Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.Uebrigens ist Mainz gar die Stadt nicht, wo Erde ist, daß die weltliche Regierung sich nach der geist-
lichen richte -- der Staat nach der Kirche. In katho- lischen Bisthümern mag das für diese hingehen: denn die guten Leute wissen, und wollen das nun einmal nicht anders; aber wie denn da, wenn Männer von dieser Denkungsart einen Posten bekleiden, auf welchem es ihnen möglich wird, nach diesen Grundsätzen Con- clusa herauszubringen, die der Gewissensfreiheit der Protestanten Eintrag thun, indem sie es ihnen zum Gesetz machen, sich nach Axiomen und Postulaten der Katholischen Kirche zu richten, oder behandeln zu las- sen? -- Man denke an neuere Vorfälle! - In diesem Falle hat es der Protestant ärger, als der Schutzjude. Doch Intelligenti pauca, so wie Vigilantibus jura! - Uebrigens iſt Mainz gar die Stadt nicht, wo Erde iſt, daß die weltliche Regierung ſich nach der geiſt-
lichen richte — der Staat nach der Kirche. In katho- liſchen Bisthuͤmern mag das fuͤr dieſe hingehen: denn die guten Leute wiſſen, und wollen das nun einmal nicht anders; aber wie denn da, wenn Maͤnner von dieſer Denkungsart einen Poſten bekleiden, auf welchem es ihnen moͤglich wird, nach dieſen Grundſaͤtzen Con- cluſa herauszubringen, die der Gewiſſensfreiheit der Proteſtanten Eintrag thun, indem ſie es ihnen zum Geſetz machen, ſich nach Axiomen und Poſtulaten der Katholiſchen Kirche zu richten, oder behandeln zu laſ- ſen? — Man denke an neuere Vorfaͤlle! – In dieſem Falle hat es der Proteſtant aͤrger, als der Schutzjude. Doch Intelligenti pauca, ſo wie Vigilantibus jura! – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0242" n="228"/> <p>Uebrigens iſt Mainz gar die Stadt nicht, wo<lb/> eine Univerſitaͤt gedeihen koͤnnte. Der Student,<lb/> wenn etwas liberales aus ihm werden ſoll, muß ei-<lb/> nen gewiſſen Ton angeben, und ſich an dem Orte,<lb/> wo er iſt, bemerkbar machen koͤnnen. In Leipzig<lb/> z. B. iſt es mit den Studenten nichts: da richtet er<lb/> ſich nach dem Kaufmannsdiener, der reicher iſt, als<lb/> er: und in Mainz bemerkt man ihn vollends ganz<lb/> und gar nicht. Dieſe Stadt ſteckt voller Kaufleute,<lb/> voller reichem Adel, und voller vornehmer Geiſtlich-<lb/> keit. Da herrſcht Pracht und Ueppigkeit in vollem<lb/> Maaße, und der Student, der nicht mitmachen<lb/> kann, gafft und ſtaunt ſo eine hochwuͤrdige Excellenz<lb/> oder Gnaden an, und fuͤhlt ſeine eigne Vernichtung<lb/> ſo ſehr, daß er ſichs gar nicht einfallen laͤßt, ſelbſt<lb/><note xml:id="note-0242" prev="#note-0241" place="foot" n="t)">Erde iſt, daß die weltliche Regierung ſich nach der geiſt-<lb/> lichen richte — der Staat nach der Kirche. In katho-<lb/> liſchen Bisthuͤmern mag das fuͤr dieſe hingehen: denn<lb/> die guten Leute wiſſen, und wollen das nun einmal<lb/> nicht anders; aber wie denn da, wenn Maͤnner von<lb/> dieſer Denkungsart einen Poſten bekleiden, auf welchem<lb/> es ihnen moͤglich wird, nach dieſen Grundſaͤtzen <hi rendition="#aq">Con-<lb/> cluſa</hi> herauszubringen, die der Gewiſſensfreiheit der<lb/> Proteſtanten Eintrag thun, indem ſie es ihnen zum<lb/> Geſetz machen, ſich nach Axiomen und Poſtulaten der<lb/> Katholiſchen Kirche zu richten, oder behandeln zu laſ-<lb/> ſen? — Man denke an neuere Vorfaͤlle! – In dieſem<lb/> Falle hat es der Proteſtant aͤrger, als der Schutzjude.<lb/> Doch <hi rendition="#aq">Intelligenti pauca,</hi> ſo wie <hi rendition="#aq">Vigilantibus jura!</hi> – </note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [228/0242]
Uebrigens iſt Mainz gar die Stadt nicht, wo
eine Univerſitaͤt gedeihen koͤnnte. Der Student,
wenn etwas liberales aus ihm werden ſoll, muß ei-
nen gewiſſen Ton angeben, und ſich an dem Orte,
wo er iſt, bemerkbar machen koͤnnen. In Leipzig
z. B. iſt es mit den Studenten nichts: da richtet er
ſich nach dem Kaufmannsdiener, der reicher iſt, als
er: und in Mainz bemerkt man ihn vollends ganz
und gar nicht. Dieſe Stadt ſteckt voller Kaufleute,
voller reichem Adel, und voller vornehmer Geiſtlich-
keit. Da herrſcht Pracht und Ueppigkeit in vollem
Maaße, und der Student, der nicht mitmachen
kann, gafft und ſtaunt ſo eine hochwuͤrdige Excellenz
oder Gnaden an, und fuͤhlt ſeine eigne Vernichtung
ſo ſehr, daß er ſichs gar nicht einfallen laͤßt, ſelbſt
t)
t) Erde iſt, daß die weltliche Regierung ſich nach der geiſt-
lichen richte — der Staat nach der Kirche. In katho-
liſchen Bisthuͤmern mag das fuͤr dieſe hingehen: denn
die guten Leute wiſſen, und wollen das nun einmal
nicht anders; aber wie denn da, wenn Maͤnner von
dieſer Denkungsart einen Poſten bekleiden, auf welchem
es ihnen moͤglich wird, nach dieſen Grundſaͤtzen Con-
cluſa herauszubringen, die der Gewiſſensfreiheit der
Proteſtanten Eintrag thun, indem ſie es ihnen zum
Geſetz machen, ſich nach Axiomen und Poſtulaten der
Katholiſchen Kirche zu richten, oder behandeln zu laſ-
ſen? — Man denke an neuere Vorfaͤlle! – In dieſem
Falle hat es der Proteſtant aͤrger, als der Schutzjude.
Doch Intelligenti pauca, ſo wie Vigilantibus jura! –
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/242 |
Zitationshilfe: | Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/242>, abgerufen am 16.02.2025. |