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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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zu sitzen, und sie da mit Gespräch zu unterhalten.
Fräulein war belesen, verstand auch Französisch und
Musik, wie sie sagte: hatte viel Freier gehabt, auch
recht angesehene Kavaliers und Officire; hatte sich
aber niemals entschließen können, sich in die Bande
und ins Bloch der heiligen Ehe zu begeben. -- Diese
Sprache war mir schon seit meiner lieben Jungfer
Tante bekannt.

Am Erfurter Thor muste ich absteigen, meinen
Paß vorlangen, und mich sodann von einem Gefrei-
ten auf den Petersberg zum General führen lassen.
Im Preußischen, wo doch gewiß das Militär zur
hohen Vollkommenheit gestiegen ist, macht man nicht
so viel Umstände: da ist das Vorzeigen des Passes
am Thor hinlänglich, weil die Preußischen Generale
mehr zu thun haben, als daß sie jedes fremden Sol-
daten Paß durchsehen sollten. Der Gefreite verlohr
den Paß, und darob wurde schwerer Mohr auf dem
Petersberg: denn ich bestand schlechterdings auf
meinen Paß, und schimpfte auf die jämmerliche Di-
sciplin, welche Pässe fremder Soldaten verlohren
gehen ließe. Der Herr General suchte mich mit al-
lerlei Gründen zu besänftigen; sagte aber zuletzt, da
ich durchaus nicht nachgab: "Es wäre vielleicht nicht
einmal wahr, daß ich wirklich einen Preußischen Paß
gehabt hätte. "Hier erboßte ich und versetzte: "Was

Zweiter Theil. Y

zu ſitzen, und ſie da mit Geſpraͤch zu unterhalten.
Fraͤulein war beleſen, verſtand auch Franzoͤſiſch und
Muſik, wie ſie ſagte: hatte viel Freier gehabt, auch
recht angeſehene Kavaliers und Officire; hatte ſich
aber niemals entſchließen koͤnnen, ſich in die Bande
und ins Bloch der heiligen Ehe zu begeben. — Dieſe
Sprache war mir ſchon ſeit meiner lieben Jungfer
Tante bekannt.

Am Erfurter Thor muſte ich abſteigen, meinen
Paß vorlangen, und mich ſodann von einem Gefrei-
ten auf den Petersberg zum General fuͤhren laſſen.
Im Preußiſchen, wo doch gewiß das Militaͤr zur
hohen Vollkommenheit geſtiegen iſt, macht man nicht
ſo viel Umſtaͤnde: da iſt das Vorzeigen des Paſſes
am Thor hinlaͤnglich, weil die Preußiſchen Generale
mehr zu thun haben, als daß ſie jedes fremden Sol-
daten Paß durchſehen ſollten. Der Gefreite verlohr
den Paß, und darob wurde ſchwerer Mohr auf dem
Petersberg: denn ich beſtand ſchlechterdings auf
meinen Paß, und ſchimpfte auf die jaͤmmerliche Di-
ſciplin, welche Paͤſſe fremder Soldaten verlohren
gehen ließe. Der Herr General ſuchte mich mit al-
lerlei Gruͤnden zu beſaͤnftigen; ſagte aber zuletzt, da
ich durchaus nicht nachgab: „Es waͤre vielleicht nicht
einmal wahr, daß ich wirklich einen Preußiſchen Paß
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[327[337]/0339] zu ſitzen, und ſie da mit Geſpraͤch zu unterhalten. Fraͤulein war beleſen, verſtand auch Franzoͤſiſch und Muſik, wie ſie ſagte: hatte viel Freier gehabt, auch recht angeſehene Kavaliers und Officire; hatte ſich aber niemals entſchließen koͤnnen, ſich in die Bande und ins Bloch der heiligen Ehe zu begeben. — Dieſe Sprache war mir ſchon ſeit meiner lieben Jungfer Tante bekannt. Am Erfurter Thor muſte ich abſteigen, meinen Paß vorlangen, und mich ſodann von einem Gefrei- ten auf den Petersberg zum General fuͤhren laſſen. Im Preußiſchen, wo doch gewiß das Militaͤr zur hohen Vollkommenheit geſtiegen iſt, macht man nicht ſo viel Umſtaͤnde: da iſt das Vorzeigen des Paſſes am Thor hinlaͤnglich, weil die Preußiſchen Generale mehr zu thun haben, als daß ſie jedes fremden Sol- daten Paß durchſehen ſollten. Der Gefreite verlohr den Paß, und darob wurde ſchwerer Mohr auf dem Petersberg: denn ich beſtand ſchlechterdings auf meinen Paß, und ſchimpfte auf die jaͤmmerliche Di- ſciplin, welche Paͤſſe fremder Soldaten verlohren gehen ließe. Der Herr General ſuchte mich mit al- lerlei Gruͤnden zu beſaͤnftigen; ſagte aber zuletzt, da ich durchaus nicht nachgab: „Es waͤre vielleicht nicht einmal wahr, daß ich wirklich einen Preußiſchen Paß gehabt haͤtte. „Hier erboßte ich und verſetzte: „Was Zweiter Theil. Y

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 327[337]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/339>, abgerufen am 22.05.2024.