Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Madam Zutzel war ordentlich gemacht,
einen Mann unter die Erde zu bringen, wenn er
weniger unempfindlich gewesen wäre, als der ihrige.
Einer war ihr schon davon gelaufen, weil er ihre ab-
surde Grillen nicht weiter vertragen konnte: darauf
war sie geschieden worden, und so hatte sie Freund
Zutzel genommen. Den ganzen langen Tag nörgelte
sie, besonders wenn sie besoffen war, zankte mit
ihrem Manne und ihren Soldaten, und wenn sie
nichts zu zanken hatte, so schlug sie ihren Hund
Perl oder ihre Katze Minette.

In diesem Quartire lag ich nun! Wie wirds
da dem armen Schelm gegangen seyn? werden mei-
ne gutmüthigen Leser ausrufen: und wenn sie das
thun, so will ich ihnen mit einem Worte antworten:
sehr schlecht, meine Herren! Einige Pröbchen.

Ich fing gleich, wie es sich von selbst versteht,
an zu exerciren, und zwar in Zutzels Stube. Freilich
lernte ich nicht schnell: theils war ich des Dings
nicht gewohnt, theils dachte ich, Zeit genug zu haben,
diese große Kunst, welche hauptsächlich in der gleich-
mäßigen Fertigkeit und Akkuratesse besteht, und vom
dümsten Bauerjungen begriffen wird, zu erlernen.
Daß ich nun nicht fluchs lernte, ärgerte meinen
Zutzel, und er klagte mich beim Hauptmann als einen
Menschen an, der viel zu dumm und zu tückisch zum
Exerciren sey. Herr von Müffling verschwieg mir

Die Madam Zutzel war ordentlich gemacht,
einen Mann unter die Erde zu bringen, wenn er
weniger unempfindlich geweſen waͤre, als der ihrige.
Einer war ihr ſchon davon gelaufen, weil er ihre ab-
ſurde Grillen nicht weiter vertragen konnte: darauf
war ſie geſchieden worden, und ſo hatte ſie Freund
Zutzel genommen. Den ganzen langen Tag noͤrgelte
ſie, beſonders wenn ſie beſoffen war, zankte mit
ihrem Manne und ihren Soldaten, und wenn ſie
nichts zu zanken hatte, ſo ſchlug ſie ihren Hund
Perl oder ihre Katze Minette.

In dieſem Quartire lag ich nun! Wie wirds
da dem armen Schelm gegangen ſeyn? werden mei-
ne gutmuͤthigen Leſer ausrufen: und wenn ſie das
thun, ſo will ich ihnen mit einem Worte antworten:
ſehr ſchlecht, meine Herren! Einige Proͤbchen.

Ich fing gleich, wie es ſich von ſelbſt verſteht,
an zu exerciren, und zwar in Zutzels Stube. Freilich
lernte ich nicht ſchnell: theils war ich des Dings
nicht gewohnt, theils dachte ich, Zeit genug zu haben,
dieſe große Kunſt, welche hauptſaͤchlich in der gleich-
maͤßigen Fertigkeit und Akkurateſſe beſteht, und vom
duͤmſten Bauerjungen begriffen wird, zu erlernen.
Daß ich nun nicht fluchs lernte, aͤrgerte meinen
Zutzel, und er klagte mich beim Hauptmann als einen
Menſchen an, der viel zu dumm und zu tuͤckiſch zum
Exerciren ſey. Herr von Muͤffling verſchwieg mir

