Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

und beehren den Philosophen mit ihrem ganzen Bei-
fall. So war es auch möglich, daß Voltaire so
viel Proselyten des Unglaubens anwarb. Er schrieb
nicht für Gelehrte: die, dachte er, mögen die
Berichtigung ihrer Denkungsart anderwärts suchen,
wenn sie klug sind. Er schrieb für Ungelehrte, für
Frauenzimmer, für Fürsten und für Kaufmannsdie-
ner: diesen sollten die Schuppen von den Augen weg-
fallen. Und wenn das so Voltaire's Zweck war, so
hat er seine Sachen wirklich klug eingerichtet. Alles
Geschrei der Gegner, von einem abgeschmackten Non-
notte an bis auf Herrn Leß, hat dem Manne an
seinem Kredit nicht schaden können. Den Nonnotte
liest kein Mensch mehr: Herr Leß wird nur von eini-
gen Geistlichen gelesen; Voltaire's Schriften aber
sind in allen Händen, sind beinahe in alle Sprachen
übersetzt, und werden dann auch noch mit Vergnü-
gen gelesen werden, wenn man lägst vergessen hat,
daß solche Gegner in der Welt gewesen sind. Doch
weiter im Text!

Ich hatte anfangs wenig Umgang. Herr
Haag, Amtskellner Job von Erbesbüdesheim,
Pfrarer Stuber und einige andre machten meine
Gesellschaft aus. Ich ging auf die Jagd, vergnügte
mich mit dem Feld- und Gartenbau, und lebte so
vollkommen vergnügt. Aber bald kam ich eine grös-
sere Verbindung, die mich wie ein Strom fortriß,

und beehren den Philoſophen mit ihrem ganzen Bei-
fall. So war es auch moͤglich, daß Voltaire ſo
viel Proſelyten des Unglaubens anwarb. Er ſchrieb
nicht fuͤr Gelehrte: die, dachte er, moͤgen die
Berichtigung ihrer Denkungsart anderwaͤrts ſuchen,
wenn ſie klug ſind. Er ſchrieb fuͤr Ungelehrte, fuͤr
Frauenzimmer, fuͤr Fuͤrſten und fuͤr Kaufmannsdie-
ner: dieſen ſollten die Schuppen von den Augen weg-
fallen. Und wenn das ſo Voltaire's Zweck war, ſo
hat er ſeine Sachen wirklich klug eingerichtet. Alles
Geſchrei der Gegner, von einem abgeſchmackten Non-
notte an bis auf Herrn Leß, hat dem Manne an
ſeinem Kredit nicht ſchaden koͤnnen. Den Nonnotte
lieſt kein Menſch mehr: Herr Leß wird nur von eini-
gen Geiſtlichen geleſen; Voltaire's Schriften aber
ſind in allen Haͤnden, ſind beinahe in alle Sprachen
uͤberſetzt, und werden dann auch noch mit Vergnuͤ-
gen geleſen werden, wenn man laͤgſt vergeſſen hat,
daß ſolche Gegner in der Welt geweſen ſind. Doch
weiter im Text!

