fing recht geflissentlich an, von der Religion zu spre- chen, und erinnere mich: daß unser Gespräch die Rechtmäßigkeit der lutherischen' und überhaupt der protestantischen Geistlichen betraf. Herr Neuner setzte mir starke Gründe entgegen, daß ich bald selbst gestehen mußte -- und gern gestand ichs ja! -- daß unsre lutherischen Geistlichen nicht gesetzlich geweiht und berufen wären; daß sie folglich nicht ordentlich und gültig konsekriren könnten. Daher leitete er mehrere Folgen, und bewies mir augenscheinlich, daß die katholische Kirche einen unendlichen Vorzug vor allen andern Kirchen hätte. Das Ding gefiel mir unendlich, obs mir gleich nicht wenig auffiel: denn dergleichen hatte ich in meinem Leben noch nicht gehört. Ich ersuchte sogar den Hrn. Neuner, sich die Mühe nicht verdrießen zu lassen, mir mehrere Auskunft über das eine und andre Stück der Reli- gion zu geben: denn mir sei es wirklich darum zu thun, die Wahrheit zu erkennen, und hernach auch zu bekennen, wenn ich sie nur einsähe.
Herr Neuner borgte mir beim Abschied ein Buch, das den Titel hatte: Religio prudentum, seu sola fides catholica fides prudens, von einem gewissen Augspurger Jesuiten, Namens Neumeyer. Er versicherte mich, daß ich in diesem Buche die Haupt- beweise der katholischen und die Hauptwiderlegungen der unkatholischen kirchlichen Lehrsätze finden würde.
fing recht gefliſſentlich an, von der Religion zu ſpre- chen, und erinnere mich: daß unſer Geſpraͤch die Rechtmaͤßigkeit der lutheriſchen' und uͤberhaupt der proteſtantiſchen Geiſtlichen betraf. Herr Neuner ſetzte mir ſtarke Gruͤnde entgegen, daß ich bald ſelbſt geſtehen mußte — und gern geſtand ichs ja! — daß unſre lutheriſchen Geiſtlichen nicht geſetzlich geweiht und berufen waͤren; daß ſie folglich nicht ordentlich und guͤltig konſekriren koͤnnten. Daher leitete er mehrere Folgen, und bewies mir augenſcheinlich, daß die katholiſche Kirche einen unendlichen Vorzug vor allen andern Kirchen haͤtte. Das Ding gefiel mir unendlich, obs mir gleich nicht wenig auffiel: denn dergleichen hatte ich in meinem Leben noch nicht gehoͤrt. Ich erſuchte ſogar den Hrn. Neuner, ſich die Muͤhe nicht verdrießen zu laſſen, mir mehrere Auskunft uͤber das eine und andre Stuͤck der Reli- gion zu geben: denn mir ſei es wirklich darum zu thun, die Wahrheit zu erkennen, und hernach auch zu bekennen, wenn ich ſie nur einſaͤhe.
Herr Neuner borgte mir beim Abſchied ein Buch, das den Titel hatte: Religio prudentum, ſeu ſola fides catholica fides prudens, von einem gewiſſen Augspurger Jeſuiten, Namens Neumeyer. Er verſicherte mich, daß ich in dieſem Buche die Haupt- beweiſe der katholiſchen und die Hauptwiderlegungen der unkatholiſchen kirchlichen Lehrſaͤtze finden wuͤrde.
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fing recht gefliſſentlich an, von der Religion zu ſpre-
chen, und erinnere mich: daß unſer Geſpraͤch die
Rechtmaͤßigkeit der lutheriſchen' und uͤberhaupt der
proteſtantiſchen Geiſtlichen betraf. Herr Neuner
ſetzte mir ſtarke Gruͤnde entgegen, daß ich bald ſelbſt
geſtehen mußte — und gern geſtand ichs ja! — daß
unſre lutheriſchen Geiſtlichen nicht geſetzlich geweiht
und berufen waͤren; daß ſie folglich nicht ordentlich
und guͤltig konſekriren koͤnnten. Daher leitete er
mehrere Folgen, und bewies mir augenſcheinlich,
daß die katholiſche Kirche einen unendlichen Vorzug
vor allen andern Kirchen haͤtte. Das Ding gefiel
mir unendlich, obs mir gleich nicht wenig auffiel:
denn dergleichen hatte ich in meinem Leben noch nicht
gehoͤrt. Ich erſuchte ſogar den Hrn. Neuner, ſich
die Muͤhe nicht verdrießen zu laſſen, mir mehrere
Auskunft uͤber das eine und andre Stuͤck der Reli-
gion zu geben: denn mir ſei es wirklich darum zu
thun, die Wahrheit zu erkennen, und hernach auch
zu bekennen, wenn ich ſie nur einſaͤhe.
Herr Neuner borgte mir beim Abſchied ein
Buch, das den Titel hatte: Religio prudentum,
ſeu ſola fides catholica fides prudens, von einem
gewiſſen Augspurger Jeſuiten, Namens Neumeyer.
Er verſicherte mich, daß ich in dieſem Buche die Haupt-
beweiſe der katholiſchen und die Hauptwiderlegungen
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/67>, abgerufen am 16.02.2025.
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