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0263" n="251[261]"/>
        <p>Die Madam Zutzel war ordentlich gemacht,<lb/>
einen Mann unter die Erde zu bringen, wenn er<lb/>
weniger unempfindlich gewe&#x017F;en wa&#x0364;re, als der ihrige.<lb/>
Einer war ihr &#x017F;chon davon gelaufen, weil er ihre ab-<lb/>
&#x017F;urde Grillen nicht weiter vertragen konnte: darauf<lb/>
war &#x017F;ie ge&#x017F;chieden worden, und &#x017F;o hatte &#x017F;ie Freund<lb/>
Zutzel genommen. Den ganzen langen Tag no&#x0364;rgelte<lb/>
&#x017F;ie, be&#x017F;onders wenn &#x017F;ie be&#x017F;offen war, zankte mit<lb/>
ihrem Manne und ihren Soldaten, und wenn &#x017F;ie<lb/>
nichts zu zanken hatte, &#x017F;o &#x017F;chlug &#x017F;ie ihren Hund<lb/><hi rendition="#g">Perl</hi> oder ihre Katze <hi rendition="#g">Minette</hi>.</p><lb/>
        <p>In die&#x017F;em Quartire lag ich nun! Wie wirds<lb/>
da dem armen Schelm gegangen &#x017F;eyn? werden mei-<lb/>
ne gutmu&#x0364;thigen Le&#x017F;er ausrufen: und wenn &#x017F;ie das<lb/>
thun, &#x017F;o will ich ihnen mit einem Worte antworten:<lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;chlecht, meine Herren! Einige Pro&#x0364;bchen.</p><lb/>
        <p>Ich fing gleich, wie es &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;teht,<lb/>
an zu exerciren, und zwar in Zutzels Stube. Freilich<lb/>
lernte ich nicht &#x017F;chnell: theils war ich des Dings<lb/>
nicht gewohnt, theils dachte ich, Zeit genug zu haben,<lb/>
die&#x017F;e große Kun&#x017F;t, welche haupt&#x017F;a&#x0364;chlich in der gleich-<lb/>
ma&#x0364;ßigen Fertigkeit und Akkurate&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;teht, und vom<lb/>
du&#x0364;m&#x017F;ten Bauerjungen begriffen wird, zu erlernen.<lb/>
Daß ich nun nicht fluchs lernte, a&#x0364;rgerte meinen<lb/>
Zutzel, und er klagte mich beim Hauptmann als einen<lb/>
Men&#x017F;chen an, der viel zu dumm und zu tu&#x0364;cki&#x017F;ch zum<lb/>
Exerciren &#x017F;ey. Herr von Mu&#x0364;ffling ver&#x017F;chwieg mir<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[251[261]/0263] Die Madam Zutzel war ordentlich gemacht, einen Mann unter die Erde zu bringen, wenn er weniger unempfindlich geweſen waͤre, als der ihrige. Einer war ihr ſchon davon gelaufen, weil er ihre ab- ſurde Grillen nicht weiter vertragen konnte: darauf war ſie geſchieden worden, und ſo hatte ſie Freund Zutzel genommen. Den ganzen langen Tag noͤrgelte ſie, beſonders wenn ſie beſoffen war, zankte mit ihrem Manne und ihren Soldaten, und wenn ſie nichts zu zanken hatte, ſo ſchlug ſie ihren Hund Perl oder ihre Katze Minette. In dieſem Quartire lag ich nun! Wie wirds da dem armen Schelm gegangen ſeyn? werden mei- ne gutmuͤthigen Leſer ausrufen: und wenn ſie das thun, ſo will ich ihnen mit einem Worte antworten: ſehr ſchlecht, meine Herren! Einige Proͤbchen. Ich fing gleich, wie es ſich von ſelbſt verſteht, an zu exerciren, und zwar in Zutzels Stube. Freilich lernte ich nicht ſchnell: theils war ich des Dings nicht gewohnt, theils dachte ich, Zeit genug zu haben, dieſe große Kunſt, welche hauptſaͤchlich in der gleich- maͤßigen Fertigkeit und Akkurateſſe beſteht, und vom duͤmſten Bauerjungen begriffen wird, zu erlernen. Daß ich nun nicht fluchs lernte, aͤrgerte meinen Zutzel, und er klagte mich beim Hauptmann als einen Menſchen an, der viel zu dumm und zu tuͤckiſch zum Exerciren ſey. Herr von Muͤffling verſchwieg mir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/263
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 251[261]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/263>, abgerufen am 24.11.2024.