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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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den sie alle so betrunken in dem Doppel-Bier- daß
sie kaum noch stehen konnten. Den andern Gästen,
welche uns zusahen, wie auch der hübschen Gretel
behagte das Ding gar sehr, und sie wünschten nur,
daß auch ihre Herren dergleichen Komment verstehen
und ausüben möchten.

Nach dem Kommers gingen wir zur Stadt,
und schrieen auf den Straßen, gleich Unsinnigen,
ein Lurrah über das andere. Wer uns nicht weit
auswich, den schuppten wir, daß er wie weit auf
die Seite flog. Unsre Herren Mainzer gingen nach
ihrem Logis, bis auf einen, der uns in die Pfalz
begleitete. Den andern Morgen nahm uns der
Student, ich glaube er hieß Blumers, mit auf ein
Kaffeehaus, und traktirte uns mit Aquavit: vorher
hatte er sich von uns die besten Burschenlieder o) dik-

o) Zu jener Zeit waren die Burschenlieder meist schänd-
liche Zoten, und abgeschmackte Reime, worin oft wenig
Verstand war. Z. B.
Die Welt mag immer brummen,
Die alten Weiber summen!
Brumme die Welt,
Das gilt mir gleich viel.
Hab ich kein Geld,
So hab' ich kein Spiel.
Hast du nicht gesehn des Teufels fein Spiel?
Die Melodien zu diesen Raritäten waren noch abge-
schmackter, als der Text selbst. Der Geschmack aber

den ſie alle ſo betrunken in dem Doppel-Bier- daß
ſie kaum noch ſtehen konnten. Den andern Gaͤſten,
welche uns zuſahen, wie auch der huͤbſchen Gretel
behagte das Ding gar ſehr, und ſie wuͤnſchten nur,
daß auch ihre Herren dergleichen Komment verſtehen
und ausuͤben moͤchten.

Nach dem Kommers gingen wir zur Stadt,
und ſchrieen auf den Straßen, gleich Unſinnigen,
ein Lurrah uͤber das andere. Wer uns nicht weit
auswich, den ſchuppten wir, daß er wie weit auf
die Seite flog. Unſre Herren Mainzer gingen nach
ihrem Logis, bis auf einen, der uns in die Pfalz
begleitete. Den andern Morgen nahm uns der
Student, ich glaube er hieß Blumers, mit auf ein
Kaffeehaus, und traktirte uns mit Aquavit: vorher
hatte er ſich von uns die beſten Burſchenlieder o) dik-

o) Zu jener Zeit waren die Burſchenlieder meiſt ſchaͤnd-
liche Zoten, und abgeſchmackte Reime, worin oft wenig
Verſtand war. Z. B.
Die Welt mag immer brummen,
Die alten Weiber ſummen!
Brumme die Welt,
Das gilt mir gleich viel.
Hab ich kein Geld,
So hab' ich kein Spiel.
Haſt du nicht geſehn des Teufels fein Spiel?
Die Melodien zu dieſen Raritaͤten waren noch abge-
ſchmackter, als der Text ſelbſt. Der Geſchmack aber
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[221/0235] den ſie alle ſo betrunken in dem Doppel-Bier- daß ſie kaum noch ſtehen konnten. Den andern Gaͤſten, welche uns zuſahen, wie auch der huͤbſchen Gretel behagte das Ding gar ſehr, und ſie wuͤnſchten nur, daß auch ihre Herren dergleichen Komment verſtehen und ausuͤben moͤchten. Nach dem Kommers gingen wir zur Stadt, und ſchrieen auf den Straßen, gleich Unſinnigen, ein Lurrah uͤber das andere. Wer uns nicht weit auswich, den ſchuppten wir, daß er wie weit auf die Seite flog. Unſre Herren Mainzer gingen nach ihrem Logis, bis auf einen, der uns in die Pfalz begleitete. Den andern Morgen nahm uns der Student, ich glaube er hieß Blumers, mit auf ein Kaffeehaus, und traktirte uns mit Aquavit: vorher hatte er ſich von uns die beſten Burſchenlieder o) dik- o) Zu jener Zeit waren die Burſchenlieder meiſt ſchaͤnd- liche Zoten, und abgeſchmackte Reime, worin oft wenig Verſtand war. Z. B. Die Welt mag immer brummen, Die alten Weiber ſummen! Brumme die Welt, Das gilt mir gleich viel. Hab ich kein Geld, So hab' ich kein Spiel. Haſt du nicht geſehn des Teufels fein Spiel? Die Melodien zu dieſen Raritaͤten waren noch abge- ſchmackter, als der Text ſelbſt. Der Geſchmack aber

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/235>, abgerufen am 03.05.2024.