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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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dien, stattete meinen Besuch auf den Dörfern ab,
und verschafte mir einen neuen blauen Flausch mit
rothen Kragen und Aufschlägen. Mein Vater blieb
nicht lange: er gab mir noch gute Lehren in Menge,
und reisete zu Hause.

Hier muß ich dem Leser eine Beschreibung von
der Gießer Universität liefern, wie diese damals war,
als ich dahin kam. Ich wünschte, daß diese Be-
schreibung weder langweilig noch läppisch scheinen
möchte. Aber bei der Beschreibung einer Universität
muß doch nothwendig manches Läppische mit vorkom-
men, wenn sie anders die nöthige Vollständigkeit ha-
ben soll. --

Gießen selbst ist ein elendes Nest, worin
auch nicht eine schöne Straße, beinahe kein einziges
schönes Gebäude hervorragt, wenn man das Zeug-
haus und das Universitäts-Gebäude ausnimmt. Es
führt den Namen einer Festung; die aber unter allen
Festungen, welche ich je gesehen habe, die elendeste
ist. Zudem wird sie von einem Berge kommandirt,
von woher man sie recht gut beschießen kann. Es
steht ein Regiment Soldaten darin, das aber gar
nicht stark ist, und nur, wenn ich nicht sehr irre,
sechs Kompagnien zählt. Das Regiment ist das
Darmstädtische Kreisregiment, und muß zu der
Reichsarmee stoßen, wenn dieses Heldenkorps zu
Felde zieht. Bei Rosbach sind die Darmstädter recht

dien, ſtattete meinen Beſuch auf den Doͤrfern ab,
und verſchafte mir einen neuen blauen Flauſch mit
rothen Kragen und Aufſchlaͤgen. Mein Vater blieb
nicht lange: er gab mir noch gute Lehren in Menge,
und reiſete zu Hauſe.

Hier muß ich dem Leſer eine Beſchreibung von
der Gießer Univerſitaͤt liefern, wie dieſe damals war,
als ich dahin kam. Ich wuͤnſchte, daß dieſe Be-
ſchreibung weder langweilig noch laͤppiſch ſcheinen
moͤchte. Aber bei der Beſchreibung einer Univerſitaͤt
muß doch nothwendig manches Laͤppiſche mit vorkom-
men, wenn ſie anders die noͤthige Vollſtaͤndigkeit ha-
ben ſoll. —

Gießen ſelbſt iſt ein elendes Neſt, worin
auch nicht eine ſchoͤne Straße, beinahe kein einziges
ſchoͤnes Gebaͤude hervorragt, wenn man das Zeug-
haus und das Univerſitaͤts-Gebaͤude ausnimmt. Es
fuͤhrt den Namen einer Feſtung; die aber unter allen
Feſtungen, welche ich je geſehen habe, die elendeſte
iſt. Zudem wird ſie von einem Berge kommandirt,
von woher man ſie recht gut beſchießen kann. Es
ſteht ein Regiment Soldaten darin, das aber gar
nicht ſtark iſt, und nur, wenn ich nicht ſehr irre,
ſechs Kompagnien zaͤhlt. Das Regiment iſt das
Darmſtaͤdtiſche Kreisregiment, und muß zu der
Reichsarmee ſtoßen, wenn dieſes Heldenkorps zu
Felde zieht. Bei Rosbach ſind die Darmſtaͤdter recht

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[67/0081] dien, ſtattete meinen Beſuch auf den Doͤrfern ab, und verſchafte mir einen neuen blauen Flauſch mit rothen Kragen und Aufſchlaͤgen. Mein Vater blieb nicht lange: er gab mir noch gute Lehren in Menge, und reiſete zu Hauſe. Hier muß ich dem Leſer eine Beſchreibung von der Gießer Univerſitaͤt liefern, wie dieſe damals war, als ich dahin kam. Ich wuͤnſchte, daß dieſe Be- ſchreibung weder langweilig noch laͤppiſch ſcheinen moͤchte. Aber bei der Beſchreibung einer Univerſitaͤt muß doch nothwendig manches Laͤppiſche mit vorkom- men, wenn ſie anders die noͤthige Vollſtaͤndigkeit ha- ben ſoll. — Gießen ſelbſt iſt ein elendes Neſt, worin auch nicht eine ſchoͤne Straße, beinahe kein einziges ſchoͤnes Gebaͤude hervorragt, wenn man das Zeug- haus und das Univerſitaͤts-Gebaͤude ausnimmt. Es fuͤhrt den Namen einer Feſtung; die aber unter allen Feſtungen, welche ich je geſehen habe, die elendeſte iſt. Zudem wird ſie von einem Berge kommandirt, von woher man ſie recht gut beſchießen kann. Es ſteht ein Regiment Soldaten darin, das aber gar nicht ſtark iſt, und nur, wenn ich nicht ſehr irre, ſechs Kompagnien zaͤhlt. Das Regiment iſt das Darmſtaͤdtiſche Kreisregiment, und muß zu der Reichsarmee ſtoßen, wenn dieſes Heldenkorps zu Felde zieht. Bei Rosbach ſind die Darmſtaͤdter recht

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/81>, abgerufen am 02.05.2024.