Schuft in ernsthaften Geschäften gebrauchen konn- ten, war mir zu begreifen unmöglich, besonders da der nichtswürdige Kerl nicht schweigen konnte, und alles, was er wußte, ausplapperte und es noch mit seinen Lügen ansehnlich vermehrte.
Die gedachten vier Herren in Mainz, welche man freilich mit Geld gewinnen mußte, arbeiteten nun gemeinschaftlich an dem Sturz des Pfarrers Thiels, um dem Ernst Wagner Platz zu machen. Man wollte aber bei meiner Anwesenheit in Uden- heim nichts vornehmen, weil ich, als Freund des Pfarrers, mich gewiß den Machinationen der nieder- trächtiger Kabale widersetzt hätte. Allein zum Un- glück für Thiels verreißte ich auf einige Tage zu mei- nem Vater. Gleich den folgenden Tag kam Herr von Köth, Hettersdorf und Hebel nach Udenheim, und brachten es theils durch Drohungen, theils durch gute Worte dahin, daß Thiels gegen 800 Gulden seine Pfarrei resignirte, und dies eigenhändig unter- schrieb. Als ich zurück kam, erfuhr ich den dummen Streich, den Thiels gemacht hatte, und ärgerte mich nicht wenig. Selbst Thiels bereute seine Toll- heit, und heulte wie ein armer Knabe, der seinen Kreuzer verloren hat. Ich lief den andern Tag nach Mainz, und sagte dem Herrn von Köth, und sei- nem Amtmann gerade heraus, daß die Resignation
Schuft in ernſthaften Geſchaͤften gebrauchen konn- ten, war mir zu begreifen unmoͤglich, beſonders da der nichtswuͤrdige Kerl nicht ſchweigen konnte, und alles, was er wußte, ausplapperte und es noch mit ſeinen Luͤgen anſehnlich vermehrte.
Die gedachten vier Herren in Mainz, welche man freilich mit Geld gewinnen mußte, arbeiteten nun gemeinſchaftlich an dem Sturz des Pfarrers Thiels, um dem Ernſt Wagner Platz zu machen. Man wollte aber bei meiner Anweſenheit in Uden- heim nichts vornehmen, weil ich, als Freund des Pfarrers, mich gewiß den Machinationen der nieder- traͤchtiger Kabale widerſetzt haͤtte. Allein zum Un- gluͤck fuͤr Thiels verreißte ich auf einige Tage zu mei- nem Vater. Gleich den folgenden Tag kam Herr von Koͤth, Hettersdorf und Hebel nach Udenheim, und brachten es theils durch Drohungen, theils durch gute Worte dahin, daß Thiels gegen 800 Gulden ſeine Pfarrei reſignirte, und dies eigenhaͤndig unter- ſchrieb. Als ich zuruͤck kam, erfuhr ich den dummen Streich, den Thiels gemacht hatte, und aͤrgerte mich nicht wenig. Selbſt Thiels bereute ſeine Toll- heit, und heulte wie ein armer Knabe, der ſeinen Kreuzer verloren hat. Ich lief den andern Tag nach Mainz, und ſagte dem Herrn von Koͤth, und ſei- nem Amtmann gerade heraus, daß die Reſignation
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Schuft in ernſthaften Geſchaͤften gebrauchen konn-
ten, war mir zu begreifen unmoͤglich, beſonders da
der nichtswuͤrdige Kerl nicht ſchweigen konnte, und
alles, was er wußte, ausplapperte und es noch mit
ſeinen Luͤgen anſehnlich vermehrte.
Die gedachten vier Herren in Mainz, welche
man freilich mit Geld gewinnen mußte, arbeiteten
nun gemeinſchaftlich an dem Sturz des Pfarrers
Thiels, um dem Ernſt Wagner Platz zu machen.
Man wollte aber bei meiner Anweſenheit in Uden-
heim nichts vornehmen, weil ich, als Freund des
Pfarrers, mich gewiß den Machinationen der nieder-
traͤchtiger Kabale widerſetzt haͤtte. Allein zum Un-
gluͤck fuͤr Thiels verreißte ich auf einige Tage zu mei-
nem Vater. Gleich den folgenden Tag kam Herr
von Koͤth, Hettersdorf und Hebel nach Udenheim,
und brachten es theils durch Drohungen, theils durch
gute Worte dahin, daß Thiels gegen 800 Gulden
ſeine Pfarrei reſignirte, und dies eigenhaͤndig unter-
ſchrieb. Als ich zuruͤck kam, erfuhr ich den dummen
Streich, den Thiels gemacht hatte, und aͤrgerte
mich nicht wenig. Selbſt Thiels bereute ſeine Toll-
heit, und heulte wie ein armer Knabe, der ſeinen
Kreuzer verloren hat. Ich lief den andern Tag nach
Mainz, und ſagte dem Herrn von Koͤth, und ſei-
nem Amtmann gerade heraus, daß die Reſignation
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/339>, abgerufen am 25.11.2024.
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