Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

sie, und die folgenden Exercierzeiten sind mir immer
leichter geworden. Es fiel mir oft der Gedanke da-
bei ein, ob die Verdammten in der Hölle, welche
doch nach der erbaulichen Lehre der orthodoxen Buch-
staben-Kirche ewig gepeiniget werden sollen, nicht
endlich allen Sinn für Quaal und Angst und Noth
verlieren, und alle Feuer- und Schwefelpfühle, alle
Haken des Satans u. dergl. nicht für Kleinigkeiten
halten werden? Die Gewohnheit vermag doch ge-
waltig viel! --

Im Mai 1784 machte ich meine erste Revüe
bei Magdeburg, und sah da den großen König zum
erstenmal. Sein Anblick erschütterte mich durch und
durch: ich hatte nur Auge und Sinn blos für Ihn!
Auf Ihn war ich und alles concentrirt! viele tau-
send Personalitäten in eine einzige umgeschmolzen!
Ein Heer, Eine Handlung! -- -- Mit seinen
Thaten war ich schon bekannt durch Bücher und Er-
zählungen. Es ist wahrlich etwas Göttliches, einen
so großen Mann zu sehen! der Gedanke, daß man
zu Ihm mit gehöre, erhebt zum Olymp hinaus. --
-- -- -- -- -- -- -- --
-- --
-- -- Aber siehe da den Unterschied zwischen den
orientalischen Despoten und unsern Fürsten! In
Orient ehrt man die Despotie und nicht den Despo-
ten. Die Person des Regenten kommt da gar nicht
in Anschlag: ein Abkömmling des ältesten Königs-

ſie, und die folgenden Exercierzeiten ſind mir immer
leichter geworden. Es fiel mir oft der Gedanke da-
bei ein, ob die Verdammten in der Hoͤlle, welche
doch nach der erbaulichen Lehre der orthodoxen Buch-
ſtaben-Kirche ewig gepeiniget werden ſollen, nicht
endlich allen Sinn fuͤr Quaal und Angſt und Noth
verlieren, und alle Feuer- und Schwefelpfuͤhle, alle
Haken des Satans u. dergl. nicht fuͤr Kleinigkeiten
halten werden? Die Gewohnheit vermag doch ge-
waltig viel! —

