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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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mich aufgebracht, und schickte mir ein lateinisches
Billet, worin er mir befahl, sogleich zu ihm zu
kommen, um ihm Rechenschaft über eine Sache ab-
zulegen, welche er wegen der Größe der Bosheit
nicht glauben könnte.

Ich erschrack freilich sehr über dies Zettelchen,
und konnte mich durchaus nicht entschließen, der
Einladung meines Vaters, den ich schon seit einigen
Monaten nicht gesehen hatte, Gehör zu geben. Ich
antwortete also kurz: mir wäre nicht recht wohl;
sobald mir aber besser seyn würde, käme ich gewiß.

In der Beklemniß meiner Seele lief ich zu
Thereschen: aber auch da war ein großer Brief von
meinem Vater. Ich konnte das Ding nicht aus-
halten. Der alte Amtmann gab mir harte, sehr
harte Reden: Thereschen schwam in Thränen, und
ich stand da, wie vom Bliz gelähmt und sprachlos.

Endlich lief ich fort, und ging zum Schulzen,
wo ich meine Grillen im Wein zu tödten suchte. Ge-
gen Abend fuhr ich ab, und traf mein Mädchen
noch einmal auf meinem Wege, eine halbe Stunde
von ihrem Dorfe. Wir sprachen wenig, und wein-
ten desto mehr. Therese versprach mir, auf keinen
Fall in Pastor Neuners Vorschlag einzuwilligen, und
mir treu zu bleiben. Das edle Mädchen hat auch
Wort gehalten: Mosjeh Firlefanz bekam den Ab-
schied; und vor fünf Jahren, als ich in der Pfalz

mich aufgebracht, und ſchickte mir ein lateiniſches
Billet, worin er mir befahl, ſogleich zu ihm zu
kommen, um ihm Rechenſchaft uͤber eine Sache ab-
zulegen, welche er wegen der Groͤße der Bosheit
nicht glauben koͤnnte.

Ich erſchrack freilich ſehr uͤber dies Zettelchen,
und konnte mich durchaus nicht entſchließen, der
Einladung meines Vaters, den ich ſchon ſeit einigen
Monaten nicht geſehen hatte, Gehoͤr zu geben. Ich
antwortete alſo kurz: mir waͤre nicht recht wohl;
ſobald mir aber beſſer ſeyn wuͤrde, kaͤme ich gewiß.

In der Beklemniß meiner Seele lief ich zu
Thereschen: aber auch da war ein großer Brief von
meinem Vater. Ich konnte das Ding nicht aus-
halten. Der alte Amtmann gab mir harte, ſehr
harte Reden: Thereschen ſchwam in Thraͤnen, und
ich ſtand da, wie vom Bliz gelaͤhmt und ſprachlos.

Endlich lief ich fort, und ging zum Schulzen,
wo ich meine Grillen im Wein zu toͤdten ſuchte. Ge-
gen Abend fuhr ich ab, und traf mein Maͤdchen
noch einmal auf meinem Wege, eine halbe Stunde
von ihrem Dorfe. Wir ſprachen wenig, und wein-
ten deſto mehr. Thereſe verſprach mir, auf keinen
Fall in Paſtor Neuners Vorſchlag einzuwilligen, und
mir treu zu bleiben. Das edle Maͤdchen hat auch
Wort gehalten: Mosjeh Firlefanz bekam den Ab-
ſchied; und vor fuͤnf Jahren, als ich in der Pfalz

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[23/0025] mich aufgebracht, und ſchickte mir ein lateiniſches Billet, worin er mir befahl, ſogleich zu ihm zu kommen, um ihm Rechenſchaft uͤber eine Sache ab- zulegen, welche er wegen der Groͤße der Bosheit nicht glauben koͤnnte. Ich erſchrack freilich ſehr uͤber dies Zettelchen, und konnte mich durchaus nicht entſchließen, der Einladung meines Vaters, den ich ſchon ſeit einigen Monaten nicht geſehen hatte, Gehoͤr zu geben. Ich antwortete alſo kurz: mir waͤre nicht recht wohl; ſobald mir aber beſſer ſeyn wuͤrde, kaͤme ich gewiß. In der Beklemniß meiner Seele lief ich zu Thereschen: aber auch da war ein großer Brief von meinem Vater. Ich konnte das Ding nicht aus- halten. Der alte Amtmann gab mir harte, ſehr harte Reden: Thereschen ſchwam in Thraͤnen, und ich ſtand da, wie vom Bliz gelaͤhmt und ſprachlos. Endlich lief ich fort, und ging zum Schulzen, wo ich meine Grillen im Wein zu toͤdten ſuchte. Ge- gen Abend fuhr ich ab, und traf mein Maͤdchen noch einmal auf meinem Wege, eine halbe Stunde von ihrem Dorfe. Wir ſprachen wenig, und wein- ten deſto mehr. Thereſe verſprach mir, auf keinen Fall in Paſtor Neuners Vorſchlag einzuwilligen, und mir treu zu bleiben. Das edle Maͤdchen hat auch Wort gehalten: Mosjeh Firlefanz bekam den Ab- ſchied; und vor fuͤnf Jahren, als ich in der Pfalz

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/25>, abgerufen am 23.04.2024.