Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

einem dem Mainzischen Grafen von Elz gehörigen
Dörfchen, als Pfarrer. Hier hatte er eine schlechte
Besoldung, und suchte Gelegenheit zu einer bessern.
Er hörte, daß der Pfarrer Thiels nicht recht bei
Gelde sey, und glaubte, durch seine Bekannte in
Mainz dessen Stelle erhalten zu können. Diese Be-
kannte waren der Vikariats-Rath Hettersdorf,
der Karthäuserpater Heinrich g) das Orakel des
Herrn von Köth, der Amtmann Hebel und ein
Erzschuft, Namens Brandenburger. Alle diese
Leute waren bei dem Herrn von Köth sehr angese-
hen: den Hettersdorf und P. Heinrichen hielt er gar
für Heilige! Hebel war sein Beamter, dem er alle
seine Geschäfte überließ. Denn der Herr Kammer-
herr waren schwachen Geistes, und Brandenburger
sorgte so für seine menus plaisirs: er ist nämlich als
ein großer Hurenspediteur in Mainz bekannt, ich
meyne den Brandenburger, und versieht Hochwürdige
Gnaden, Excellenzen und Kaufmannsdiener mit leich-
ter Waare, wenn er nur Geld bekömmt. Das mag
denn nun seyn; daß aber Leute von Karakter diesen

g) Das scheint ein Widerspruch zu seyn, da die strenge
Regel der Kathensermönche bekannt ist. Aber diese
Herren bekümmern sich in ihren Zellen auch noch ums
Sekulum, und wissen gut genug, was darin vorgeht.
Pater Heinrich war einer von denen, die sich ums
memento mori blutwenig bekümmern.

einem dem Mainziſchen Grafen von Elz gehoͤrigen
Doͤrfchen, als Pfarrer. Hier hatte er eine ſchlechte
Beſoldung, und ſuchte Gelegenheit zu einer beſſern.
Er hoͤrte, daß der Pfarrer Thiels nicht recht bei
Gelde ſey, und glaubte, durch ſeine Bekannte in
Mainz deſſen Stelle erhalten zu koͤnnen. Dieſe Be-
kannte waren der Vikariats-Rath Hettersdorf,
der Karthaͤuſerpater Heinrich g) das Orakel des
Herrn von Koͤth, der Amtmann Hebel und ein
Erzſchuft, Namens Brandenburger. Alle dieſe
Leute waren bei dem Herrn von Koͤth ſehr angeſe-
hen: den Hettersdorf und P. Heinrichen hielt er gar
fuͤr Heilige! Hebel war ſein Beamter, dem er alle
ſeine Geſchaͤfte uͤberließ. Denn der Herr Kammer-
herr waren ſchwachen Geiſtes, und Brandenburger
ſorgte ſo fuͤr ſeine menus plaiſirs: er iſt naͤmlich als
ein großer Hurenſpediteur in Mainz bekannt, ich
meyne den Brandenburger, und verſieht Hochwuͤrdige
Gnaden, Excellenzen und Kaufmannsdiener mit leich-
ter Waare, wenn er nur Geld bekoͤmmt. Das mag
denn nun ſeyn; daß aber Leute von Karakter dieſen

