Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Geschöpfen erwarten kann. Wir blieben die ganze
Nacht in diesem Garten, und Herr von F.... wel-
cher die Zeche allein gut machen wollte, mußte den
Morgen gegen 18 Gulden bezahlen, die Gratiale
abgerechnet, welche die Mädchen ausserdem nebenher
bekommen hatten. Wie viel kostet doch Wollust und
Ausschweifung nicht! --

Brandenburger besuchte uns den andern Tag
und berichtete, daß der Graf Schönborn, Wie-
senheitscher Linie, der seine Güter in Franken, ober-
halb Aschaffenburg hat, eine lutherische Pfarre zu
vergeben hätte; daß aber der Prediger noch lebe,
jedoch den Tod schon auf der Zunge habe, und bald
abfahren müsse u. s. w. Die Pfarre habe der Graf
dem Domvikar Stark übergeben, und diesem er-
laubt, ein Subjekt zu wählen, und sich von diesem
die Gebühren bezahlen zu lassen. Mein F.... fand
die Sache etwas unglaublich und drohte, dem Bran-
denburger Nasen und Ohren abzuhauen, und ihn
noch obendrein zu kastriren, wenn er uns hinterginge;
aber Brandenburger blieb dabei, es sey wahr.

Wir zogen Erkundigung ein, und Herr Stark
versicherte, daß Brandenburger wahr geredet habe,
daß er es auch wohl zufrieden sey, wenn ich die
Pfarrei mit 200 Dukaten bezahlte und erhielte, da
sie jährlich 600 Gulden eintrüge u. s. w. Ich äus-
serte meine Verwunderung gegen Baron F....,

Geſchoͤpfen erwarten kann. Wir blieben die ganze
Nacht in dieſem Garten, und Herr von F.... wel-
cher die Zeche allein gut machen wollte, mußte den
Morgen gegen 18 Gulden bezahlen, die Gratiale
abgerechnet, welche die Maͤdchen auſſerdem nebenher
bekommen hatten. Wie viel koſtet doch Wolluſt und
Ausſchweifung nicht! —

Brandenburger beſuchte uns den andern Tag
und berichtete, daß der Graf Schoͤnborn, Wie-
ſenheitſcher Linie, der ſeine Guͤter in Franken, ober-
halb Aſchaffenburg hat, eine lutheriſche Pfarre zu
vergeben haͤtte; daß aber der Prediger noch lebe,
jedoch den Tod ſchon auf der Zunge habe, und bald
abfahren muͤſſe u. ſ. w. Die Pfarre habe der Graf
dem Domvikar Stark uͤbergeben, und dieſem er-
laubt, ein Subjekt zu waͤhlen, und ſich von dieſem
die Gebuͤhren bezahlen zu laſſen. Mein F.... fand
die Sache etwas unglaublich und drohte, dem Bran-
denburger Naſen und Ohren abzuhauen, und ihn
noch obendrein zu kaſtriren, wenn er uns hinterginge;
aber Brandenburger blieb dabei, es ſey wahr.

