Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

tiquar Ernst währte. Diese hörte aber auf, als ich
einigen Philistern beistand, welche von der Donna
Ernstn eben nicht vortheilhaft sprachen. So sehr nun
Ernst geduldiger Ehemann war, so wollte er doch
nicht leiden, daß die Philister und Soldaten die Sti-
chelsdörfer und Reideburger Geschichtchen, die seine
Frau betrafen, auf dem Rathskeller durchgehen soll-
ten: er wurde, da das Gespräch trotz seines Wider-
spruchs und Bittens nicht aufhören wollte, im Ernst
böse, und unser Umgang hatte auf lange Zeit ein
Ende, und damit auch mein Romanlesen.

Ich legte mich um diese Zeit auch stärker, als
sonst, auf die italiänische Sprache. Es kam damals,
als ich ohngefähr ein halbes Jahr beim Regiment war,
ein gewisser Italiäner hieher, Namens Barto-
lini, der sich für adelich ausgab, und mit dem be-
rühmten Pilati verwant seyn wollte. Der Mensch
hatte sich im Reiche anwerben lassen, und kam so
zum hallischen Regiment. -- Er ist schon vor zwei
Jahren wieder weggelaufen. -- Er hatte in seiner
Jugend bei den Jesuiten studirt, und ächte Jesuiti-
sche Grundsätze eingesogen, auch ächtes Jesuitisches
Latein Sonst war er ein ganz guter Mensch, und
mir besonders zugethan. Da er sahe, daß ich seine
Muttersprache liebte, so gab er sich Mühe, mich in
derselben weiter zu bringen, und sprach, wenn wir
beisammen waren, beständig italiänisch mit mir.

tiquar Ernſt waͤhrte. Dieſe hoͤrte aber auf, als ich
einigen Philiſtern beiſtand, welche von der Donna
Ernſtn eben nicht vortheilhaft ſprachen. So ſehr nun
Ernſt geduldiger Ehemann war, ſo wollte er doch
nicht leiden, daß die Philiſter und Soldaten die Sti-
chelsdoͤrfer und Reideburger Geſchichtchen, die ſeine
Frau betrafen, auf dem Rathskeller durchgehen ſoll-
ten: er wurde, da das Geſpraͤch trotz ſeines Wider-
ſpruchs und Bittens nicht aufhoͤren wollte, im Ernſt
boͤſe, und unſer Umgang hatte auf lange Zeit ein
Ende, und damit auch mein Romanleſen.

