Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Mensch würde mein Lebelang. Ich dachte also mit
Ernst, mir so was anzuschnallen, und siehe da, ich
traf dergleichen auf dem kühlen Brunnen. Hier
wohnte zu der Zeit eine gewisse Frau Pabstin, die
Bier schenkte, und bei der ich eben darum zuweilen
einsprach. Sie hatte einige Töchter, welche nicht
schlimm aussahen, und deren eine mir in die Au-
gen stach. Ich sprach mit dem Mädchen: das Mäd-
chen war mir nicht abgeneigt; ich sprach mit der
Alten, und unser Handel ward richtig. Man hieß
mich da schon ganz gewöhnlich -- Herr Tochter-
mann: und das gefiel mir. Nun fehlte noch der
Trauschein, auf den ich aber ohne alle Besorgniß rech-
nete. Ich ging zum Herrn von Müffling, und
trug meine Angelegenheit vor. Er erschrack, und
sah mich häßlich an: "Ist er ein Narre, Laukhard!
sprach er, oder ist er gescheid? -- Wie kanns Ihm
einfallen, so ein Nickel zu heurathen? Ich wußte
wohl, daß er da Umgang hatte; dacht' aber, das
wäre so für Juxerey, und schwieg. Aber heurathen,
das ist zu arg!

Ich: Herr Hauptmann, es ist aber ein hüb-
sches Mädel!

Er: Ja, eine hübsche Hure. Pfuy, die ganze
Freundschaft taugt nichts! Mutter, Töchter sind kei-
nen Heller werth.

Ich: Aber ich kenne die Leute besser --


Menſch wuͤrde mein Lebelang. Ich dachte alſo mit
Ernſt, mir ſo was anzuſchnallen, und ſiehe da, ich
traf dergleichen auf dem kuͤhlen Brunnen. Hier
wohnte zu der Zeit eine gewiſſe Frau Pabſtin, die
Bier ſchenkte, und bei der ich eben darum zuweilen
einſprach. Sie hatte einige Toͤchter, welche nicht
ſchlimm ausſahen, und deren eine mir in die Au-
gen ſtach. Ich ſprach mit dem Maͤdchen: das Maͤd-
chen war mir nicht abgeneigt; ich ſprach mit der
Alten, und unſer Handel ward richtig. Man hieß
mich da ſchon ganz gewoͤhnlich — Herr Tochter-
mann: und das gefiel mir. Nun fehlte noch der
Trauſchein, auf den ich aber ohne alle Beſorgniß rech-
nete. Ich ging zum Herrn von Muͤffling, und
trug meine Angelegenheit vor. Er erſchrack, und
ſah mich haͤßlich an: „Iſt er ein Narre, Laukhard!
ſprach er, oder iſt er geſcheid? — Wie kanns Ihm
einfallen, ſo ein Nickel zu heurathen? Ich wußte
wohl, daß er da Umgang hatte; dacht' aber, das
waͤre ſo fuͤr Juxerey, und ſchwieg. Aber heurathen,
das iſt zu arg!

Ich: Herr Hauptmann, es iſt aber ein huͤb-
ſches Maͤdel!

Er: Ja, eine huͤbſche Hure. Pfuy, die ganze
Freundſchaft taugt nichts! Mutter, Toͤchter ſind kei-
nen Heller werth.

