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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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zens Gelehrsamkeit eben nicht sehr vortheilhaft geur-
theilt, ob er gleich sein Schüler gewesen war.

Sonst ist Herr Schulz ein reicher Mann, dabei
aber auch so geitzig, daß er auf Pfänder geliehen hat.
Ich weiß es noch, daß der Tambour Hofmann --
ich muß doch die Leute nennen, die man sogleich in
Gießen fragen kann -- oft Kleider, Schnallen, Uh-
ren, Pfeiffenköpfe u. d. gl. hintrug, und bei dem
Herrn Professor versetzte. Einst geschah eine wahre
Schnurre. Die Studenten hatten eine maskirte
Schlittenfahrt, die sonst in Gießen sehr gemein wa-
ren, und es vielleicht noch sind. Einer davon war
als Jude maskirt, saß zu Pferde, und hatte alte
Kleider, Hosen, Hembden u. d. gl. bei sich. Herr
Schulz war am Fenster: der verkappte Jude ritt hin
zu ihm, und fragte, ob er nichts zu schachern hätte?
Der Herr Professor antwortete, nein. Der Jude
both ihm darauf seinen ganzen Trödel zum Versatz
an, und versprach ihm dreissig Procent. Herr
Schulz schmiß das Fenster zu, und die Zuschauer
lachten. Weiter ward nichts daraus.

Seine Frau Gemahlin ist die Tochter des ver-
storbenen D. Benners -- ein Frauenzimmer von sel-
tener Fleischigkeit, wie Herr Bahrdt sagt. Aber
nicht der Fleischigkeit, sondern des Geldes wegen hat
Herr Schulz sie geehliget. Schon vorher war ihr
Ruf sehr zweideutig, und so ist er auch geblieben.

zens Gelehrſamkeit eben nicht ſehr vortheilhaft geur-
theilt, ob er gleich ſein Schuͤler geweſen war.

Sonſt iſt Herr Schulz ein reicher Mann, dabei
aber auch ſo geitzig, daß er auf Pfaͤnder geliehen hat.
Ich weiß es noch, daß der Tambour Hofmann —
ich muß doch die Leute nennen, die man ſogleich in
Gießen fragen kann — oft Kleider, Schnallen, Uh-
ren, Pfeiffenkoͤpfe u. d. gl. hintrug, und bei dem
Herrn Profeſſor verſetzte. Einſt geſchah eine wahre
Schnurre. Die Studenten hatten eine maskirte
Schlittenfahrt, die ſonſt in Gießen ſehr gemein wa-
ren, und es vielleicht noch ſind. Einer davon war
als Jude maskirt, ſaß zu Pferde, und hatte alte
Kleider, Hoſen, Hembden u. d. gl. bei ſich. Herr
Schulz war am Fenſter: der verkappte Jude ritt hin
zu ihm, und fragte, ob er nichts zu ſchachern haͤtte?
Der Herr Profeſſor antwortete, nein. Der Jude
both ihm darauf ſeinen ganzen Troͤdel zum Verſatz
an, und verſprach ihm dreiſſig Procent. Herr
Schulz ſchmiß das Fenſter zu, und die Zuſchauer
lachten. Weiter ward nichts daraus.

Seine Frau Gemahlin iſt die Tochter des ver-
ſtorbenen D. Benners — ein Frauenzimmer von ſel-
tener Fleiſchigkeit, wie Herr Bahrdt ſagt. Aber
nicht der Fleiſchigkeit, ſondern des Geldes wegen hat
Herr Schulz ſie geehliget. Schon vorher war ihr
Ruf ſehr zweideutig, und ſo iſt er auch geblieben.

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[80/0094] zens Gelehrſamkeit eben nicht ſehr vortheilhaft geur- theilt, ob er gleich ſein Schuͤler geweſen war. Sonſt iſt Herr Schulz ein reicher Mann, dabei aber auch ſo geitzig, daß er auf Pfaͤnder geliehen hat. Ich weiß es noch, daß der Tambour Hofmann — ich muß doch die Leute nennen, die man ſogleich in Gießen fragen kann — oft Kleider, Schnallen, Uh- ren, Pfeiffenkoͤpfe u. d. gl. hintrug, und bei dem Herrn Profeſſor verſetzte. Einſt geſchah eine wahre Schnurre. Die Studenten hatten eine maskirte Schlittenfahrt, die ſonſt in Gießen ſehr gemein wa- ren, und es vielleicht noch ſind. Einer davon war als Jude maskirt, ſaß zu Pferde, und hatte alte Kleider, Hoſen, Hembden u. d. gl. bei ſich. Herr Schulz war am Fenſter: der verkappte Jude ritt hin zu ihm, und fragte, ob er nichts zu ſchachern haͤtte? Der Herr Profeſſor antwortete, nein. Der Jude both ihm darauf ſeinen ganzen Troͤdel zum Verſatz an, und verſprach ihm dreiſſig Procent. Herr Schulz ſchmiß das Fenſter zu, und die Zuſchauer lachten. Weiter ward nichts daraus. Seine Frau Gemahlin iſt die Tochter des ver- ſtorbenen D. Benners — ein Frauenzimmer von ſel- tener Fleiſchigkeit, wie Herr Bahrdt ſagt. Aber nicht der Fleiſchigkeit, ſondern des Geldes wegen hat Herr Schulz ſie geehliget. Schon vorher war ihr Ruf ſehr zweideutig, und ſo iſt er auch geblieben.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/94>, abgerufen am 02.05.2024.