g) Das ſcheint ein Widerſpruch zu ſeyn, da die ſtrenge
Regel der Kathenſermoͤnche bekannt iſt. Aber dieſe
Herren bekuͤmmern ſich in ihren Zellen auch noch ums
Sekulum, und wiſſen gut genug, was darin vorgeht.
Pater Heinrich war einer von denen, die ſich ums
memento mori blutwenig bekuͤmmern.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0338" n="324"/>
einem dem Mainzi&#x017F;chen Grafen von <hi rendition="#g">Elz</hi> geho&#x0364;rigen<lb/>
Do&#x0364;rfchen, als Pfarrer. Hier hatte er eine &#x017F;chlechte<lb/>
Be&#x017F;oldung, und &#x017F;uchte Gelegenheit zu einer be&#x017F;&#x017F;ern.<lb/>
Er ho&#x0364;rte, daß der Pfarrer <hi rendition="#g">Thiels</hi> nicht recht bei<lb/>
Gelde &#x017F;ey, und glaubte, durch &#x017F;eine Bekannte in<lb/>
Mainz de&#x017F;&#x017F;en Stelle erhalten zu ko&#x0364;nnen. Die&#x017F;e Be-<lb/>
kannte waren der Vikariats-Rath <hi rendition="#g">Hettersdorf</hi>,<lb/>
der Kartha&#x0364;u&#x017F;erpater <hi rendition="#g">Heinrich</hi> <note place="foot" n="g)">Das &#x017F;cheint ein Wider&#x017F;pruch zu &#x017F;eyn, da die &#x017F;trenge<lb/>
Regel der Kathen&#x017F;ermo&#x0364;nche bekannt i&#x017F;t. Aber die&#x017F;e<lb/>
Herren beku&#x0364;mmern &#x017F;ich in ihren Zellen auch noch ums<lb/>
Sekulum, und wi&#x017F;&#x017F;en gut genug, was darin vorgeht.<lb/>
Pater Heinrich war einer von denen, die &#x017F;ich ums<lb/><hi rendition="#aq">memento mori</hi> blutwenig beku&#x0364;mmern.</note> das Orakel des<lb/>
Herrn von <hi rendition="#g">Ko&#x0364;th</hi>, der Amtmann <hi rendition="#g">Hebel</hi> und ein<lb/>
Erz&#x017F;chuft, Namens <hi rendition="#g">Brandenburger</hi>. Alle die&#x017F;e<lb/>
Leute waren bei dem Herrn von <hi rendition="#g">Ko&#x0364;th</hi> &#x017F;ehr ange&#x017F;e-<lb/>
hen: den Hettersdorf und P. Heinrichen hielt er gar<lb/>
fu&#x0364;r Heilige! Hebel war &#x017F;ein Beamter, dem er alle<lb/>
&#x017F;eine Ge&#x017F;cha&#x0364;fte u&#x0364;berließ. Denn der Herr Kammer-<lb/>
herr waren &#x017F;chwachen Gei&#x017F;tes, und Brandenburger<lb/>
&#x017F;orgte &#x017F;o fu&#x0364;r &#x017F;eine <hi rendition="#aq">menus plai&#x017F;irs</hi>: er i&#x017F;t na&#x0364;mlich als<lb/>
ein großer Huren&#x017F;pediteur in Mainz bekannt, ich<lb/>
meyne den Brandenburger, und ver&#x017F;ieht Hochwu&#x0364;rdige<lb/>
Gnaden, Excellenzen und Kaufmannsdiener mit leich-<lb/>
ter Waare, wenn er nur Geld beko&#x0364;mmt. Das mag<lb/>
denn nun &#x017F;eyn; daß aber Leute von Karakter die&#x017F;en<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[324/0338] einem dem Mainziſchen Grafen von Elz gehoͤrigen Doͤrfchen, als Pfarrer. Hier hatte er eine ſchlechte Beſoldung, und ſuchte Gelegenheit zu einer beſſern. Er hoͤrte, daß der Pfarrer Thiels nicht recht bei Gelde ſey, und glaubte, durch ſeine Bekannte in Mainz deſſen Stelle erhalten zu koͤnnen. Dieſe Be- kannte waren der Vikariats-Rath Hettersdorf, der Karthaͤuſerpater Heinrich g) das Orakel des Herrn von Koͤth, der Amtmann Hebel und ein Erzſchuft, Namens Brandenburger. Alle dieſe Leute waren bei dem Herrn von Koͤth ſehr angeſe- hen: den Hettersdorf und P. Heinrichen hielt er gar fuͤr Heilige! Hebel war ſein Beamter, dem er alle ſeine Geſchaͤfte uͤberließ. Denn der Herr Kammer- herr waren ſchwachen Geiſtes, und Brandenburger ſorgte ſo fuͤr ſeine menus plaiſirs: er iſt naͤmlich als ein großer Hurenſpediteur in Mainz bekannt, ich meyne den Brandenburger, und verſieht Hochwuͤrdige Gnaden, Excellenzen und Kaufmannsdiener mit leich- ter Waare, wenn er nur Geld bekoͤmmt. Das mag denn nun ſeyn; daß aber Leute von Karakter dieſen g) Das ſcheint ein Widerſpruch zu ſeyn, da die ſtrenge Regel der Kathenſermoͤnche bekannt iſt. Aber dieſe Herren bekuͤmmern ſich in ihren Zellen auch noch ums Sekulum, und wiſſen gut genug, was darin vorgeht. Pater Heinrich war einer von denen, die ſich ums memento mori blutwenig bekuͤmmern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/338
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/338>, abgerufen am 18.05.2024.