verfeinert, war aber noch immer Gieſſer Kommang: ſogar die Gemaͤlde im Karzer waren noch zu ſehen: die Eulerkappereien dauerten auch noch fort, wie das Periren des Schuſters Wannig: die Bier- und Schnappsgelage florirten nicht minder. — Ich wuͤrde meine Leſer beleidigen, wenn ich ihnen aber- mals eine Beſchreibung des Gieſſer Weſens auftiſchen wollte; ſie haben im erſten Theil vielleicht ſchon mehr als zu viel davon leſen muͤſſen. — Die Zahl der Studenten hatte ſehr abgenommen, aber die der Profeſſoren war geſtiegen. Bei Herrn Hetzel ho- ſpitirte ich. Den Tag vor meinem Abſchied kam der In- ſpektor Birau von Alzey nach Gieſſen, aus dem Hinterlande, wo er Geſchaͤfte gehabt hatte. Er war froh, mich zu treffen, und ich, — einen Rei- ſegefaͤhrten nach der Pfalz zu haben. Hr. Birau fing an, mir allerhand vorzuwerfen; als er aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/345
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 333[343]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/345>, abgerufen am 22.05.2024.