Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

tig vor ihm in Acht nahmen: und endlich hatte ich
dem Hrn. Koch das Latein in seinem Kompendium
des Criminalrechts korrigirt. Lauter Ursachen, wel-
che mich bei einem stolzen egoistischen, rachgierigen
Manne höchst verhaßt machen musten. So hätte ich
denn abermals einen Vorwurf, den Herr Schmid
mir macht, widerlegt!

Auf dem Karzer studirte ich fleißig, und Herr
Böhm versah mich mit Büchern aus seiner Bi-
bliothek. Aber indessen ich auf dem Karzer war,
entstand ein gefährlicher Aufstand. Der Rektor
wollte nämlich die überall schädlichen Geldstrafen
einführen, welche mehr eine Strafe für die Eltern,
als für ihre studierenden Söhne sind, und die bisher
in Gießen unerhört waren. Darüber kam nun alles
in Harnisch: die feindseligen Gesellschaften und In-
nungen versöhnten sich mit einander, machten ge-
meinschaftliche Sache, lärmten, tobten, und zo-
gen aus, so wie sie im vorigen Jahre ausgezo-
gen waren.

Sie zogen wieder auf darmstädtische Dörfer,
bis sie merkten, daß man Mine machte, sie von da
nach einigen Tagen weg zu holen, und mit Gewalt
nach Gießen zurück zu schleppen. Jetzt begaben sie
sich ins Weilburgische, wo die meisten in Aßbach und
Gleiberg den ganzen Sommer über zubrachten. Die
Universität sah sehr traurig aus, und mehrere Pro-

tig vor ihm in Acht nahmen: und endlich hatte ich
dem Hrn. Koch das Latein in ſeinem Kompendium
des Criminalrechts korrigirt. Lauter Urſachen, wel-
che mich bei einem ſtolzen egoiſtiſchen, rachgierigen
Manne hoͤchſt verhaßt machen muſten. So haͤtte ich
denn abermals einen Vorwurf, den Herr Schmid
mir macht, widerlegt!

Auf dem Karzer ſtudirte ich fleißig, und Herr
Boͤhm verſah mich mit Buͤchern aus ſeiner Bi-
bliothek. Aber indeſſen ich auf dem Karzer war,
entſtand ein gefaͤhrlicher Aufſtand. Der Rektor
wollte naͤmlich die uͤberall ſchaͤdlichen Geldſtrafen
einfuͤhren, welche mehr eine Strafe fuͤr die Eltern,
als fuͤr ihre ſtudierenden Soͤhne ſind, und die bisher
in Gießen unerhoͤrt waren. Daruͤber kam nun alles
in Harniſch: die feindſeligen Geſellſchaften und In-
nungen verſoͤhnten ſich mit einander, machten ge-
meinſchaftliche Sache, laͤrmten, tobten, und zo-
gen aus, ſo wie ſie im vorigen Jahre ausgezo-
gen waren.

