In Rücksicht der Liebschaften ahmen unsre Sol- daten den Jenischen Studenten nach t): denn gleich wie diese fast alle ihre Scharmanten haben, so haben unsre Leute, die Ledigen, auch fast alle ihre Lieb- chen. Was das aber auch immer für welche sind -- läßt sich leicht denken. Herr von Müffling mora- lisirte einst über diese Creaturen, und schloß seine Rede mit den Worten: "So gehts aber! wenn die Beester das halbe Land ausgehurt haben, dünken sie doch noch für einen Soldaten gut genug, und mehr als zu gut zu seyn. Einen Achtgroschen- mannu) denken sie, kriegen wir noch immer!" Dieses Urtheil, welches sich auf Erfahrung gründet, ist sehr wahr. Die Mädchen, welche von den Sol- daten karessirt werden, sind größtentheils aus der niedrigsten Klasse, und von der schlechtesten Lebens- art -- Soldatentöchter gemeiniglich, die da denken, sie müßten in der Freundschaft bleiben. Ihre Lieb- schaften spinnen sie meistens auf der Straße, oder in den Kneipen an. In den Soldaten-Kneipen näm- lich wird fast täglich musicirt: freilich höchst elend,
t) Die Herren Jenenser mögen mir diese Vergleichung zu gute halten: vor fünf Jahren war es noch so, und soll nach dem Berichte glaubwürdiger Zeugen auch noch jetzt so seyn. Wenns aber ja nicht mehr so ist, so bitte ich recht sehr um Vergebung!
u) Oder Soldaten.
In Ruͤckſicht der Liebſchaften ahmen unſre Sol- daten den Jeniſchen Studenten nach t): denn gleich wie dieſe faſt alle ihre Scharmanten haben, ſo haben unſre Leute, die Ledigen, auch faſt alle ihre Lieb- chen. Was das aber auch immer fuͤr welche ſind — laͤßt ſich leicht denken. Herr von Muͤffling mora- liſirte einſt uͤber dieſe Creaturen, und ſchloß ſeine Rede mit den Worten: „So gehts aber! wenn die Beeſter das halbe Land ausgehurt haben, duͤnken ſie doch noch fuͤr einen Soldaten gut genug, und mehr als zu gut zu ſeyn. Einen Achtgroſchen- mannu) denken ſie, kriegen wir noch immer!“ Dieſes Urtheil, welches ſich auf Erfahrung gruͤndet, iſt ſehr wahr. Die Maͤdchen, welche von den Sol- daten kareſſirt werden, ſind groͤßtentheils aus der niedrigſten Klaſſe, und von der ſchlechteſten Lebens- art — Soldatentoͤchter gemeiniglich, die da denken, ſie muͤßten in der Freundſchaft bleiben. Ihre Lieb- ſchaften ſpinnen ſie meiſtens auf der Straße, oder in den Kneipen an. In den Soldaten-Kneipen naͤm- lich wird faſt taͤglich muſicirt: freilich hoͤchſt elend,
t) Die Herren Jenenſer moͤgen mir dieſe Vergleichung zu gute halten: vor fuͤnf Jahren war es noch ſo, und ſoll nach dem Berichte glaubwuͤrdiger Zeugen auch noch jetzt ſo ſeyn. Wenns aber ja nicht mehr ſo iſt, ſo bitte ich recht ſehr um Vergebung!
u) Oder Soldaten.
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In Ruͤckſicht der Liebſchaften ahmen unſre Sol-
daten den Jeniſchen Studenten nach t): denn gleich
wie dieſe faſt alle ihre Scharmanten haben, ſo haben
unſre Leute, die Ledigen, auch faſt alle ihre Lieb-
chen. Was das aber auch immer fuͤr welche ſind —
laͤßt ſich leicht denken. Herr von Muͤffling mora-
liſirte einſt uͤber dieſe Creaturen, und ſchloß ſeine
Rede mit den Worten: „So gehts aber! wenn die
Beeſter das halbe Land ausgehurt haben, duͤnken
ſie doch noch fuͤr einen Soldaten gut genug, und
mehr als zu gut zu ſeyn. Einen Achtgroſchen-
mann u) denken ſie, kriegen wir noch immer!“
Dieſes Urtheil, welches ſich auf Erfahrung gruͤndet,
iſt ſehr wahr. Die Maͤdchen, welche von den Sol-
daten kareſſirt werden, ſind groͤßtentheils aus der
niedrigſten Klaſſe, und von der ſchlechteſten Lebens-
art — Soldatentoͤchter gemeiniglich, die da denken,
ſie muͤßten in der Freundſchaft bleiben. Ihre Lieb-
ſchaften ſpinnen ſie meiſtens auf der Straße, oder in
den Kneipen an. In den Soldaten-Kneipen naͤm-
lich wird faſt taͤglich muſicirt: freilich hoͤchſt elend,
t) Die Herren Jenenſer moͤgen mir dieſe Vergleichung
zu gute halten: vor fuͤnf Jahren war es noch ſo, und
ſoll nach dem Berichte glaubwuͤrdiger Zeugen auch noch
jetzt ſo ſeyn. Wenns aber ja nicht mehr ſo iſt, ſo bitte
ich recht ſehr um Vergebung!
u) Oder Soldaten.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 258[268]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/270>, abgerufen am 24.11.2024.
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