nicht mehr sind, und daß nur noch einige meist ganz unbekannte Spelunken dieser Art übrig sind. Frei- lich schaden diese unbekannten Mördergruben um so mehr, je unbekannter und verborgener sie sind. Die Menscher, welche sich da bei kuppelnden Soldaten- weibern hinlegen, kommen gewöhnlich von Leipzig, sind gröstentheils inficirt, und verbreiten ihr Gift weiter. Und wie es nun sonst geht, daß Pfuscher die venerischen Kuren übernehmen, so geht es auch hier. Mir sind mehrere traurige Exempel bekannt, wie diese Pfuscher zu Mördern geworden sind. Ein gewisser B... der hier zweien abscheulichen Bart- kratzern über 50 Thaler für ihre Sudelei hatte ge- ben müssen, verließ im Herbst das Waisenhaus, um nach seiner Heimath zurück zu kehren; er kam aber nicht weiter als nach Jena, und starb da. Schur- ken waren seine Aerzte gewesen. Ein Liefländer, der im Jahre 1785 gleichfalls einem von jenen beiden Pfuschern in die Hände gefallen war, muste in Lü- beck den Geist aufgeben. Eben so ging es 1786 ei- nem meiner Landsleute: er erreichte zwar noch sei- ne Vaterstadt, starb aber gleich den folgenden Tag nach seiner Ankunft: den hatten die Bartkratzer auch verpfuscht!
Es ist hier der Ort nicht, zu untersuchen, ob man überhaupt Bordelle dulden solle: aber derglei- chen Löcher, wie die hallischen sind, sollten durch-
nicht mehr ſind, und daß nur noch einige meiſt ganz unbekannte Spelunken dieſer Art uͤbrig ſind. Frei- lich ſchaden dieſe unbekannten Moͤrdergruben um ſo mehr, je unbekannter und verborgener ſie ſind. Die Menſcher, welche ſich da bei kuppelnden Soldaten- weibern hinlegen, kommen gewoͤhnlich von Leipzig, ſind groͤſtentheils inficirt, und verbreiten ihr Gift weiter. Und wie es nun ſonſt geht, daß Pfuſcher die veneriſchen Kuren uͤbernehmen, ſo geht es auch hier. Mir ſind mehrere traurige Exempel bekannt, wie dieſe Pfuſcher zu Moͤrdern geworden ſind. Ein gewiſſer B... der hier zweien abſcheulichen Bart- kratzern uͤber 50 Thaler fuͤr ihre Sudelei hatte ge- ben muͤſſen, verließ im Herbſt das Waiſenhaus, um nach ſeiner Heimath zuruͤck zu kehren; er kam aber nicht weiter als nach Jena, und ſtarb da. Schur- ken waren ſeine Aerzte geweſen. Ein Lieflaͤnder, der im Jahre 1785 gleichfalls einem von jenen beiden Pfuſchern in die Haͤnde gefallen war, muſte in Luͤ- beck den Geiſt aufgeben. Eben ſo ging es 1786 ei- nem meiner Landsleute: er erreichte zwar noch ſei- ne Vaterſtadt, ſtarb aber gleich den folgenden Tag nach ſeiner Ankunft: den hatten die Bartkratzer auch verpfuſcht!
Es iſt hier der Ort nicht, zu unterſuchen, ob man uͤberhaupt Bordelle dulden ſolle: aber derglei- chen Loͤcher, wie die halliſchen ſind, ſollten durch-
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nicht mehr ſind, und daß nur noch einige meiſt ganz
unbekannte Spelunken dieſer Art uͤbrig ſind. Frei-
lich ſchaden dieſe unbekannten Moͤrdergruben um ſo
mehr, je unbekannter und verborgener ſie ſind. Die
Menſcher, welche ſich da bei kuppelnden Soldaten-
weibern hinlegen, kommen gewoͤhnlich von Leipzig,
ſind groͤſtentheils inficirt, und verbreiten ihr Gift
weiter. Und wie es nun ſonſt geht, daß Pfuſcher
die veneriſchen Kuren uͤbernehmen, ſo geht es auch
hier. Mir ſind mehrere traurige Exempel bekannt,
wie dieſe Pfuſcher zu Moͤrdern geworden ſind. Ein
gewiſſer B... der hier zweien abſcheulichen Bart-
kratzern uͤber 50 Thaler fuͤr ihre Sudelei hatte ge-
ben muͤſſen, verließ im Herbſt das Waiſenhaus, um
nach ſeiner Heimath zuruͤck zu kehren; er kam aber
nicht weiter als nach Jena, und ſtarb da. Schur-
ken waren ſeine Aerzte geweſen. Ein Lieflaͤnder, der
im Jahre 1785 gleichfalls einem von jenen beiden
Pfuſchern in die Haͤnde gefallen war, muſte in Luͤ-
beck den Geiſt aufgeben. Eben ſo ging es 1786 ei-
nem meiner Landsleute: er erreichte zwar noch ſei-
ne Vaterſtadt, ſtarb aber gleich den folgenden Tag
nach ſeiner Ankunft: den hatten die Bartkratzer auch
verpfuſcht!
Es iſt hier der Ort nicht, zu unterſuchen, ob
man uͤberhaupt Bordelle dulden ſolle: aber derglei-
chen Loͤcher, wie die halliſchen ſind, ſollten durch-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/123>, abgerufen am 25.11.2024.
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