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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Die Base empfing mich sehr höflich, doch mit
einer Zurückhaltung, die mich schmerzte. Von der
Sache selbst wurde kein Wort gesprochen. Endlich
kam Therese aus der Kirche, und that sehr zurück-
haltend gegen mich in Beiseyn der Base. Sie that
gleichsam, als wäre ich ihr ein unerwarteter Besuch.
Und so saßen wir beinahe eine halbe Stunde, bis
endlich die Base mich fragte: ob ich ihnen die Ehre
thun wollte, zum Mittagsessen bei ihnen zu bleiben?
Ich konnte nicht anders, als mich entschuldigen, und
gab vor, daß ich nur hätte sehen wollen, wie sie sich
befänden: daß mein Weg eigentlich nach Kreuznach
ginge, daß ich dort zu Mittag mit Hrn. Licentiaten
Macher essen würde, und was des Geschwäzzes
mehr war. "Sie haben nach Tische noch Zeit, nach
Kreuznach zu gehen, wo Sie doch über Nacht blei-
ben werden," fing nun Therese an: "bleiben Sie
immer noch, und wenn es die Frau Base erlaubt;
so begleite ich Sie eine Strecke: ich will die Mam-
sellen auf der Saline diesen Nachmittag besuchen." --
Das war nun Wasser auf meiner Mühle: ich blieb,
und nach Tische ging ich mit meinem Mädchen auf
die Saline zu.

Kaum waren wir allein, als Thereschen mir
der Länge nach erzählte, daß ihr Vater unsers Um-
gangs wegen böse wäre: daß er sich hauptsächlich an
meiner Religion stieße, und daß, nach Wegräumung

Die Baſe empfing mich ſehr hoͤflich, doch mit
einer Zuruͤckhaltung, die mich ſchmerzte. Von der
Sache ſelbſt wurde kein Wort geſprochen. Endlich
kam Thereſe aus der Kirche, und that ſehr zuruͤck-
haltend gegen mich in Beiſeyn der Baſe. Sie that
gleichſam, als waͤre ich ihr ein unerwarteter Beſuch.
Und ſo ſaßen wir beinahe eine halbe Stunde, bis
endlich die Baſe mich fragte: ob ich ihnen die Ehre
thun wollte, zum Mittagseſſen bei ihnen zu bleiben?
Ich konnte nicht anders, als mich entſchuldigen, und
gab vor, daß ich nur haͤtte ſehen wollen, wie ſie ſich
befaͤnden: daß mein Weg eigentlich nach Kreuznach
ginge, daß ich dort zu Mittag mit Hrn. Licentiaten
Macher eſſen wuͤrde, und was des Geſchwaͤzzes
mehr war. „Sie haben nach Tiſche noch Zeit, nach
Kreuznach zu gehen, wo Sie doch uͤber Nacht blei-
ben werden,“ fing nun Thereſe an: „bleiben Sie
immer noch, und wenn es die Frau Baſe erlaubt;
ſo begleite ich Sie eine Strecke: ich will die Mam-
ſellen auf der Saline dieſen Nachmittag beſuchen.„ —
Das war nun Waſſer auf meiner Muͤhle: ich blieb,
und nach Tiſche ging ich mit meinem Maͤdchen auf
die Saline zu.

Kaum waren wir allein, als Thereschen mir
der Laͤnge nach erzaͤhlte, daß ihr Vater unſers Um-
gangs wegen boͤſe waͤre: daß er ſich hauptſaͤchlich an
meiner Religion ſtieße, und daß, nach Wegraͤumung

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[51/0065] Die Baſe empfing mich ſehr hoͤflich, doch mit einer Zuruͤckhaltung, die mich ſchmerzte. Von der Sache ſelbſt wurde kein Wort geſprochen. Endlich kam Thereſe aus der Kirche, und that ſehr zuruͤck- haltend gegen mich in Beiſeyn der Baſe. Sie that gleichſam, als waͤre ich ihr ein unerwarteter Beſuch. Und ſo ſaßen wir beinahe eine halbe Stunde, bis endlich die Baſe mich fragte: ob ich ihnen die Ehre thun wollte, zum Mittagseſſen bei ihnen zu bleiben? Ich konnte nicht anders, als mich entſchuldigen, und gab vor, daß ich nur haͤtte ſehen wollen, wie ſie ſich befaͤnden: daß mein Weg eigentlich nach Kreuznach ginge, daß ich dort zu Mittag mit Hrn. Licentiaten Macher eſſen wuͤrde, und was des Geſchwaͤzzes mehr war. „Sie haben nach Tiſche noch Zeit, nach Kreuznach zu gehen, wo Sie doch uͤber Nacht blei- ben werden,“ fing nun Thereſe an: „bleiben Sie immer noch, und wenn es die Frau Baſe erlaubt; ſo begleite ich Sie eine Strecke: ich will die Mam- ſellen auf der Saline dieſen Nachmittag beſuchen.„ — Das war nun Waſſer auf meiner Muͤhle: ich blieb, und nach Tiſche ging ich mit meinem Maͤdchen auf die Saline zu. Kaum waren wir allein, als Thereschen mir der Laͤnge nach erzaͤhlte, daß ihr Vater unſers Um- gangs wegen boͤſe waͤre: daß er ſich hauptſaͤchlich an meiner Religion ſtieße, und daß, nach Wegraͤumung

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/65>, abgerufen am 02.05.2024.