Wir zogen Erkundigung ein, und Herr Stark
verſicherte, daß Brandenburger wahr geredet habe,
daß er es auch wohl zufrieden ſey, wenn ich die
Pfarrei mit 200 Dukaten bezahlte und erhielte, da
ſie jaͤhrlich 600 Gulden eintruͤge u. ſ. w. Ich aͤuſ-
ſerte meine Verwunderung gegen Baron F....,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0365" n="351"/>
Ge&#x017F;cho&#x0364;pfen erwarten kann. Wir blieben die ganze<lb/>
Nacht in die&#x017F;em Garten, und Herr von F.... wel-<lb/>
cher die Zeche allein gut machen wollte, mußte den<lb/>
Morgen gegen 18 Gulden bezahlen, die Gratiale<lb/>
abgerechnet, welche die Ma&#x0364;dchen au&#x017F;&#x017F;erdem nebenher<lb/>
bekommen hatten. Wie viel ko&#x017F;tet doch Wollu&#x017F;t und<lb/>
Aus&#x017F;chweifung nicht! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Brandenburger be&#x017F;uchte uns den andern Tag<lb/>
und berichtete, daß der Graf <hi rendition="#g">Scho&#x0364;nborn</hi>, Wie-<lb/>
&#x017F;enheit&#x017F;cher Linie, der &#x017F;eine Gu&#x0364;ter in Franken, ober-<lb/>
halb A&#x017F;chaffenburg hat, eine lutheri&#x017F;che Pfarre zu<lb/>
vergeben ha&#x0364;tte; daß aber der Prediger noch lebe,<lb/>
jedoch den Tod &#x017F;chon auf der Zunge habe, und bald<lb/>
abfahren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e u. &#x017F;. w. Die Pfarre habe der Graf<lb/>
dem Domvikar <hi rendition="#g">Stark</hi> u&#x0364;bergeben, und die&#x017F;em er-<lb/>
laubt, ein Subjekt zu wa&#x0364;hlen, und &#x017F;ich von die&#x017F;em<lb/>
die Gebu&#x0364;hren bezahlen zu la&#x017F;&#x017F;en. Mein F.... fand<lb/>
die Sache etwas unglaublich und drohte, dem Bran-<lb/>
denburger Na&#x017F;en und Ohren abzuhauen, und ihn<lb/>
noch obendrein zu ka&#x017F;triren, wenn er uns hinterginge;<lb/>
aber Brandenburger blieb dabei, es &#x017F;ey wahr.</p><lb/>
        <p>Wir zogen Erkundigung ein, und Herr <hi rendition="#g">Stark</hi><lb/>
ver&#x017F;icherte, daß Brandenburger wahr geredet habe,<lb/>
daß er es auch wohl zufrieden &#x017F;ey, wenn ich die<lb/>
Pfarrei mit 200 Dukaten bezahlte und erhielte, da<lb/>
&#x017F;ie ja&#x0364;hrlich 600 Gulden eintru&#x0364;ge u. &#x017F;. w. Ich a&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erte meine Verwunderung gegen Baron F....,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0365] Geſchoͤpfen erwarten kann. Wir blieben die ganze Nacht in dieſem Garten, und Herr von F.... wel- cher die Zeche allein gut machen wollte, mußte den Morgen gegen 18 Gulden bezahlen, die Gratiale abgerechnet, welche die Maͤdchen auſſerdem nebenher bekommen hatten. Wie viel koſtet doch Wolluſt und Ausſchweifung nicht! — Brandenburger beſuchte uns den andern Tag und berichtete, daß der Graf Schoͤnborn, Wie- ſenheitſcher Linie, der ſeine Guͤter in Franken, ober- halb Aſchaffenburg hat, eine lutheriſche Pfarre zu vergeben haͤtte; daß aber der Prediger noch lebe, jedoch den Tod ſchon auf der Zunge habe, und bald abfahren muͤſſe u. ſ. w. Die Pfarre habe der Graf dem Domvikar Stark uͤbergeben, und dieſem er- laubt, ein Subjekt zu waͤhlen, und ſich von dieſem die Gebuͤhren bezahlen zu laſſen. Mein F.... fand die Sache etwas unglaublich und drohte, dem Bran- denburger Naſen und Ohren abzuhauen, und ihn noch obendrein zu kaſtriren, wenn er uns hinterginge; aber Brandenburger blieb dabei, es ſey wahr. Wir zogen Erkundigung ein, und Herr Stark verſicherte, daß Brandenburger wahr geredet habe, daß er es auch wohl zufrieden ſey, wenn ich die Pfarrei mit 200 Dukaten bezahlte und erhielte, da ſie jaͤhrlich 600 Gulden eintruͤge u. ſ. w. Ich aͤuſ- ſerte meine Verwunderung gegen Baron F....,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/365
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/365>, abgerufen am 20.05.2024.