Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

fen zu, und vertrieben den Burschen wieder aus mei-
nem Sinn, der seit gestern Abend da Platz genom-
men hatte.

Endlich, nachdem er vom Keifen müde war,
lud er uns zum Abendessen ein, um uns zu zeigen,
wie er sagte, daß man in müßigen Abendstunden
Vergnügen und Nutzen verbinden könnte. Wir wa-
ren auch wirklich selbigen Abend sehr aufgeräumt. --
Nachher hat Herr Kiefer ein ganz niedliches Sing-
spiel gemacht, den Korb, worin die Begebenheit
auf eine drolligte Art abgehandelt war. Das Ding
sollte auch gedruckt werden; weil aber sehr viele An-
züglichkeiten auf gewisse Leute darin vorkamen, die,
wie alle wohlbestalten Heuchler, oft manch dummen
Streich ausüben und doch als Heilige unangetastet
bleiben wollen, so unterblieb der Druck; desto häu-
figer aber circulirte es im Manuscript.

Um diese Zeit kam mein Bruder, welcher schon
zwei Jahre in Göttingen studirt hatte, nach Halle,
um seine Studien hier fort zu setzen. Ich muß sa-
gen, daß ich über seine Ankunft erfreut war, ob wir
gleich sonst niemals solche herzliche Freunde gewesen
waren, als es sich für Brüder geschickt hätte. Er
bat mich, ihm ein gutes Logis auszumachen, und
ich verschaffte ihm ein schlechtes. Dies hatte folgen-
den Zusammenhang. In der Klausstraße, rechter
Hand, ohnweit dem halben Mond, wohnte eine Frau,

fen zu, und vertrieben den Burſchen wieder aus mei-
nem Sinn, der ſeit geſtern Abend da Platz genom-
men hatte.

Endlich, nachdem er vom Keifen muͤde war,
lud er uns zum Abendeſſen ein, um uns zu zeigen,
wie er ſagte, daß man in muͤßigen Abendſtunden
Vergnuͤgen und Nutzen verbinden koͤnnte. Wir wa-
ren auch wirklich ſelbigen Abend ſehr aufgeraͤumt. —
Nachher hat Herr Kiefer ein ganz niedliches Sing-
ſpiel gemacht, den Korb, worin die Begebenheit
auf eine drolligte Art abgehandelt war. Das Ding
ſollte auch gedruckt werden; weil aber ſehr viele An-
zuͤglichkeiten auf gewiſſe Leute darin vorkamen, die,
wie alle wohlbeſtalten Heuchler, oft manch dummen
Streich ausuͤben und doch als Heilige unangetaſtet
bleiben wollen, ſo unterblieb der Druck; deſto haͤu-
figer aber circulirte es im Manuſcript.

