und mit ängstlichem Tone ausrief: der Pedell! die Häscher! -- Die Studenten fuhren zusammen; ich nicht: ich glaubte unser Zank hätte den Pedell von ohngefähr herbei gelockt. Der Pedell Hübner trat jezt herein und fing an: "Im Namen seiner Ma- gnifizenz" -- Ich fiel ihm in die Rede, um ihm den Hergang des Zanks zu erklären; aber vergebens: ich und die andern wurden demnach grob: aber auch Grobheit half nicht. -- "Wir sollten uns schleppen lassen aufs Karzer!" -- Ich fluchte wie ein Boots- knecht: Köster wimmerte, Schmitz zitterte wie Espen- laub: die vier andern Studenten brummten in den Bart und liessen dann und wann einen Fluch hören: von den Menschern und ihrer Mutter hörte man nichts, als -- ach Herr Je -- daß Gott erbarm! Herr Hübner wiederholte sein "No, meine Herren, no, no! gehn Sie mit!" -- Ins Teufels Namen rief ich endlich, Minchen schenk ein! Minchen griff zitternd nach dem Gläschen. "Laß sie das seyn, Jungfer, sagte der Pedell, dazu ist keine Zeit mehr!" Was, schrie ich! will Er mir verbieten, Schnapps zu trinken? -- Nur immer eingeschenkt! -- Ich nahm mein Gläschen, bot mit lächerlichen Grimas- sen dem Pedell es an und fügte hinzu: das wäre so gut wie Markgrafen-Pulver: es schlüge den Aer- ger nieder. Er trank nicht: ich leerte das Gläschen, streckte mich hin auf einen Stuhl, und ließ mir noch
und mit aͤngſtlichem Tone ausrief: der Pedell! die Haͤſcher! — Die Studenten fuhren zuſammen; ich nicht: ich glaubte unſer Zank haͤtte den Pedell von ohngefaͤhr herbei gelockt. Der Pedell Huͤbner trat jezt herein und fing an: „Im Namen ſeiner Ma- gnifizenz“ — Ich fiel ihm in die Rede, um ihm den Hergang des Zanks zu erklaͤren; aber vergebens: ich und die andern wurden demnach grob: aber auch Grobheit half nicht. — „Wir ſollten uns ſchleppen laſſen aufs Karzer!“ — Ich fluchte wie ein Boots- knecht: Koͤſter wimmerte, Schmitz zitterte wie Eſpen- laub: die vier andern Studenten brummten in den Bart und lieſſen dann und wann einen Fluch hoͤren: von den Menſchern und ihrer Mutter hoͤrte man nichts, als — ach Herr Je — daß Gott erbarm! Herr Huͤbner wiederholte ſein „No, meine Herren, no, no! gehn Sie mit!“ — Ins Teufels Namen rief ich endlich, Minchen ſchenk ein! Minchen griff zitternd nach dem Glaͤschen. „Laß ſie das ſeyn, Jungfer, ſagte der Pedell, dazu iſt keine Zeit mehr!“ Was, ſchrie ich! will Er mir verbieten, Schnapps zu trinken? — Nur immer eingeſchenkt! — Ich nahm mein Glaͤschen, bot mit laͤcherlichen Grimaſ- ſen dem Pedell es an und fuͤgte hinzu: das waͤre ſo gut wie Markgrafen-Pulver: es ſchluͤge den Aer- ger nieder. Er trank nicht: ich leerte das Glaͤschen, ſtreckte mich hin auf einen Stuhl, und ließ mir noch
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und mit aͤngſtlichem Tone ausrief: der Pedell! die
Haͤſcher! — Die Studenten fuhren zuſammen; ich
nicht: ich glaubte unſer Zank haͤtte den Pedell von
ohngefaͤhr herbei gelockt. Der Pedell Huͤbner trat
jezt herein und fing an: „Im Namen ſeiner Ma-
gnifizenz“ — Ich fiel ihm in die Rede, um ihm
den Hergang des Zanks zu erklaͤren; aber vergebens:
ich und die andern wurden demnach grob: aber auch
Grobheit half nicht. — „Wir ſollten uns ſchleppen
laſſen aufs Karzer!“ — Ich fluchte wie ein Boots-
knecht: Koͤſter wimmerte, Schmitz zitterte wie Eſpen-
laub: die vier andern Studenten brummten in den
Bart und lieſſen dann und wann einen Fluch hoͤren:
von den Menſchern und ihrer Mutter hoͤrte man
nichts, als — ach Herr Je — daß Gott erbarm!
Herr Huͤbner wiederholte ſein „No, meine Herren,
no, no! gehn Sie mit!“ — Ins Teufels Namen
rief ich endlich, Minchen ſchenk ein! Minchen griff
zitternd nach dem Glaͤschen. „Laß ſie das ſeyn,
Jungfer, ſagte der Pedell, dazu iſt keine Zeit mehr!“
Was, ſchrie ich! will Er mir verbieten, Schnapps
zu trinken? — Nur immer eingeſchenkt! — Ich
nahm mein Glaͤschen, bot mit laͤcherlichen Grimaſ-
ſen dem Pedell es an und fuͤgte hinzu: das waͤre ſo
gut wie Markgrafen-Pulver: es ſchluͤge den Aer-
ger nieder. Er trank nicht: ich leerte das Glaͤschen,
ſtreckte mich hin auf einen Stuhl, und ließ mir noch
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 255[155]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/157>, abgerufen am 16.02.2025.
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