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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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regeln zu ergreifen. Er bemühte sich, meine Lebens-
art und meinen Karakter bei meinem Mädchen an-
zuschwärzen, und mich als einen schuftigen Kerl dar-
zustellen. Aber da kam er schön an! Thereschens
Neigung nahm dadurch nur zu. Das schlaue Mäd-
chen merkte seine Absicht, und schlug sie mit der Er-
klärung nieder: daß, wenn ich ihr nicht zu Theil
werden könnte, es auch kein Anderer je werden soll-
te, am wenigsten der von ihm vorgeschlagene Mensch.
Bei Theresens Vater fanden seine Beschreibungen
schon mehr Eingang; aber doch ließ sich der Alte
nicht bewegen, seine Tochter zu etwas zu zwingen:
zum guten Glück war der angetragene Herr auch ihm
unausstehlich.

Meister Neuner verzweifelte schon an dem
Fortgang seines Geschäfts, besonders da er erfuhr,
daß ich den Herrn Amtmann öfters besuchte, und er
mich jedesmal freundlich aufnähme. Lange verbarg
man mir Neuners Tücke, bis endlich Thereschen
mir rieth: mich vor dem Pfaffen in Acht zu nehmen:
so und so spräche er von mir, und das und das wä-
re seine Absicht. -- Ich ward grimmig böse über
den Grobian, und schrieb ihm gleich einen Brief
voll Gift und Galle, worin ich ihm die derbsten Ti-
tel beilegte. Dies würkte beim Pfaffen: er begab
sich sogleich zu meinem Vater, und verrieth den gan-
zen Handel. Dieser wurde nur noch mehr gegen

regeln zu ergreifen. Er bemuͤhte ſich, meine Lebens-
art und meinen Karakter bei meinem Maͤdchen an-
zuſchwaͤrzen, und mich als einen ſchuftigen Kerl dar-
zuſtellen. Aber da kam er ſchoͤn an! Thereschens
Neigung nahm dadurch nur zu. Das ſchlaue Maͤd-
chen merkte ſeine Abſicht, und ſchlug ſie mit der Er-
klaͤrung nieder: daß, wenn ich ihr nicht zu Theil
werden koͤnnte, es auch kein Anderer je werden ſoll-
te, am wenigſten der von ihm vorgeſchlagene Menſch.
Bei Thereſens Vater fanden ſeine Beſchreibungen
ſchon mehr Eingang; aber doch ließ ſich der Alte
nicht bewegen, ſeine Tochter zu etwas zu zwingen:
zum guten Gluͤck war der angetragene Herr auch ihm
unausſtehlich.

Meiſter Neuner verzweifelte ſchon an dem
Fortgang ſeines Geſchaͤfts, beſonders da er erfuhr,
daß ich den Herrn Amtmann oͤfters beſuchte, und er
mich jedesmal freundlich aufnaͤhme. Lange verbarg
man mir Neuners Tuͤcke, bis endlich Thereschen
mir rieth: mich vor dem Pfaffen in Acht zu nehmen:
ſo und ſo ſpraͤche er von mir, und das und das waͤ-
re ſeine Abſicht. — Ich ward grimmig boͤſe uͤber
den Grobian, und ſchrieb ihm gleich einen Brief
voll Gift und Galle, worin ich ihm die derbſten Ti-
tel beilegte. Dies wuͤrkte beim Pfaffen: er begab
ſich ſogleich zu meinem Vater, und verrieth den gan-
zen Handel. Dieſer wurde nur noch mehr gegen

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[22/0024] regeln zu ergreifen. Er bemuͤhte ſich, meine Lebens- art und meinen Karakter bei meinem Maͤdchen an- zuſchwaͤrzen, und mich als einen ſchuftigen Kerl dar- zuſtellen. Aber da kam er ſchoͤn an! Thereschens Neigung nahm dadurch nur zu. Das ſchlaue Maͤd- chen merkte ſeine Abſicht, und ſchlug ſie mit der Er- klaͤrung nieder: daß, wenn ich ihr nicht zu Theil werden koͤnnte, es auch kein Anderer je werden ſoll- te, am wenigſten der von ihm vorgeſchlagene Menſch. Bei Thereſens Vater fanden ſeine Beſchreibungen ſchon mehr Eingang; aber doch ließ ſich der Alte nicht bewegen, ſeine Tochter zu etwas zu zwingen: zum guten Gluͤck war der angetragene Herr auch ihm unausſtehlich. Meiſter Neuner verzweifelte ſchon an dem Fortgang ſeines Geſchaͤfts, beſonders da er erfuhr, daß ich den Herrn Amtmann oͤfters beſuchte, und er mich jedesmal freundlich aufnaͤhme. Lange verbarg man mir Neuners Tuͤcke, bis endlich Thereschen mir rieth: mich vor dem Pfaffen in Acht zu nehmen: ſo und ſo ſpraͤche er von mir, und das und das waͤ- re ſeine Abſicht. — Ich ward grimmig boͤſe uͤber den Grobian, und ſchrieb ihm gleich einen Brief voll Gift und Galle, worin ich ihm die derbſten Ti- tel beilegte. Dies wuͤrkte beim Pfaffen: er begab ſich ſogleich zu meinem Vater, und verrieth den gan- zen Handel. Dieſer wurde nur noch mehr gegen

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/24>, abgerufen am 19.04.2024.