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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Gesellschafter dutzten sich alle, und nahmen einander
durchaus nichts übel. Unsre Gelage waren wenig-
stens so lustig und ausschweifend, wie die Studenten-
gelage in Jena oder Gießen.

Ein Umstand machte mich doch ein wenig auf-
merksam. Der Amtsschreiber Boger trieb Liebelei
mit der Tochter des reformirten Schulmeisters zu
Wonsheim, und ich, als sein fideler Kumpan,
begleitete ihn oft dahin, und blieb selbst oft ganze
Nächte mit ihm da, wo wir denn soffen und aller-
hand Zeug vornahmen. Nicht lange hernach hieß
es, das Mädchen sey schwanger, was es auch in
der That war; man wisse aber nicht, wer eigentlich
Urheber davon sey, Boger oder Laukhard: die Freun-
de mögten es wohl selbst nicht wissen. So wurde
ich also ausgetragen, und mein Ruf litte gewaltig
bei dieser scandalösen Relation. Endlich bekannte
sich Boger, auf des Mädchens Aussage, zum Vater
des Kindes, und ich war frei; doch wurde ich noch
manchmal damit geschoren, bis endlich die ganze
Sache einschlief.

Boger versündigte sich bald darauf am Amts-
verwalter Schönburg, und durfte nicht mehr in un-
sere Cirkel kommen. Er hat hernach Baumanns
Tochter geheurathet, und sich kurz nach der Hochzeit
todt gesoffen. Die skandalöse Chronik in der Pfalz
hat aber sein Ende noch garstiger erzählt.


Geſellſchafter dutzten ſich alle, und nahmen einander
durchaus nichts uͤbel. Unſre Gelage waren wenig-
ſtens ſo luſtig und ausſchweifend, wie die Studenten-
gelage in Jena oder Gießen.

Ein Umſtand machte mich doch ein wenig auf-
merkſam. Der Amtsſchreiber Boger trieb Liebelei
mit der Tochter des reformirten Schulmeiſters zu
Wonsheim, und ich, als ſein fideler Kumpan,
begleitete ihn oft dahin, und blieb ſelbſt oft ganze
Naͤchte mit ihm da, wo wir denn ſoffen und aller-
hand Zeug vornahmen. Nicht lange hernach hieß
es, das Maͤdchen ſey ſchwanger, was es auch in
der That war; man wiſſe aber nicht, wer eigentlich
Urheber davon ſey, Boger oder Laukhard: die Freun-
de moͤgten es wohl ſelbſt nicht wiſſen. So wurde
ich alſo ausgetragen, und mein Ruf litte gewaltig
bei dieſer ſcandaloͤſen Relation. Endlich bekannte
ſich Boger, auf des Maͤdchens Ausſage, zum Vater
des Kindes, und ich war frei; doch wurde ich noch
manchmal damit geſchoren, bis endlich die ganze
Sache einſchlief.

Boger verſuͤndigte ſich bald darauf am Amts-
verwalter Schoͤnburg, und durfte nicht mehr in un-
ſere Cirkel kommen. Er hat hernach Baumanns
Tochter geheurathet, und ſich kurz nach der Hochzeit
todt geſoffen. Die ſkandaloͤſe Chronik in der Pfalz
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[271/0285] Geſellſchafter dutzten ſich alle, und nahmen einander durchaus nichts uͤbel. Unſre Gelage waren wenig- ſtens ſo luſtig und ausſchweifend, wie die Studenten- gelage in Jena oder Gießen. Ein Umſtand machte mich doch ein wenig auf- merkſam. Der Amtsſchreiber Boger trieb Liebelei mit der Tochter des reformirten Schulmeiſters zu Wonsheim, und ich, als ſein fideler Kumpan, begleitete ihn oft dahin, und blieb ſelbſt oft ganze Naͤchte mit ihm da, wo wir denn ſoffen und aller- hand Zeug vornahmen. Nicht lange hernach hieß es, das Maͤdchen ſey ſchwanger, was es auch in der That war; man wiſſe aber nicht, wer eigentlich Urheber davon ſey, Boger oder Laukhard: die Freun- de moͤgten es wohl ſelbſt nicht wiſſen. So wurde ich alſo ausgetragen, und mein Ruf litte gewaltig bei dieſer ſcandaloͤſen Relation. Endlich bekannte ſich Boger, auf des Maͤdchens Ausſage, zum Vater des Kindes, und ich war frei; doch wurde ich noch manchmal damit geſchoren, bis endlich die ganze Sache einſchlief. Boger verſuͤndigte ſich bald darauf am Amts- verwalter Schoͤnburg, und durfte nicht mehr in un- ſere Cirkel kommen. Er hat hernach Baumanns Tochter geheurathet, und ſich kurz nach der Hochzeit todt geſoffen. Die ſkandaloͤſe Chronik in der Pfalz hat aber ſein Ende noch garſtiger erzaͤhlt.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/285>, abgerufen am 19.05.2024.