Tag und Nacht auf den Strich ging, Mädchen, wie Lerchen, fing, und diesen die Taille verdarb. Sonst war er ein ganz guter Mensch, d. h. ganz so, wie wollüstige und kreuzliederliche Leute zu seyn pfle- gen: sie theilen mit was sie haben, und freuen sich, wenn sie für ihr Geld einen Zirkel gleichgesinnter Menschen errichten können, die eben so ausschweifen und tolliren als sie. Ich hatte diesen Herrn von F. zwar bei dem Amtsverwalter Schönburg kennen ler- nen; allein unsere wechselseitige Hauptfreundschaft war während meines Vikariats in Udenheim zu Nie- derolm, im Hause des Wirthes Noll auf folgende Weise gestiftet worden.
Der Pastor Jacobi in Niederolm, einem zwei Stunden von Mainz gelegenen Dorfe, hatte eine Base oder Nichte bei sich, welche zwar nicht schön war, übrigens doch Reize genug hatte, jun- ge Leute lüstern zu machen. Herr Dorsch mein Freund, Amtsverwalter daselbst, verschafte mir zuerst Bekanntschaft in dem Hause dieses Pastors, den ich denn nachher von selbst, da überdem Udenheim nur eine Stunde weit davon liegt, öfters besuchte. Einst, da ich dahin geritten war, und nach abgelegter Visite meinen Gaul aus Noles Wirthshause, wo ich logirte, wieder abholen wollte, rief mich der Baron F. an, und nöthigte mich, auf sein Zimmer zu kommen. Ich thats, und es wurden zuerst einige Gläser Wein
Tag und Nacht auf den Strich ging, Maͤdchen, wie Lerchen, fing, und dieſen die Taille verdarb. Sonſt war er ein ganz guter Menſch, d. h. ganz ſo, wie wolluͤſtige und kreuzliederliche Leute zu ſeyn pfle- gen: ſie theilen mit was ſie haben, und freuen ſich, wenn ſie fuͤr ihr Geld einen Zirkel gleichgeſinnter Menſchen errichten koͤnnen, die eben ſo ausſchweifen und tolliren als ſie. Ich hatte dieſen Herrn von F. zwar bei dem Amtsverwalter Schoͤnburg kennen ler- nen; allein unſere wechſelſeitige Hauptfreundſchaft war waͤhrend meines Vikariats in Udenheim zu Nie- derolm, im Hauſe des Wirthes Noll auf folgende Weiſe geſtiftet worden.
Der Paſtor Jacobi in Niederolm, einem zwei Stunden von Mainz gelegenen Dorfe, hatte eine Baſe oder Nichte bei ſich, welche zwar nicht ſchoͤn war, uͤbrigens doch Reize genug hatte, jun- ge Leute luͤſtern zu machen. Herr Dorſch mein Freund, Amtsverwalter daſelbſt, verſchafte mir zuerſt Bekanntſchaft in dem Hauſe dieſes Paſtors, den ich denn nachher von ſelbſt, da uͤberdem Udenheim nur eine Stunde weit davon liegt, oͤfters beſuchte. Einſt, da ich dahin geritten war, und nach abgelegter Viſite meinen Gaul aus Noles Wirthshauſe, wo ich logirte, wieder abholen wollte, rief mich der Baron F. an, und noͤthigte mich, auf ſein Zimmer zu kommen. Ich thats, und es wurden zuerſt einige Glaͤſer Wein
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Tag und Nacht auf den Strich ging, Maͤdchen,
wie Lerchen, fing, und dieſen die Taille verdarb.
Sonſt war er ein ganz guter Menſch, d. h. ganz ſo,
wie wolluͤſtige und kreuzliederliche Leute zu ſeyn pfle-
gen: ſie theilen mit was ſie haben, und freuen ſich,
wenn ſie fuͤr ihr Geld einen Zirkel gleichgeſinnter
Menſchen errichten koͤnnen, die eben ſo ausſchweifen
und tolliren als ſie. Ich hatte dieſen Herrn von F.
zwar bei dem Amtsverwalter Schoͤnburg kennen ler-
nen; allein unſere wechſelſeitige Hauptfreundſchaft
war waͤhrend meines Vikariats in Udenheim zu Nie-
derolm, im Hauſe des Wirthes Noll auf folgende
Weiſe geſtiftet worden.
Der Paſtor Jacobi in Niederolm, einem
zwei Stunden von Mainz gelegenen Dorfe, hatte
eine Baſe oder Nichte bei ſich, welche zwar nicht
ſchoͤn war, uͤbrigens doch Reize genug hatte, jun-
ge Leute luͤſtern zu machen. Herr Dorſch mein
Freund, Amtsverwalter daſelbſt, verſchafte mir zuerſt
Bekanntſchaft in dem Hauſe dieſes Paſtors, den ich
denn nachher von ſelbſt, da uͤberdem Udenheim nur
eine Stunde weit davon liegt, oͤfters beſuchte. Einſt,
da ich dahin geritten war, und nach abgelegter Viſite
meinen Gaul aus Noles Wirthshauſe, wo ich logirte,
wieder abholen wollte, rief mich der Baron F. an,
und noͤthigte mich, auf ſein Zimmer zu kommen.
Ich thats, und es wurden zuerſt einige Glaͤſer Wein
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/359>, abgerufen am 23.11.2024.
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