und alles Lob der Bauern davon getragen. Diese lagen mir nun, nach seinem Absterben äusserst an, mich zur Pfarre zu melden. Ich wollte anfangs nicht: weil es aber eine sehr gute Stelle war; so drang auch mein Vater darauf, daß ich mich melden sollte. Ich that es, und gab eine Bittschrift bei dem Gra- fen, oder vielmehr des Grafen Beamten, dem Hof- rath Schott zu Mainz ein. Dieser Hofrath ist ein rüder unwissender Mensch, welcher vorher hinter der Kutsche gestanden hatte. Er sagte mir gerade heraus: "Herr, Sie müssen die Frau nehmen, sonst "kriegen Sie die Pfarre schwerlich." Ich gab ihm zu verstehen, daß es wider meine Grundsätze wäre, je ein Frauenzimmer zu heurathen, das mich an Al- ter überträfe, und schon zwei Männer gehabt hätte. Der Hofrath bedaurte meine Delikatesse; versprach aber doch, die Sache beßtens zu besorgen.
Ich traute dem Menschen nicht recht, und schrieb gerade an den Grafen nach Wien, der mir zwar auch sehr artig antwortete; aber zugleich zu verstehen gab, daß die Sache nicht mehr ganz von ihm abhinge, indem er dieselbe bereits einem andern übergeben hätte; doch wollte er sehen, was sich für mich noch thun ließe. Als mein Vater diesen Brief gelesen hatte, rieth er mir, alle Hoffnung aufzuge- ben: weil ich durchfallen würde. Er hatte recht: denn nicht lange darauf heurathete die Frau einen
und alles Lob der Bauern davon getragen. Dieſe lagen mir nun, nach ſeinem Abſterben aͤuſſerſt an, mich zur Pfarre zu melden. Ich wollte anfangs nicht: weil es aber eine ſehr gute Stelle war; ſo drang auch mein Vater darauf, daß ich mich melden ſollte. Ich that es, und gab eine Bittſchrift bei dem Gra- fen, oder vielmehr des Grafen Beamten, dem Hof- rath Schott zu Mainz ein. Dieſer Hofrath iſt ein ruͤder unwiſſender Menſch, welcher vorher hinter der Kutſche geſtanden hatte. Er ſagte mir gerade heraus: „Herr, Sie muͤſſen die Frau nehmen, ſonſt „kriegen Sie die Pfarre ſchwerlich.“ Ich gab ihm zu verſtehen, daß es wider meine Grundſaͤtze waͤre, je ein Frauenzimmer zu heurathen, das mich an Al- ter uͤbertraͤfe, und ſchon zwei Maͤnner gehabt haͤtte. Der Hofrath bedaurte meine Delikateſſe; verſprach aber doch, die Sache beßtens zu beſorgen.
Ich traute dem Menſchen nicht recht, und ſchrieb gerade an den Grafen nach Wien, der mir zwar auch ſehr artig antwortete; aber zugleich zu verſtehen gab, daß die Sache nicht mehr ganz von ihm abhinge, indem er dieſelbe bereits einem andern uͤbergeben haͤtte; doch wollte er ſehen, was ſich fuͤr mich noch thun ließe. Als mein Vater dieſen Brief geleſen hatte, rieth er mir, alle Hoffnung aufzuge- ben: weil ich durchfallen wuͤrde. Er hatte recht: denn nicht lange darauf heurathete die Frau einen
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und alles Lob der Bauern davon getragen. Dieſe
lagen mir nun, nach ſeinem Abſterben aͤuſſerſt an,
mich zur Pfarre zu melden. Ich wollte anfangs
nicht: weil es aber eine ſehr gute Stelle war; ſo drang
auch mein Vater darauf, daß ich mich melden ſollte.
Ich that es, und gab eine Bittſchrift bei dem Gra-
fen, oder vielmehr des Grafen Beamten, dem Hof-
rath Schott zu Mainz ein. Dieſer Hofrath iſt
ein ruͤder unwiſſender Menſch, welcher vorher hinter
der Kutſche geſtanden hatte. Er ſagte mir gerade
heraus: „Herr, Sie muͤſſen die Frau nehmen, ſonſt
„kriegen Sie die Pfarre ſchwerlich.“ Ich gab ihm
zu verſtehen, daß es wider meine Grundſaͤtze waͤre,
je ein Frauenzimmer zu heurathen, das mich an Al-
ter uͤbertraͤfe, und ſchon zwei Maͤnner gehabt haͤtte.
Der Hofrath bedaurte meine Delikateſſe; verſprach
aber doch, die Sache beßtens zu beſorgen.
Ich traute dem Menſchen nicht recht, und
ſchrieb gerade an den Grafen nach Wien, der mir
zwar auch ſehr artig antwortete; aber zugleich zu
verſtehen gab, daß die Sache nicht mehr ganz von
ihm abhinge, indem er dieſelbe bereits einem andern
uͤbergeben haͤtte; doch wollte er ſehen, was ſich fuͤr
mich noch thun ließe. Als mein Vater dieſen Brief
geleſen hatte, rieth er mir, alle Hoffnung aufzuge-
ben: weil ich durchfallen wuͤrde. Er hatte recht:
denn nicht lange darauf heurathete die Frau einen
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/296>, abgerufen am 15.01.2025.
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