Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Chi a dieci otto anni, e non e pazzo,
O buzzera, o fotte, o si mena il cazzo.

Latein konnte Badiggi reden wie Wasser, und Latein,
das sich immer hören ließ, das keine Schnitzer hatte.
Beiher hatte er eine große Belesenheit in jenen
freiern Schriften der Italiäner, welche das sechzehn-
te Jahrhundert erleuchtet haben, z. B. in denen des
Aretin, Pulci, Ariosto, Pallavicino, u.
a. m. Einen größern Zotenreisser und Lästerer aller
Religion, aller Sitten und aller Moral hab ich nie
gehört. Das waren aber in meinen Augen damals
Tugenden, und verbanden mich um so mehr mit
Badiggi, oder um besser zu sagen, sie machten, daß
ich seinen Umgang fleißig suchte, ohne jedoch seine
Person zu lieben oder zu schätzen. Dieser Mensch
genoß allerhand Unterstützungen, sowohl von Pro-
fessoren als von Studenten, welche letztern er mit
seinen Schwänken belustigte. Er erhielt auch Geld
von Auswärtigen. Endlich ist er heimlich entwichen,
nachdem er viele Leute geprellt, die Universitätsbi-
bliothek um 100 Thaler Bücher betrogen, und mehr
andre Lumpenstreiche begangen hatte.

Ich für mein Theil gewöhnte mir in dem Um-
gange mit diesem Menschen einen äußerst freien und
schlüpfrigen Ton, in Rücksicht auf die Religion und
ihre Lehren an: einen Ton, der mir, wie ich bald

Chi a dieci otto anni, e non é pazzo,
O buzzera, o fotte, o ſi mena il cazzo.

Latein konnte Badiggi reden wie Waſſer, und Latein,
das ſich immer hoͤren ließ, das keine Schnitzer hatte.
Beiher hatte er eine große Beleſenheit in jenen
freiern Schriften der Italiaͤner, welche das ſechzehn-
te Jahrhundert erleuchtet haben, z. B. in denen des
Aretin, Pulci, Arioſto, Pallavicino, u.
a. m. Einen groͤßern Zotenreiſſer und Laͤſterer aller
Religion, aller Sitten und aller Moral hab ich nie
gehoͤrt. Das waren aber in meinen Augen damals
Tugenden, und verbanden mich um ſo mehr mit
Badiggi, oder um beſſer zu ſagen, ſie machten, daß
ich ſeinen Umgang fleißig ſuchte, ohne jedoch ſeine
Perſon zu lieben oder zu ſchaͤtzen. Dieſer Menſch
genoß allerhand Unterſtuͤtzungen, ſowohl von Pro-
feſſoren als von Studenten, welche letztern er mit
ſeinen Schwaͤnken beluſtigte. Er erhielt auch Geld
von Auswaͤrtigen. Endlich iſt er heimlich entwichen,
nachdem er viele Leute geprellt, die Univerſitaͤtsbi-
bliothek um 100 Thaler Buͤcher betrogen, und mehr
andre Lumpenſtreiche begangen hatte.

Ich fuͤr mein Theil gewoͤhnte mir in dem Um-
gange mit dieſem Menſchen einen aͤußerſt freien und
ſchluͤpfrigen Ton, in Ruͤckſicht auf die Religion und
ihre Lehren an: einen Ton, der mir, wie ich bald

