zischen lutherischen Gottesmann einhertreten sieht, mit einem alten verschabten Rock, der ehedem schwarz war, nun aber wegen des marasmus senilis, wie D. Bahrdt von seinem Hut sagt, ins rothe fällt -- mit einer Perücke, die in zehn Jahren nicht in die Hände des Friseurs gekommen ist -- mit Hosen, die den Hosen eines Schusters in allem gleich kommen, sogar in Absicht des Glanzes, und mit Wäsche, wie sie die Bootsknechte tragen. -- Aber freilich der Mann kann sich nichts besseres anschaffen: es ist der Anzug, welcher bei seiner Ordination neu war, und ihm sein ganzes Leben hindurch dienen muß.
Das Innere dieser Herren stimmt vollkommen mit ihrem Aeußern überein, und wenn je das Sprich- wort wahr ist: "man siehts einem an den Federn "an, was er für ein Vogel ist;" so ist es gewiß von den lutherischen Herren Pfarrern in der Pfalz wahr. Darunter findet man die allerkrassesten Ignoranten, welche kaum ihren Namen schreiben und lateinisch lesen können. Sie sind zwar auf Universitäten ge- wesen, weil sie aber schlecht unterrichtet dahin kamen; so lernten sie auch da nichts: und der gänzliche Man- gel an Büchern -- einige alte Schunken und Postil- len, welche vom Vater auf den Sohn fort erben, ausgenommen -- verbietet ihnen weiter zu studieren. Aber wenn man ihnen auch Bücher geben wollte; so würde ihre krasse Orthodoxie, welche allemal bei
ziſchen lutheriſchen Gottesmann einhertreten ſieht, mit einem alten verſchabten Rock, der ehedem ſchwarz war, nun aber wegen des marasmus ſenilis, wie D. Bahrdt von ſeinem Hut ſagt, ins rothe faͤllt — mit einer Peruͤcke, die in zehn Jahren nicht in die Haͤnde des Friſeurs gekommen iſt — mit Hoſen, die den Hoſen eines Schuſters in allem gleich kommen, ſogar in Abſicht des Glanzes, und mit Waͤſche, wie ſie die Bootsknechte tragen. — Aber freilich der Mann kann ſich nichts beſſeres anſchaffen: es iſt der Anzug, welcher bei ſeiner Ordination neu war, und ihm ſein ganzes Leben hindurch dienen muß.
Das Innere dieſer Herren ſtimmt vollkommen mit ihrem Aeußern uͤberein, und wenn je das Sprich- wort wahr iſt: „man ſiehts einem an den Federn „an, was er fuͤr ein Vogel iſt;“ ſo iſt es gewiß von den lutheriſchen Herren Pfarrern in der Pfalz wahr. Darunter findet man die allerkraſſeſten Ignoranten, welche kaum ihren Namen ſchreiben und lateiniſch leſen koͤnnen. Sie ſind zwar auf Univerſitaͤten ge- weſen, weil ſie aber ſchlecht unterrichtet dahin kamen; ſo lernten ſie auch da nichts: und der gaͤnzliche Man- gel an Buͤchern — einige alte Schunken und Poſtil- len, welche vom Vater auf den Sohn fort erben, ausgenommen — verbietet ihnen weiter zu ſtudieren. Aber wenn man ihnen auch Buͤcher geben wollte; ſo wuͤrde ihre kraſſe Orthodoxie, welche allemal bei
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0293"n="279"/>
ziſchen lutheriſchen Gottesmann einhertreten ſieht,<lb/>
mit einem alten verſchabten Rock, der ehedem ſchwarz<lb/>
war, nun aber wegen des <hirendition="#aq">marasmus ſenilis,</hi> wie<lb/><hirendition="#aq">D.</hi> Bahrdt von ſeinem Hut ſagt, ins rothe faͤllt —<lb/>
mit einer Peruͤcke, die in zehn Jahren nicht in die<lb/>
Haͤnde des Friſeurs gekommen iſt — mit Hoſen, die<lb/>
den Hoſen eines Schuſters in allem gleich kommen,<lb/>ſogar in Abſicht des Glanzes, und mit Waͤſche, wie<lb/>ſie die Bootsknechte tragen. — Aber freilich der<lb/>
Mann kann ſich nichts beſſeres anſchaffen: es iſt der<lb/>
Anzug, welcher bei ſeiner Ordination neu war, und<lb/>
ihm ſein ganzes Leben hindurch dienen muß.</p><lb/><p>Das Innere dieſer Herren ſtimmt vollkommen<lb/>
mit ihrem Aeußern uͤberein, und wenn je das Sprich-<lb/>
wort wahr iſt: „man ſiehts einem an den Federn<lb/>„an, was er fuͤr ein Vogel iſt;“ſo iſt es gewiß von<lb/>
den lutheriſchen Herren Pfarrern in der Pfalz wahr.<lb/>
Darunter findet man die allerkraſſeſten Ignoranten,<lb/>
welche kaum ihren Namen ſchreiben und lateiniſch<lb/>
leſen koͤnnen. Sie ſind zwar auf Univerſitaͤten ge-<lb/>
weſen, weil ſie aber ſchlecht unterrichtet dahin kamen;<lb/>ſo lernten ſie auch da nichts: und der gaͤnzliche Man-<lb/>
gel an Buͤchern — einige alte Schunken und Poſtil-<lb/>
len, welche vom Vater auf den Sohn fort erben,<lb/>
ausgenommen — verbietet ihnen weiter zu ſtudieren.<lb/>
Aber wenn man ihnen auch Buͤcher geben wollte;<lb/>ſo wuͤrde ihre kraſſe Orthodoxie, welche allemal bei<lb/></p></div></body></text></TEI>
[279/0293]
ziſchen lutheriſchen Gottesmann einhertreten ſieht,
mit einem alten verſchabten Rock, der ehedem ſchwarz
war, nun aber wegen des marasmus ſenilis, wie
D. Bahrdt von ſeinem Hut ſagt, ins rothe faͤllt —
mit einer Peruͤcke, die in zehn Jahren nicht in die
Haͤnde des Friſeurs gekommen iſt — mit Hoſen, die
den Hoſen eines Schuſters in allem gleich kommen,
ſogar in Abſicht des Glanzes, und mit Waͤſche, wie
ſie die Bootsknechte tragen. — Aber freilich der
Mann kann ſich nichts beſſeres anſchaffen: es iſt der
Anzug, welcher bei ſeiner Ordination neu war, und
ihm ſein ganzes Leben hindurch dienen muß.
Das Innere dieſer Herren ſtimmt vollkommen
mit ihrem Aeußern uͤberein, und wenn je das Sprich-
wort wahr iſt: „man ſiehts einem an den Federn
„an, was er fuͤr ein Vogel iſt;“ ſo iſt es gewiß von
den lutheriſchen Herren Pfarrern in der Pfalz wahr.
Darunter findet man die allerkraſſeſten Ignoranten,
welche kaum ihren Namen ſchreiben und lateiniſch
leſen koͤnnen. Sie ſind zwar auf Univerſitaͤten ge-
weſen, weil ſie aber ſchlecht unterrichtet dahin kamen;
ſo lernten ſie auch da nichts: und der gaͤnzliche Man-
gel an Buͤchern — einige alte Schunken und Poſtil-
len, welche vom Vater auf den Sohn fort erben,
ausgenommen — verbietet ihnen weiter zu ſtudieren.
Aber wenn man ihnen auch Buͤcher geben wollte;
ſo wuͤrde ihre kraſſe Orthodoxie, welche allemal bei
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/293>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.