Ich legte mich um dieſe Zeit auch ſtaͤrker, als
ſonſt, auf die italiaͤniſche Sprache. Es kam damals,
als ich ohngefaͤhr ein halbes Jahr beim Regiment war,
ein gewiſſer Italiaͤner hieher, Namens Barto-
lini, der ſich fuͤr adelich ausgab, und mit dem be-
ruͤhmten Pilati verwant ſeyn wollte. Der Menſch
hatte ſich im Reiche anwerben laſſen, und kam ſo
zum halliſchen Regiment. — Er iſt ſchon vor zwei
Jahren wieder weggelaufen. — Er hatte in ſeiner
Jugend bei den Jeſuiten ſtudirt, und aͤchte Jeſuiti-
ſche Grundſaͤtze eingeſogen, auch aͤchtes Jeſuitiſches
Latein Sonſt war er ein ganz guter Menſch, und
mir beſonders zugethan. Da er ſahe, daß ich ſeine
Mutterſprache liebte, ſo gab er ſich Muͤhe, mich in
derſelben weiter zu bringen, und ſprach, wenn wir
beiſammen waren, beſtaͤndig italiaͤniſch mit mir.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0302" n="290[300]"/>
tiquar <hi rendition="#g">Ern&#x017F;t</hi> wa&#x0364;hrte. Die&#x017F;e ho&#x0364;rte aber auf, als ich<lb/>
einigen Phili&#x017F;tern bei&#x017F;tand, welche von der Donna<lb/>
Ern&#x017F;tn eben nicht vortheilhaft &#x017F;prachen. So &#x017F;ehr nun<lb/>
Ern&#x017F;t geduldiger Ehemann war, &#x017F;o wollte er doch<lb/>
nicht leiden, daß die Phili&#x017F;ter und Soldaten die Sti-<lb/>
chelsdo&#x0364;rfer und Reideburger Ge&#x017F;chichtchen, die &#x017F;eine<lb/>
Frau betrafen, auf dem Rathskeller durchgehen &#x017F;oll-<lb/>
ten: er wurde, da das Ge&#x017F;pra&#x0364;ch trotz &#x017F;eines Wider-<lb/>
&#x017F;pruchs und Bittens nicht aufho&#x0364;ren wollte, im Ern&#x017F;t<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;e, und un&#x017F;er Umgang hatte auf lange Zeit ein<lb/>
Ende, und damit auch mein Romanle&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Ich legte mich um die&#x017F;e Zeit auch &#x017F;ta&#x0364;rker, als<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t, auf die italia&#x0364;ni&#x017F;che Sprache. Es kam damals,<lb/>
als ich ohngefa&#x0364;hr ein halbes Jahr beim Regiment war,<lb/>
ein gewi&#x017F;&#x017F;er Italia&#x0364;ner hieher, Namens <hi rendition="#g">Barto</hi>-<lb/><hi rendition="#g">lini</hi>, der &#x017F;ich fu&#x0364;r adelich ausgab, und mit dem be-<lb/>
ru&#x0364;hmten <hi rendition="#g">Pilati</hi> verwant &#x017F;eyn wollte. Der Men&#x017F;ch<lb/>
hatte &#x017F;ich im Reiche anwerben la&#x017F;&#x017F;en, und kam &#x017F;o<lb/>
zum halli&#x017F;chen Regiment. &#x2014; Er i&#x017F;t &#x017F;chon vor zwei<lb/>
Jahren wieder weggelaufen. &#x2014; Er hatte in &#x017F;einer<lb/>
Jugend bei den Je&#x017F;uiten &#x017F;tudirt, und a&#x0364;chte Je&#x017F;uiti-<lb/>
&#x017F;che Grund&#x017F;a&#x0364;tze einge&#x017F;ogen, auch a&#x0364;chtes Je&#x017F;uiti&#x017F;ches<lb/>
Latein Son&#x017F;t war er ein ganz guter Men&#x017F;ch, und<lb/>
mir be&#x017F;onders zugethan. Da er &#x017F;ahe, daß ich &#x017F;eine<lb/>
Mutter&#x017F;prache liebte, &#x017F;o gab er &#x017F;ich Mu&#x0364;he, mich in<lb/>
der&#x017F;elben weiter zu bringen, und &#x017F;prach, wenn wir<lb/>
bei&#x017F;ammen waren, be&#x017F;ta&#x0364;ndig italia&#x0364;ni&#x017F;ch mit mir.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290[300]/0302] tiquar Ernſt waͤhrte. Dieſe hoͤrte aber auf, als ich einigen Philiſtern beiſtand, welche von der Donna Ernſtn eben nicht vortheilhaft ſprachen. So ſehr nun Ernſt geduldiger Ehemann war, ſo wollte er doch nicht leiden, daß die Philiſter und Soldaten die Sti- chelsdoͤrfer und Reideburger Geſchichtchen, die ſeine Frau betrafen, auf dem Rathskeller durchgehen ſoll- ten: er wurde, da das Geſpraͤch trotz ſeines Wider- ſpruchs und Bittens nicht aufhoͤren wollte, im Ernſt boͤſe, und unſer Umgang hatte auf lange Zeit ein Ende, und damit auch mein Romanleſen. Ich legte mich um dieſe Zeit auch ſtaͤrker, als ſonſt, auf die italiaͤniſche Sprache. Es kam damals, als ich ohngefaͤhr ein halbes Jahr beim Regiment war, ein gewiſſer Italiaͤner hieher, Namens Barto- lini, der ſich fuͤr adelich ausgab, und mit dem be- ruͤhmten Pilati verwant ſeyn wollte. Der Menſch hatte ſich im Reiche anwerben laſſen, und kam ſo zum halliſchen Regiment. — Er iſt ſchon vor zwei Jahren wieder weggelaufen. — Er hatte in ſeiner Jugend bei den Jeſuiten ſtudirt, und aͤchte Jeſuiti- ſche Grundſaͤtze eingeſogen, auch aͤchtes Jeſuitiſches Latein Sonſt war er ein ganz guter Menſch, und mir beſonders zugethan. Da er ſahe, daß ich ſeine Mutterſprache liebte, ſo gab er ſich Muͤhe, mich in derſelben weiter zu bringen, und ſprach, wenn wir beiſammen waren, beſtaͤndig italiaͤniſch mit mir.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/302
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 290[300]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/302>, abgerufen am 22.11.2024.