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0272" n="258"/>
        <p> <hi rendition="#aq">Chi a dieci otto anni, e non é pazzo,<lb/>
O buzzera, o fotte, o &#x017F;i mena il cazzo.</hi> </p><lb/>
        <p>Latein konnte Badiggi reden wie Wa&#x017F;&#x017F;er, und Latein,<lb/>
das &#x017F;ich immer ho&#x0364;ren ließ, das keine Schnitzer hatte.<lb/>
Beiher hatte er eine große Bele&#x017F;enheit in jenen<lb/>
freiern Schriften der Italia&#x0364;ner, welche das &#x017F;echzehn-<lb/>
te Jahrhundert erleuchtet haben, z. B. in denen des<lb/><hi rendition="#g">Aretin</hi>, <hi rendition="#g">Pulci</hi>, <hi rendition="#g">Ario&#x017F;to</hi>, <hi rendition="#g">Pallavicino</hi>, u.<lb/>
a. m. Einen gro&#x0364;ßern Zotenrei&#x017F;&#x017F;er und La&#x0364;&#x017F;terer aller<lb/>
Religion, aller Sitten und aller Moral hab ich nie<lb/>
geho&#x0364;rt. Das waren aber in meinen Augen damals<lb/>
Tugenden, und verbanden mich um &#x017F;o mehr mit<lb/>
Badiggi, oder um be&#x017F;&#x017F;er zu &#x017F;agen, &#x017F;ie machten, daß<lb/>
ich &#x017F;einen Umgang fleißig &#x017F;uchte, ohne jedoch &#x017F;eine<lb/>
Per&#x017F;on zu lieben oder zu &#x017F;cha&#x0364;tzen. Die&#x017F;er Men&#x017F;ch<lb/>
genoß allerhand Unter&#x017F;tu&#x0364;tzungen, &#x017F;owohl von Pro-<lb/>
fe&#x017F;&#x017F;oren als von Studenten, welche letztern er mit<lb/>
&#x017F;einen Schwa&#x0364;nken belu&#x017F;tigte. Er erhielt auch Geld<lb/>
von Auswa&#x0364;rtigen. Endlich i&#x017F;t er heimlich entwichen,<lb/>
nachdem er viele Leute geprellt, die Univer&#x017F;ita&#x0364;tsbi-<lb/>
bliothek um 100 Thaler Bu&#x0364;cher betrogen, und mehr<lb/>
andre Lumpen&#x017F;treiche begangen hatte.</p><lb/>
        <p>Ich fu&#x0364;r mein Theil gewo&#x0364;hnte mir in dem Um-<lb/>
gange mit die&#x017F;em Men&#x017F;chen einen a&#x0364;ußer&#x017F;t freien und<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;pfrigen Ton, in Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf die Religion und<lb/>
ihre Lehren an: einen Ton, der mir, wie ich bald<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0272] Chi a dieci otto anni, e non é pazzo, O buzzera, o fotte, o ſi mena il cazzo. Latein konnte Badiggi reden wie Waſſer, und Latein, das ſich immer hoͤren ließ, das keine Schnitzer hatte. Beiher hatte er eine große Beleſenheit in jenen freiern Schriften der Italiaͤner, welche das ſechzehn- te Jahrhundert erleuchtet haben, z. B. in denen des Aretin, Pulci, Arioſto, Pallavicino, u. a. m. Einen groͤßern Zotenreiſſer und Laͤſterer aller Religion, aller Sitten und aller Moral hab ich nie gehoͤrt. Das waren aber in meinen Augen damals Tugenden, und verbanden mich um ſo mehr mit Badiggi, oder um beſſer zu ſagen, ſie machten, daß ich ſeinen Umgang fleißig ſuchte, ohne jedoch ſeine Perſon zu lieben oder zu ſchaͤtzen. Dieſer Menſch genoß allerhand Unterſtuͤtzungen, ſowohl von Pro- feſſoren als von Studenten, welche letztern er mit ſeinen Schwaͤnken beluſtigte. Er erhielt auch Geld von Auswaͤrtigen. Endlich iſt er heimlich entwichen, nachdem er viele Leute geprellt, die Univerſitaͤtsbi- bliothek um 100 Thaler Buͤcher betrogen, und mehr andre Lumpenſtreiche begangen hatte. Ich fuͤr mein Theil gewoͤhnte mir in dem Um- gange mit dieſem Menſchen einen aͤußerſt freien und ſchluͤpfrigen Ton, in Ruͤckſicht auf die Religion und ihre Lehren an: einen Ton, der mir, wie ich bald

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/272
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/272>, abgerufen am 24.11.2024.