Im Mai 1784 machte ich meine erſte Revuͤe
bei Magdeburg, und ſah da den großen Koͤnig zum
erſtenmal. Sein Anblick erſchuͤtterte mich durch und
durch: ich hatte nur Auge und Sinn blos fuͤr Ihn!
Auf Ihn war ich und alles concentrirt! viele tau-
ſend Perſonalitaͤten in eine einzige umgeſchmolzen!
Ein Heer, Eine Handlung! — — Mit ſeinen
Thaten war ich ſchon bekannt durch Buͤcher und Er-
zaͤhlungen. Es iſt wahrlich etwas Goͤttliches, einen
ſo großen Mann zu ſehen! der Gedanke, daß man
zu Ihm mit gehoͤre, erhebt zum Olymp hinaus. —
— — — — — — — —
— —
— — Aber ſiehe da den Unterſchied zwiſchen den
orientaliſchen Deſpoten und unſern Fuͤrſten! In
Orient ehrt man die Deſpotie und nicht den Deſpo-
ten. Die Perſon des Regenten kommt da gar nicht
in Anſchlag: ein Abkoͤmmling des aͤlteſten Koͤnigs-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0287" n="275[285]"/>
&#x017F;ie, und die folgenden Exercierzeiten &#x017F;ind mir immer<lb/>
leichter geworden. Es fiel mir oft der Gedanke da-<lb/>
bei ein, ob die Verdammten in der Ho&#x0364;lle, welche<lb/>
doch nach der erbaulichen Lehre der orthodoxen Buch-<lb/>
&#x017F;taben-Kirche ewig gepeiniget werden &#x017F;ollen, nicht<lb/>
endlich allen Sinn fu&#x0364;r Quaal und Ang&#x017F;t und Noth<lb/>
verlieren, und alle Feuer- und Schwefelpfu&#x0364;hle, alle<lb/>
Haken des Satans u. dergl. nicht fu&#x0364;r Kleinigkeiten<lb/>
halten werden? Die Gewohnheit vermag doch ge-<lb/>
waltig viel! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Im Mai 1784 machte ich meine er&#x017F;te Revu&#x0364;e<lb/>
bei Magdeburg, und &#x017F;ah da den großen Ko&#x0364;nig zum<lb/>
er&#x017F;tenmal. Sein Anblick er&#x017F;chu&#x0364;tterte mich durch und<lb/>
durch: ich hatte nur Auge und Sinn blos fu&#x0364;r Ihn!<lb/>
Auf Ihn war ich und alles concentrirt! viele tau-<lb/>
&#x017F;end Per&#x017F;onalita&#x0364;ten in eine einzige umge&#x017F;chmolzen!<lb/>
Ein Heer, Eine Handlung! &#x2014; &#x2014; Mit &#x017F;einen<lb/>
Thaten war ich &#x017F;chon bekannt durch Bu&#x0364;cher und Er-<lb/>
za&#x0364;hlungen. Es i&#x017F;t wahrlich etwas Go&#x0364;ttliches, einen<lb/>
&#x017F;o großen Mann zu &#x017F;ehen! der Gedanke, daß man<lb/>
zu Ihm mit geho&#x0364;re, erhebt zum Olymp hinaus. &#x2014;<lb/>
&#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014;<lb/>
&#x2014; &#x2014;<lb/>
&#x2014; &#x2014; Aber &#x017F;iehe da den Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen den<lb/>
orientali&#x017F;chen De&#x017F;poten und un&#x017F;ern Fu&#x0364;r&#x017F;ten! In<lb/>
Orient ehrt man die De&#x017F;potie und nicht den De&#x017F;po-<lb/>
ten. Die Per&#x017F;on des Regenten kommt da gar nicht<lb/>
in An&#x017F;chlag: ein Abko&#x0364;mmling des a&#x0364;lte&#x017F;ten Ko&#x0364;nigs-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[275[285]/0287] ſie, und die folgenden Exercierzeiten ſind mir immer leichter geworden. Es fiel mir oft der Gedanke da- bei ein, ob die Verdammten in der Hoͤlle, welche doch nach der erbaulichen Lehre der orthodoxen Buch- ſtaben-Kirche ewig gepeiniget werden ſollen, nicht endlich allen Sinn fuͤr Quaal und Angſt und Noth verlieren, und alle Feuer- und Schwefelpfuͤhle, alle Haken des Satans u. dergl. nicht fuͤr Kleinigkeiten halten werden? Die Gewohnheit vermag doch ge- waltig viel! — Im Mai 1784 machte ich meine erſte Revuͤe bei Magdeburg, und ſah da den großen Koͤnig zum erſtenmal. Sein Anblick erſchuͤtterte mich durch und durch: ich hatte nur Auge und Sinn blos fuͤr Ihn! Auf Ihn war ich und alles concentrirt! viele tau- ſend Perſonalitaͤten in eine einzige umgeſchmolzen! Ein Heer, Eine Handlung! — — Mit ſeinen Thaten war ich ſchon bekannt durch Buͤcher und Er- zaͤhlungen. Es iſt wahrlich etwas Goͤttliches, einen ſo großen Mann zu ſehen! der Gedanke, daß man zu Ihm mit gehoͤre, erhebt zum Olymp hinaus. — — — — — — — — — — — — — Aber ſiehe da den Unterſchied zwiſchen den orientaliſchen Deſpoten und unſern Fuͤrſten! In Orient ehrt man die Deſpotie und nicht den Deſpo- ten. Die Perſon des Regenten kommt da gar nicht in Anſchlag: ein Abkoͤmmling des aͤlteſten Koͤnigs-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/287
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 275[285]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/287>, abgerufen am 21.05.2024.