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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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darf ich nicht erst sagen: das haben unsre Herren
Pädagogen schon bis zum Eckel gesagt. Aber diese
Herren haben wieder auf der andern Seite darin ge-
irrt, daß sie die Geschichte und alles Studium der
ältern Sprachen, besonders der lateinischen, die ih-
nen Jalappenharz zu seyn scheint f), versäumen.

Vom Schönschreiben war mein Vater kein
Freund: docti male pingunt, sagte er: und so
war es hinlänglich, wenn ich nur schreiben,
d. i. Kratzfüße machen konnte. Er gieng hierbei
in seiner Pedanterie so weit, daß er den Verfas-
ser eines von Seiten der Schriftzüge schön geschrie-
benen Briefes, jedesmal für einen Ignoranten er-
klärte.

Diesem Vorurtheile meines Vaters verdanke ich
es, daß ich immer elend und unleserlich geschrieben,
und dadurch schon mehrere Flüche und Verwünschun-
gen der Drucksetzer verdient habe. Ich habe mich
zwar selbst geübt, nach Vorschriften zu schreiben;
aber was ich dadurch gewann, ging hernach durch
das Nachschreiben in den Kollegien auf den Univer-
sitäten wiederum verloren.


f) Man sehe die Edukationsschriften hin und wieder,
und vergleiche damit des trefflichen Dresdner Krebs
Vannus Critica in inanes paleas Basedowii: desgl.
den zweiten Theil des herrlichen Romans - Hille-
brand.

darf ich nicht erſt ſagen: das haben unſre Herren
Paͤdagogen ſchon bis zum Eckel geſagt. Aber dieſe
Herren haben wieder auf der andern Seite darin ge-
irrt, daß ſie die Geſchichte und alles Studium der
aͤltern Sprachen, beſonders der lateiniſchen, die ih-
nen Jalappenharz zu ſeyn ſcheint f), verſaͤumen.

Vom Schoͤnſchreiben war mein Vater kein
Freund: docti male pingunt, ſagte er: und ſo
war es hinlaͤnglich, wenn ich nur ſchreiben,
d. i. Kratzfuͤße machen konnte. Er gieng hierbei
in ſeiner Pedanterie ſo weit, daß er den Verfaſ-
ſer eines von Seiten der Schriftzuͤge ſchoͤn geſchrie-
benen Briefes, jedesmal fuͤr einen Ignoranten er-
klaͤrte.

Dieſem Vorurtheile meines Vaters verdanke ich
es, daß ich immer elend und unleſerlich geſchrieben,
und dadurch ſchon mehrere Fluͤche und Verwuͤnſchun-
gen der Druckſetzer verdient habe. Ich habe mich
zwar ſelbſt geuͤbt, nach Vorſchriften zu ſchreiben;
aber was ich dadurch gewann, ging hernach durch
das Nachſchreiben in den Kollegien auf den Univer-
ſitaͤten wiederum verloren.


f) Man ſehe die Edukationsſchriften hin und wieder,
und vergleiche damit des trefflichen Dresdner Krebs
Vannus Critica in inanes paleas Baſedowii: desgl.
den zweiten Theil des herrlichen Romans – Hille-
brand.
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[16/0030] darf ich nicht erſt ſagen: das haben unſre Herren Paͤdagogen ſchon bis zum Eckel geſagt. Aber dieſe Herren haben wieder auf der andern Seite darin ge- irrt, daß ſie die Geſchichte und alles Studium der aͤltern Sprachen, beſonders der lateiniſchen, die ih- nen Jalappenharz zu ſeyn ſcheint f), verſaͤumen. Vom Schoͤnſchreiben war mein Vater kein Freund: docti male pingunt, ſagte er: und ſo war es hinlaͤnglich, wenn ich nur ſchreiben, d. i. Kratzfuͤße machen konnte. Er gieng hierbei in ſeiner Pedanterie ſo weit, daß er den Verfaſ- ſer eines von Seiten der Schriftzuͤge ſchoͤn geſchrie- benen Briefes, jedesmal fuͤr einen Ignoranten er- klaͤrte. Dieſem Vorurtheile meines Vaters verdanke ich es, daß ich immer elend und unleſerlich geſchrieben, und dadurch ſchon mehrere Fluͤche und Verwuͤnſchun- gen der Druckſetzer verdient habe. Ich habe mich zwar ſelbſt geuͤbt, nach Vorſchriften zu ſchreiben; aber was ich dadurch gewann, ging hernach durch das Nachſchreiben in den Kollegien auf den Univer- ſitaͤten wiederum verloren. f) Man ſehe die Edukationsſchriften hin und wieder, und vergleiche damit des trefflichen Dresdner Krebs Vannus Critica in inanes paleas Baſedowii: desgl. den zweiten Theil des herrlichen Romans – Hille- brand.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/30>, abgerufen am 21.11.2024.