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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Mein Vater hatte sich einen benachbarten
Geistlichen zum Feinde gemacht, den nahen Anver-
wandten eines Einwohners unsers Ortes. Einige
Unvorsichtigkeiten meines Vaters gaben hierauf
seinen Feinden Gelegenheit, dem Meister Bran-
denburger -- so hieß der Vetter des benachbar-
ten Geistlichen, der meines Vaters Feind war --
alles zuzutragen, einen schmutzigen Umgang zwischen
ihm und einem Frauenzimmer des Ortes, welches
eben nicht im besten Rufe stand, zu supponiren,
und ihn, nachdem sie vorher alles fein eingefädelt
hatten, förmlich anzuklagen. Die Beweise fehlten
gänzlich, und ob man gleich viele Eide schwören ließ;
so konnte man doch nicht das geringste herausbrin-
gen, das meinen Vater auch nur aus der Ferne
wirklich gravirt hätte. Dennoch wurde er suspendirt:
denn der Graf selbst war sein Feind. Ich muß
den Grund dieser Feindschaft anführen.

Der Graf von Grehweiler hatte ohngefähr
nur 40000 Thaler Einkünfte, und führte doch einen
fürstlichen Hofstaat, hielt sogar Heyducken und Husa-
ren, eine Bande Hofmusikanten, einen Stallmeister,
Bereuter und noch viel anderes unnöthiges Gesinde.
Dazu gehörte nun Geld, und seine Einkünfte reich-
ten nicht zu. Die Unterthanen durfte er aus Furcht
vor dem Lehnsherrn, dem Kurfürsten von der Pfalz,
nicht mit neuen Auflagen belästigen; daher blieb

Mein Vater hatte ſich einen benachbarten
Geiſtlichen zum Feinde gemacht, den nahen Anver-
wandten eines Einwohners unſers Ortes. Einige
Unvorſichtigkeiten meines Vaters gaben hierauf
ſeinen Feinden Gelegenheit, dem Meiſter Bran-
denburger — ſo hieß der Vetter des benachbar-
ten Geiſtlichen, der meines Vaters Feind war —
alles zuzutragen, einen ſchmutzigen Umgang zwiſchen
ihm und einem Frauenzimmer des Ortes, welches
eben nicht im beſten Rufe ſtand, zu ſupponiren,
und ihn, nachdem ſie vorher alles fein eingefaͤdelt
hatten, foͤrmlich anzuklagen. Die Beweiſe fehlten
gaͤnzlich, und ob man gleich viele Eide ſchwoͤren ließ;
ſo konnte man doch nicht das geringſte herausbrin-
gen, das meinen Vater auch nur aus der Ferne
wirklich gravirt haͤtte. Dennoch wurde er ſuſpendirt:
denn der Graf ſelbſt war ſein Feind. Ich muß
den Grund dieſer Feindſchaft anfuͤhren.

Der Graf von Grehweiler hatte ohngefaͤhr
nur 40000 Thaler Einkuͤnfte, und fuͤhrte doch einen
fuͤrſtlichen Hofſtaat, hielt ſogar Heyducken und Huſa-
ren, eine Bande Hofmuſikanten, einen Stallmeiſter,
Bereuter und noch viel anderes unnoͤthiges Geſinde.
Dazu gehoͤrte nun Geld, und ſeine Einkuͤnfte reich-
ten nicht zu. Die Unterthanen durfte er aus Furcht
vor dem Lehnsherrn, dem Kurfuͤrſten von der Pfalz,
nicht mit neuen Auflagen belaͤſtigen; daher blieb

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[21/0035] Mein Vater hatte ſich einen benachbarten Geiſtlichen zum Feinde gemacht, den nahen Anver- wandten eines Einwohners unſers Ortes. Einige Unvorſichtigkeiten meines Vaters gaben hierauf ſeinen Feinden Gelegenheit, dem Meiſter Bran- denburger — ſo hieß der Vetter des benachbar- ten Geiſtlichen, der meines Vaters Feind war — alles zuzutragen, einen ſchmutzigen Umgang zwiſchen ihm und einem Frauenzimmer des Ortes, welches eben nicht im beſten Rufe ſtand, zu ſupponiren, und ihn, nachdem ſie vorher alles fein eingefaͤdelt hatten, foͤrmlich anzuklagen. Die Beweiſe fehlten gaͤnzlich, und ob man gleich viele Eide ſchwoͤren ließ; ſo konnte man doch nicht das geringſte herausbrin- gen, das meinen Vater auch nur aus der Ferne wirklich gravirt haͤtte. Dennoch wurde er ſuſpendirt: denn der Graf ſelbſt war ſein Feind. Ich muß den Grund dieſer Feindſchaft anfuͤhren. Der Graf von Grehweiler hatte ohngefaͤhr nur 40000 Thaler Einkuͤnfte, und fuͤhrte doch einen fuͤrſtlichen Hofſtaat, hielt ſogar Heyducken und Huſa- ren, eine Bande Hofmuſikanten, einen Stallmeiſter, Bereuter und noch viel anderes unnoͤthiges Geſinde. Dazu gehoͤrte nun Geld, und ſeine Einkuͤnfte reich- ten nicht zu. Die Unterthanen durfte er aus Furcht vor dem Lehnsherrn, dem Kurfuͤrſten von der Pfalz, nicht mit neuen Auflagen belaͤſtigen; daher blieb

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/35>, abgerufen am 28.03.2024.