Ich hatte anfangs wenig Umgang. Herr
Haag, Amtskellner Job von Erbesbuͤdesheim,
Pfrarer Stuber und einige andre machten meine
Geſellſchaft aus. Ich ging auf die Jagd, vergnuͤgte
mich mit dem Feld- und Gartenbau, und lebte ſo
vollkommen vergnuͤgt. Aber bald kam ich eine groͤſ-
ſere Verbindung, die mich wie ein Strom fortriß,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0283" n="269"/>
und beehren den Philo&#x017F;ophen mit ihrem ganzen Bei-<lb/>
fall. So war es auch mo&#x0364;glich, daß <hi rendition="#g">Voltaire</hi> &#x017F;o<lb/>
viel Pro&#x017F;elyten des Unglaubens anwarb. Er &#x017F;chrieb<lb/>
nicht fu&#x0364;r Gelehrte: die, dachte er, mo&#x0364;gen die<lb/>
Berichtigung ihrer Denkungsart anderwa&#x0364;rts &#x017F;uchen,<lb/>
wenn &#x017F;ie klug &#x017F;ind. Er &#x017F;chrieb fu&#x0364;r Ungelehrte, fu&#x0364;r<lb/>
Frauenzimmer, fu&#x0364;r Fu&#x0364;r&#x017F;ten und fu&#x0364;r Kaufmannsdie-<lb/>
ner: die&#x017F;en &#x017F;ollten die Schuppen von den Augen weg-<lb/>
fallen. Und wenn das &#x017F;o Voltaire's Zweck war, &#x017F;o<lb/>
hat er &#x017F;eine Sachen wirklich klug eingerichtet. Alles<lb/>
Ge&#x017F;chrei der Gegner, von einem abge&#x017F;chmackten Non-<lb/>
notte an bis auf Herrn <hi rendition="#g">Leß</hi>, hat dem Manne an<lb/>
&#x017F;einem Kredit nicht &#x017F;chaden ko&#x0364;nnen. Den Nonnotte<lb/>
lie&#x017F;t kein Men&#x017F;ch mehr: Herr Leß wird nur von eini-<lb/>
gen Gei&#x017F;tlichen gele&#x017F;en; Voltaire's Schriften aber<lb/>
&#x017F;ind in allen Ha&#x0364;nden, &#x017F;ind beinahe in alle Sprachen<lb/>
u&#x0364;ber&#x017F;etzt, und werden dann auch noch mit Vergnu&#x0364;-<lb/>
gen gele&#x017F;en werden, wenn man la&#x0364;g&#x017F;t verge&#x017F;&#x017F;en hat,<lb/>
daß &#x017F;olche Gegner in der Welt gewe&#x017F;en &#x017F;ind. Doch<lb/>
weiter im Text!</p><lb/>
        <p>Ich hatte anfangs wenig Umgang. Herr<lb/><hi rendition="#g">Haag</hi>, Amtskellner <hi rendition="#g">Job</hi> von Erbesbu&#x0364;desheim,<lb/>
Pfrarer <hi rendition="#g">Stuber</hi> und einige andre machten meine<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft aus. Ich ging auf die Jagd, vergnu&#x0364;gte<lb/>
mich mit dem Feld- und Gartenbau, und lebte &#x017F;o<lb/>
vollkommen vergnu&#x0364;gt. Aber bald kam ich eine gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ere Verbindung, die mich wie ein Strom fortriß,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0283] und beehren den Philoſophen mit ihrem ganzen Bei- fall. So war es auch moͤglich, daß Voltaire ſo viel Proſelyten des Unglaubens anwarb. Er ſchrieb nicht fuͤr Gelehrte: die, dachte er, moͤgen die Berichtigung ihrer Denkungsart anderwaͤrts ſuchen, wenn ſie klug ſind. Er ſchrieb fuͤr Ungelehrte, fuͤr Frauenzimmer, fuͤr Fuͤrſten und fuͤr Kaufmannsdie- ner: dieſen ſollten die Schuppen von den Augen weg- fallen. Und wenn das ſo Voltaire's Zweck war, ſo hat er ſeine Sachen wirklich klug eingerichtet. Alles Geſchrei der Gegner, von einem abgeſchmackten Non- notte an bis auf Herrn Leß, hat dem Manne an ſeinem Kredit nicht ſchaden koͤnnen. Den Nonnotte lieſt kein Menſch mehr: Herr Leß wird nur von eini- gen Geiſtlichen geleſen; Voltaire's Schriften aber ſind in allen Haͤnden, ſind beinahe in alle Sprachen uͤberſetzt, und werden dann auch noch mit Vergnuͤ- gen geleſen werden, wenn man laͤgſt vergeſſen hat, daß ſolche Gegner in der Welt geweſen ſind. Doch weiter im Text! Ich hatte anfangs wenig Umgang. Herr Haag, Amtskellner Job von Erbesbuͤdesheim, Pfrarer Stuber und einige andre machten meine Geſellſchaft aus. Ich ging auf die Jagd, vergnuͤgte mich mit dem Feld- und Gartenbau, und lebte ſo vollkommen vergnuͤgt. Aber bald kam ich eine groͤſ- ſere Verbindung, die mich wie ein Strom fortriß,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/283
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/283>, abgerufen am 22.11.2024.