Sie zogen wieder auf darmſtaͤdtiſche Doͤrfer,
bis ſie merkten, daß man Mine machte, ſie von da
nach einigen Tagen weg zu holen, und mit Gewalt
nach Gießen zuruͤck zu ſchleppen. Jetzt begaben ſie
ſich ins Weilburgiſche, wo die meiſten in Aßbach und
Gleiberg den ganzen Sommer uͤber zubrachten. Die
Univerſitaͤt ſah ſehr traurig aus, und mehrere Pro-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0227" n="213"/>
tig vor ihm in Acht nahmen: und endlich hatte ich<lb/>
dem Hrn. Koch das Latein in &#x017F;einem Kompendium<lb/>
des Criminalrechts korrigirt. Lauter Ur&#x017F;achen, wel-<lb/>
che mich bei einem &#x017F;tolzen egoi&#x017F;ti&#x017F;chen, rachgierigen<lb/>
Manne ho&#x0364;ch&#x017F;t verhaßt machen mu&#x017F;ten. So ha&#x0364;tte ich<lb/>
denn abermals einen Vorwurf, den Herr Schmid<lb/>
mir macht, widerlegt!</p><lb/>
        <p>Auf dem Karzer &#x017F;tudirte ich fleißig, und Herr<lb/><hi rendition="#g">Bo&#x0364;hm</hi> ver&#x017F;ah mich mit Bu&#x0364;chern aus &#x017F;einer Bi-<lb/>
bliothek. Aber inde&#x017F;&#x017F;en ich auf dem Karzer war,<lb/>
ent&#x017F;tand ein gefa&#x0364;hrlicher Auf&#x017F;tand. Der Rektor<lb/>
wollte na&#x0364;mlich die u&#x0364;berall &#x017F;cha&#x0364;dlichen Geld&#x017F;trafen<lb/>
einfu&#x0364;hren, welche mehr eine Strafe fu&#x0364;r die Eltern,<lb/>
als fu&#x0364;r ihre &#x017F;tudierenden So&#x0364;hne &#x017F;ind, und die bisher<lb/>
in Gießen unerho&#x0364;rt waren. Daru&#x0364;ber kam nun alles<lb/>
in Harni&#x017F;ch: die feind&#x017F;eligen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften und In-<lb/>
nungen ver&#x017F;o&#x0364;hnten &#x017F;ich mit einander, machten ge-<lb/>
mein&#x017F;chaftliche Sache, la&#x0364;rmten, tobten, und zo-<lb/>
gen aus, &#x017F;o wie &#x017F;ie im vorigen Jahre ausgezo-<lb/>
gen waren.</p><lb/>
        <p>Sie zogen wieder auf darm&#x017F;ta&#x0364;dti&#x017F;che Do&#x0364;rfer,<lb/>
bis &#x017F;ie merkten, daß man Mine machte, &#x017F;ie von da<lb/>
nach einigen Tagen weg zu holen, und mit Gewalt<lb/>
nach Gießen zuru&#x0364;ck zu &#x017F;chleppen. Jetzt begaben &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich ins Weilburgi&#x017F;che, wo die mei&#x017F;ten in Aßbach und<lb/>
Gleiberg den ganzen Sommer u&#x0364;ber zubrachten. Die<lb/>
Univer&#x017F;ita&#x0364;t &#x017F;ah &#x017F;ehr traurig aus, und mehrere Pro-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0227] tig vor ihm in Acht nahmen: und endlich hatte ich dem Hrn. Koch das Latein in ſeinem Kompendium des Criminalrechts korrigirt. Lauter Urſachen, wel- che mich bei einem ſtolzen egoiſtiſchen, rachgierigen Manne hoͤchſt verhaßt machen muſten. So haͤtte ich denn abermals einen Vorwurf, den Herr Schmid mir macht, widerlegt! Auf dem Karzer ſtudirte ich fleißig, und Herr Boͤhm verſah mich mit Buͤchern aus ſeiner Bi- bliothek. Aber indeſſen ich auf dem Karzer war, entſtand ein gefaͤhrlicher Aufſtand. Der Rektor wollte naͤmlich die uͤberall ſchaͤdlichen Geldſtrafen einfuͤhren, welche mehr eine Strafe fuͤr die Eltern, als fuͤr ihre ſtudierenden Soͤhne ſind, und die bisher in Gießen unerhoͤrt waren. Daruͤber kam nun alles in Harniſch: die feindſeligen Geſellſchaften und In- nungen verſoͤhnten ſich mit einander, machten ge- meinſchaftliche Sache, laͤrmten, tobten, und zo- gen aus, ſo wie ſie im vorigen Jahre ausgezo- gen waren. Sie zogen wieder auf darmſtaͤdtiſche Doͤrfer, bis ſie merkten, daß man Mine machte, ſie von da nach einigen Tagen weg zu holen, und mit Gewalt nach Gießen zuruͤck zu ſchleppen. Jetzt begaben ſie ſich ins Weilburgiſche, wo die meiſten in Aßbach und Gleiberg den ganzen Sommer uͤber zubrachten. Die Univerſitaͤt ſah ſehr traurig aus, und mehrere Pro-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/227
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/227>, abgerufen am 03.05.2024.