Um dieſe Zeit kam mein Bruder, welcher ſchon
zwei Jahre in Goͤttingen ſtudirt hatte, nach Halle,
um ſeine Studien hier fort zu ſetzen. Ich muß ſa-
gen, daß ich uͤber ſeine Ankunft erfreut war, ob wir
gleich ſonſt niemals ſolche herzliche Freunde geweſen
waren, als es ſich fuͤr Bruͤder geſchickt haͤtte. Er
bat mich, ihm ein gutes Logis auszumachen, und
ich verſchaffte ihm ein ſchlechtes. Dies hatte folgen-
den Zuſammenhang. In der Klausſtraße, rechter
Hand, ohnweit dem halben Mond, wohnte eine Frau,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0161" n="159"/>
fen zu, und vertrieben den Bur&#x017F;chen wieder aus mei-<lb/>
nem Sinn, der &#x017F;eit ge&#x017F;tern Abend da Platz genom-<lb/>
men hatte.</p><lb/>
        <p>Endlich, nachdem er vom Keifen mu&#x0364;de war,<lb/>
lud er uns zum Abende&#x017F;&#x017F;en ein, um uns zu zeigen,<lb/>
wie er &#x017F;agte, daß man in mu&#x0364;ßigen Abend&#x017F;tunden<lb/>
Vergnu&#x0364;gen und Nutzen verbinden ko&#x0364;nnte. Wir wa-<lb/>
ren auch wirklich &#x017F;elbigen Abend &#x017F;ehr aufgera&#x0364;umt. &#x2014;<lb/>
Nachher hat Herr <hi rendition="#g">Kiefer</hi> ein ganz niedliches Sing-<lb/>
&#x017F;piel gemacht, <hi rendition="#g">den Korb</hi>, worin die Begebenheit<lb/>
auf eine drolligte Art abgehandelt war. Das Ding<lb/>
&#x017F;ollte auch gedruckt werden; weil aber &#x017F;ehr viele An-<lb/>
zu&#x0364;glichkeiten auf gewi&#x017F;&#x017F;e Leute darin vorkamen, die,<lb/>
wie alle wohlbe&#x017F;talten Heuchler, oft manch dummen<lb/>
Streich ausu&#x0364;ben und doch als Heilige unangeta&#x017F;tet<lb/>
bleiben wollen, &#x017F;o unterblieb der Druck; de&#x017F;to ha&#x0364;u-<lb/>
figer aber circulirte es im Manu&#x017F;cript.</p><lb/>
        <p>Um die&#x017F;e Zeit kam mein Bruder, welcher &#x017F;chon<lb/>
zwei Jahre in Go&#x0364;ttingen &#x017F;tudirt hatte, nach Halle,<lb/>
um &#x017F;eine Studien hier fort zu &#x017F;etzen. Ich muß &#x017F;a-<lb/>
gen, daß ich u&#x0364;ber &#x017F;eine Ankunft erfreut war, ob wir<lb/>
gleich &#x017F;on&#x017F;t niemals &#x017F;olche herzliche Freunde gewe&#x017F;en<lb/>
waren, als es &#x017F;ich fu&#x0364;r Bru&#x0364;der ge&#x017F;chickt ha&#x0364;tte. Er<lb/>
bat mich, ihm ein gutes Logis auszumachen, und<lb/>
ich ver&#x017F;chaffte ihm ein &#x017F;chlechtes. Dies hatte folgen-<lb/>
den Zu&#x017F;ammenhang. In der Klaus&#x017F;traße, rechter<lb/>
Hand, ohnweit dem halben Mond, wohnte eine Frau,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0161] fen zu, und vertrieben den Burſchen wieder aus mei- nem Sinn, der ſeit geſtern Abend da Platz genom- men hatte. Endlich, nachdem er vom Keifen muͤde war, lud er uns zum Abendeſſen ein, um uns zu zeigen, wie er ſagte, daß man in muͤßigen Abendſtunden Vergnuͤgen und Nutzen verbinden koͤnnte. Wir wa- ren auch wirklich ſelbigen Abend ſehr aufgeraͤumt. — Nachher hat Herr Kiefer ein ganz niedliches Sing- ſpiel gemacht, den Korb, worin die Begebenheit auf eine drolligte Art abgehandelt war. Das Ding ſollte auch gedruckt werden; weil aber ſehr viele An- zuͤglichkeiten auf gewiſſe Leute darin vorkamen, die, wie alle wohlbeſtalten Heuchler, oft manch dummen Streich ausuͤben und doch als Heilige unangetaſtet bleiben wollen, ſo unterblieb der Druck; deſto haͤu- figer aber circulirte es im Manuſcript. Um dieſe Zeit kam mein Bruder, welcher ſchon zwei Jahre in Goͤttingen ſtudirt hatte, nach Halle, um ſeine Studien hier fort zu ſetzen. Ich muß ſa- gen, daß ich uͤber ſeine Ankunft erfreut war, ob wir gleich ſonſt niemals ſolche herzliche Freunde geweſen waren, als es ſich fuͤr Bruͤder geſchickt haͤtte. Er bat mich, ihm ein gutes Logis auszumachen, und ich verſchaffte ihm ein ſchlechtes. Dies hatte folgen- den Zuſammenhang. In der Klausſtraße, rechter Hand, ohnweit dem halben Mond, wohnte eine Frau,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/161
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/161>, abgerufen am 01.05.2024.