Ich: Aber ich kenne die Leute beſſer —


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0318" n="306[316]"/>
Men&#x017F;ch wu&#x0364;rde mein Lebelang. Ich dachte al&#x017F;o mit<lb/>
Ern&#x017F;t, mir &#x017F;o was anzu&#x017F;chnallen, und &#x017F;iehe da, ich<lb/>
traf dergleichen auf dem <hi rendition="#g">ku&#x0364;hlen Brunnen</hi>. Hier<lb/>
wohnte zu der Zeit eine gewi&#x017F;&#x017F;e Frau <hi rendition="#g">Pab&#x017F;tin</hi>, die<lb/>
Bier &#x017F;chenkte, und bei der ich eben darum zuweilen<lb/>
ein&#x017F;prach. Sie hatte einige To&#x0364;chter, welche nicht<lb/>
&#x017F;chlimm aus&#x017F;ahen, und deren eine mir in die Au-<lb/>
gen &#x017F;tach. Ich &#x017F;prach mit dem Ma&#x0364;dchen: das Ma&#x0364;d-<lb/>
chen war mir nicht abgeneigt; ich &#x017F;prach mit der<lb/>
Alten, und un&#x017F;er Handel ward richtig. Man hieß<lb/>
mich da &#x017F;chon ganz gewo&#x0364;hnlich &#x2014; Herr Tochter-<lb/>
mann: und das gefiel mir. Nun fehlte noch der<lb/>
Trau&#x017F;chein, auf den ich aber ohne alle Be&#x017F;orgniß rech-<lb/>
nete. Ich ging zum Herrn von Mu&#x0364;ffling, und<lb/>
trug meine Angelegenheit vor. Er er&#x017F;chrack, und<lb/>
&#x017F;ah mich ha&#x0364;ßlich an: &#x201E;I&#x017F;t er ein Narre, Laukhard!<lb/>
&#x017F;prach er, oder i&#x017F;t er ge&#x017F;cheid? &#x2014; Wie kanns Ihm<lb/>
einfallen, &#x017F;o ein Nickel zu heurathen? Ich wußte<lb/>
wohl, daß er da Umgang hatte; dacht' aber, das<lb/>
wa&#x0364;re &#x017F;o fu&#x0364;r Juxerey, und &#x017F;chwieg. Aber heurathen,<lb/>
das i&#x017F;t zu arg!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>: Herr Hauptmann, es i&#x017F;t aber ein hu&#x0364;b-<lb/>
&#x017F;ches Ma&#x0364;del!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Er</hi>: Ja, eine hu&#x0364;b&#x017F;che Hure. Pfuy, die ganze<lb/>
Freund&#x017F;chaft taugt nichts! Mutter, To&#x0364;chter &#x017F;ind kei-<lb/>
nen Heller werth.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>: Aber ich kenne die Leute be&#x017F;&#x017F;er &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306[316]/0318] Menſch wuͤrde mein Lebelang. Ich dachte alſo mit Ernſt, mir ſo was anzuſchnallen, und ſiehe da, ich traf dergleichen auf dem kuͤhlen Brunnen. Hier wohnte zu der Zeit eine gewiſſe Frau Pabſtin, die Bier ſchenkte, und bei der ich eben darum zuweilen einſprach. Sie hatte einige Toͤchter, welche nicht ſchlimm ausſahen, und deren eine mir in die Au- gen ſtach. Ich ſprach mit dem Maͤdchen: das Maͤd- chen war mir nicht abgeneigt; ich ſprach mit der Alten, und unſer Handel ward richtig. Man hieß mich da ſchon ganz gewoͤhnlich — Herr Tochter- mann: und das gefiel mir. Nun fehlte noch der Trauſchein, auf den ich aber ohne alle Beſorgniß rech- nete. Ich ging zum Herrn von Muͤffling, und trug meine Angelegenheit vor. Er erſchrack, und ſah mich haͤßlich an: „Iſt er ein Narre, Laukhard! ſprach er, oder iſt er geſcheid? — Wie kanns Ihm einfallen, ſo ein Nickel zu heurathen? Ich wußte wohl, daß er da Umgang hatte; dacht' aber, das waͤre ſo fuͤr Juxerey, und ſchwieg. Aber heurathen, das iſt zu arg! Ich: Herr Hauptmann, es iſt aber ein huͤb- ſches Maͤdel! Er: Ja, eine huͤbſche Hure. Pfuy, die ganze Freundſchaft taugt nichts! Mutter, Toͤchter ſind kei- nen Heller werth. Ich: Aber ich kenne die Leute beſſer —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/318
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 306[316]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/318>, abgerufen am 01.07.2024.