etwas von mir zu profitiren glaubten, flohen mich nun wie die Pest, um nicht in den Ruf der Freigei- ster- und Religionsspötterei zu gerathen. Selbst mein trefflicher Haag mußte meinetwegen leiden. Er ist, wie ich schon gesagt habe, katholisch, und steht als Pfarrkind unter dem Pastor von Wöllstein, ei- nem Erzgrützkopfe und impertinenten Kanzelschwä- tzer n). Dieser Pfaffe, dem ich auch bekannt ge- worden war, koramirte meinen Haag, wegen des Umgangs mit mir, und gebot ihm denselben aufzu- geben, oder er würde ihm die Absolution versagen, und die Sache höheres Orts anzeigen. Eben so macht' es auch der Oberforstmeister Martin zu Kriegsfeld. Haag aber antwortete, daß er sich um meine Grundsätze nicht bekümmere und blieb mein Freund nach wie vor. Ich muß aufrichtig gestehen, einen ehrlichern Freund, der es besser mit mir ge- meint hätte als Haag, hab ich in der Pfalz nicht ge-
n) Hier ein Pröbchen seiner Beredsamkeit: Meine Freun- de! nehmt ein Beispiegal (Beispiel) an dem frommen Samaritan, und vergedemüthigt euch unter die Demuth. Der fromme Samaritan war mit ein polirten Stifal- len, mit silbernen Sporenen, mit schönen Stifallen- manschetten angethan, und gezieret: da vergedehmü- thigte er sich aber, als er u. s. w. Man denke sich hierzu, noch die fürchterlichsten Gestus, und die fürch- terlichste Stimme, und -- man hat das Bild dieses Herrn Pastors.
etwas von mir zu profitiren glaubten, flohen mich nun wie die Peſt, um nicht in den Ruf der Freigei- ſter- und Religionsſpoͤtterei zu gerathen. Selbſt mein trefflicher Haag mußte meinetwegen leiden. Er iſt, wie ich ſchon geſagt habe, katholiſch, und ſteht als Pfarrkind unter dem Paſtor von Woͤllſtein, ei- nem Erzgruͤtzkopfe und impertinenten Kanzelſchwaͤ- tzer n). Dieſer Pfaffe, dem ich auch bekannt ge- worden war, koramirte meinen Haag, wegen des Umgangs mit mir, und gebot ihm denſelben aufzu- geben, oder er wuͤrde ihm die Abſolution verſagen, und die Sache hoͤheres Orts anzeigen. Eben ſo macht' es auch der Oberforſtmeiſter Martin zu Kriegsfeld. Haag aber antwortete, daß er ſich um meine Grundſaͤtze nicht bekuͤmmere und blieb mein Freund nach wie vor. Ich muß aufrichtig geſtehen, einen ehrlichern Freund, der es beſſer mit mir ge- meint haͤtte als Haag, hab ich in der Pfalz nicht ge-
n) Hier ein Proͤbchen ſeiner Beredſamkeit: Meine Freun- de! nehmt ein Beiſpiegal (Beiſpiel) an dem frommen Samaritan, und vergedemuͤthigt euch unter die Demuth. Der fromme Samaritan war mit ein polirten Stifal- len, mit ſilbernen Sporenen, mit ſchoͤnen Stifallen- manſchetten angethan, und gezieret: da vergedehmuͤ- thigte er ſich aber, als er u. ſ. w. Man denke ſich hierzu, noch die fuͤrchterlichſten Geſtus, und die fuͤrch- terlichſte Stimme, und — man hat das Bild dieſes Herrn Paſtors.
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etwas von mir zu profitiren glaubten, flohen mich
nun wie die Peſt, um nicht in den Ruf der Freigei-
ſter- und Religionsſpoͤtterei zu gerathen. Selbſt
mein trefflicher Haag mußte meinetwegen leiden. Er
iſt, wie ich ſchon geſagt habe, katholiſch, und ſteht
als Pfarrkind unter dem Paſtor von Woͤllſtein, ei-
nem Erzgruͤtzkopfe und impertinenten Kanzelſchwaͤ-
tzer n). Dieſer Pfaffe, dem ich auch bekannt ge-
worden war, koramirte meinen Haag, wegen des
Umgangs mit mir, und gebot ihm denſelben aufzu-
geben, oder er wuͤrde ihm die Abſolution verſagen,
und die Sache hoͤheres Orts anzeigen. Eben ſo
macht' es auch der Oberforſtmeiſter Martin zu
Kriegsfeld. Haag aber antwortete, daß er ſich um
meine Grundſaͤtze nicht bekuͤmmere und blieb mein
Freund nach wie vor. Ich muß aufrichtig geſtehen,
einen ehrlichern Freund, der es beſſer mit mir ge-
meint haͤtte als Haag, hab ich in der Pfalz nicht ge-
n) Hier ein Proͤbchen ſeiner Beredſamkeit: Meine Freun-
de! nehmt ein Beiſpiegal (Beiſpiel) an dem frommen
Samaritan, und vergedemuͤthigt euch unter die Demuth.
Der fromme Samaritan war mit ein polirten Stifal-
len, mit ſilbernen Sporenen, mit ſchoͤnen Stifallen-
manſchetten angethan, und gezieret: da vergedehmuͤ-
thigte er ſich aber, als er u. ſ. w. Man denke ſich
hierzu, noch die fuͤrchterlichſten Geſtus, und die fuͤrch-
terlichſte Stimme, und — man hat das Bild dieſes
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/403>, abgerufen am 16.02.2025.
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