notte, dessen Buch ich auch schon in Händen gehabt hätte, der Mann gar nicht sey, den ich wünschte. Je nun, versetzte Herr Stark gähnend, wenn Ih- nen der keine Genüge leistet; so lesen Sie Lessen: der ist auch gut. Ich dächte aber, Sie hätten auf Universitäten in den Lektionen über Dogmatik genug wider die Freigeister gehört: damit könnten Sie zu- frieden seyn. -- Ich glaube nicht, daß der Mann im Ernst so sprach: vielleicht hatte er seine Rücksich- ten: vielleicht wollte er meiner los seyn. -- Ich ging auch bald weg, und ärgerte mich über das un- freundliche Wesen des Ehrenmannes, hernach habe ich mehrere gesprochen, welche eben so von Herrn Stark waren empfangen worden. Seine Predigt habe ich auch besucht; aber eben nichts sonderbares gehört: das Koncept und die Aktion waren beide sehr mittelmäßig. In Darmstadt führte er ein Leben, wie ein Einsiedler, ging mit keiner Seele um, und wurde von Niemanden besucht: man hielt ihn für stolz und leutscheu. Und so ist er noch, wie man mir gesagt hat. Der Kryptojesuitismus hat dem armen Mann viel Verdruß, und seine dabei bewiesene Hef- tigkeit viel Schande gemacht, eben so wie dem Buch- händler Fleischer zu Frankfurt am Main -- großen Schaden. Das geht mich aber weiter nicht an.
Auf diese Art gehörte ich nun in die Zahl der Darmstädter Kandidaten, und erhielt ein vortreffli-
notte, deſſen Buch ich auch ſchon in Haͤnden gehabt haͤtte, der Mann gar nicht ſey, den ich wuͤnſchte. Je nun, verſetzte Herr Stark gaͤhnend, wenn Ih- nen der keine Genuͤge leiſtet; ſo leſen Sie Leſſen: der iſt auch gut. Ich daͤchte aber, Sie haͤtten auf Univerſitaͤten in den Lektionen uͤber Dogmatik genug wider die Freigeiſter gehoͤrt: damit koͤnnten Sie zu- frieden ſeyn. — Ich glaube nicht, daß der Mann im Ernſt ſo ſprach: vielleicht hatte er ſeine Ruͤckſich- ten: vielleicht wollte er meiner los ſeyn. — Ich ging auch bald weg, und aͤrgerte mich uͤber das un- freundliche Weſen des Ehrenmannes, hernach habe ich mehrere geſprochen, welche eben ſo von Herrn Stark waren empfangen worden. Seine Predigt habe ich auch beſucht; aber eben nichts ſonderbares gehoͤrt: das Koncept und die Aktion waren beide ſehr mittelmaͤßig. In Darmſtadt fuͤhrte er ein Leben, wie ein Einſiedler, ging mit keiner Seele um, und wurde von Niemanden beſucht: man hielt ihn fuͤr ſtolz und leutſcheu. Und ſo iſt er noch, wie man mir geſagt hat. Der Kryptojeſuitismus hat dem armen Mann viel Verdruß, und ſeine dabei bewieſene Hef- tigkeit viel Schande gemacht, eben ſo wie dem Buch- haͤndler Fleiſcher zu Frankfurt am Main — großen Schaden. Das geht mich aber weiter nicht an.
Auf dieſe Art gehoͤrte ich nun in die Zahl der Darmſtaͤdter Kandidaten, und erhielt ein vortreffli-
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notte, deſſen Buch ich auch ſchon in Haͤnden gehabt
haͤtte, der Mann gar nicht ſey, den ich wuͤnſchte.
Je nun, verſetzte Herr Stark gaͤhnend, wenn Ih-
nen der keine Genuͤge leiſtet; ſo leſen Sie Leſſen:
der iſt auch gut. Ich daͤchte aber, Sie haͤtten auf
Univerſitaͤten in den Lektionen uͤber Dogmatik genug
wider die Freigeiſter gehoͤrt: damit koͤnnten Sie zu-
frieden ſeyn. — Ich glaube nicht, daß der Mann
im Ernſt ſo ſprach: vielleicht hatte er ſeine Ruͤckſich-
ten: vielleicht wollte er meiner los ſeyn. — Ich
ging auch bald weg, und aͤrgerte mich uͤber das un-
freundliche Weſen des Ehrenmannes, hernach habe
ich mehrere geſprochen, welche eben ſo von Herrn
Stark waren empfangen worden. Seine Predigt
habe ich auch beſucht; aber eben nichts ſonderbares
gehoͤrt: das Koncept und die Aktion waren beide ſehr
mittelmaͤßig. In Darmſtadt fuͤhrte er ein Leben,
wie ein Einſiedler, ging mit keiner Seele um, und
wurde von Niemanden beſucht: man hielt ihn fuͤr
ſtolz und leutſcheu. Und ſo iſt er noch, wie man mir
geſagt hat. Der Kryptojeſuitismus hat dem armen
Mann viel Verdruß, und ſeine dabei bewieſene Hef-
tigkeit viel Schande gemacht, eben ſo wie dem Buch-
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Auf dieſe Art gehoͤrte ich nun in die Zahl der
Darmſtaͤdter Kandidaten, und erhielt ein vortreffli-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/332>, abgerufen am 24.11.2024.
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