sern Wein trinken, und der guten Atzung wegen, auch dickere Bäuche haben, als die lutherischen.
Mein Vater wollte nun nicht haben, daß ich in der Kurpfalz Pfarrer werden sollte: dazu, meinte er, hätte ich zu viel gelernt. Ich hatte auch nicht Lust, mich dem traurigen Joch des Pfälzischen Kon- sistoriums und der Tirannei der Oberamtmänner zu unterwerfen: überhaupt verlangte mich damals nicht nach einem Amte, welches nur meine Vergnügungen würde erschwert haben.
In unsrer Grafschaft war zwar eine nicht schlechte Stelle aufgegangen, welche mir als einem Landeskinde gebührt hätte: allein der Herr Konsisto- rialrath Dietsch, ein sonst braver Mann, und der damalige Administrator der Grafschaft Herr von Zwirlein, waren von einem Ausländer durch Geld präoccupirt worden, der denn auch die Pfarre er- hielt.
Aber da starb im Herbst 1779 der Pfarrer Ritterspacher in Badenheim, einem dem Gra- fen Schönborn, Heusenstamscher Linie, zugehörigem Dorfe. Ritterspracher war mein Freund und Uni- versitätsbruder gewesen, und hatte die Wittwe seines Vorgängers geheurathet. Weil er aber auf der Aka- demie sehr akademisch gelebt hatte; so bekam er die Schwindsucht und muste abfahren. Während seiner Kränklichkeit hatte ich einigemal für ihn gepredigt,
ſern Wein trinken, und der guten Atzung wegen, auch dickere Baͤuche haben, als die lutheriſchen.
Mein Vater wollte nun nicht haben, daß ich in der Kurpfalz Pfarrer werden ſollte: dazu, meinte er, haͤtte ich zu viel gelernt. Ich hatte auch nicht Luſt, mich dem traurigen Joch des Pfaͤlziſchen Kon- ſiſtoriums und der Tirannei der Oberamtmaͤnner zu unterwerfen: uͤberhaupt verlangte mich damals nicht nach einem Amte, welches nur meine Vergnuͤgungen wuͤrde erſchwert haben.
In unſrer Grafſchaft war zwar eine nicht ſchlechte Stelle aufgegangen, welche mir als einem Landeskinde gebuͤhrt haͤtte: allein der Herr Konſiſto- rialrath Dietſch, ein ſonſt braver Mann, und der damalige Adminiſtrator der Grafſchaft Herr von Zwirlein, waren von einem Auslaͤnder durch Geld praͤoccupirt worden, der denn auch die Pfarre er- hielt.
Aber da ſtarb im Herbſt 1779 der Pfarrer Ritterſpacher in Badenheim, einem dem Gra- fen Schoͤnborn, Heuſenſtamſcher Linie, zugehoͤrigem Dorfe. Ritterſpracher war mein Freund und Uni- verſitaͤtsbruder geweſen, und hatte die Wittwe ſeines Vorgaͤngers geheurathet. Weil er aber auf der Aka- demie ſehr akademiſch gelebt hatte; ſo bekam er die Schwindſucht und muſte abfahren. Waͤhrend ſeiner Kraͤnklichkeit hatte ich einigemal fuͤr ihn gepredigt,
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ſern Wein trinken, und der guten Atzung wegen,
auch dickere Baͤuche haben, als die lutheriſchen.
Mein Vater wollte nun nicht haben, daß ich
in der Kurpfalz Pfarrer werden ſollte: dazu, meinte
er, haͤtte ich zu viel gelernt. Ich hatte auch nicht
Luſt, mich dem traurigen Joch des Pfaͤlziſchen Kon-
ſiſtoriums und der Tirannei der Oberamtmaͤnner zu
unterwerfen: uͤberhaupt verlangte mich damals nicht
nach einem Amte, welches nur meine Vergnuͤgungen
wuͤrde erſchwert haben.
In unſrer Grafſchaft war zwar eine nicht
ſchlechte Stelle aufgegangen, welche mir als einem
Landeskinde gebuͤhrt haͤtte: allein der Herr Konſiſto-
rialrath Dietſch, ein ſonſt braver Mann, und der
damalige Adminiſtrator der Grafſchaft Herr von
Zwirlein, waren von einem Auslaͤnder durch Geld
praͤoccupirt worden, der denn auch die Pfarre er-
hielt.
Aber da ſtarb im Herbſt 1779 der Pfarrer
Ritterſpacher in Badenheim, einem dem Gra-
fen Schoͤnborn, Heuſenſtamſcher Linie, zugehoͤrigem
Dorfe. Ritterſpracher war mein Freund und Uni-
verſitaͤtsbruder geweſen, und hatte die Wittwe ſeines
Vorgaͤngers geheurathet. Weil er aber auf der Aka-
demie ſehr akademiſch gelebt hatte; ſo bekam er die
Schwindſucht und muſte abfahren. Waͤhrend ſeiner
Kraͤnklichkeit hatte ich einigemal fuͤr ihn gepredigt,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/295>, abgerufen am 15.01.2025.
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