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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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ders Geschichte und Geographie, letztere nach Cel-
larius und Büsching, stark getrieben, sondern
auch die Lebensbeschreibungen des Plutarchs,
mehrere Schriften des Cicero und den Athe-
näus durchgegangen. Auch hatte ich von den grie-
chischen Dichtern, außer der Iliade, wenig gelesen;
nun aber las ich den Theokrit, den Bion, Mo-
schus und einiges in der Chrestomathia Tragica.
Daß sich durch diese Lectüre meine Kenntnisse stark
mehrten, ist gewiß; daß ich aber nicht ächt schmecken
lernte, machte der Mangel an vernünftiger Anfüh-
rung, die ich in Gießen gänzlich vermißte. Meine
philologischen Kenntnisse haben daher immer einem
Chaos ähnlich gesehen, wo alles wie Kraut und Rü-
ben durch einander liegt: Viel Materie; aber keine
Verbindung! Vielleicht liegt auch ein Theil dieser
Schuld in der Verabsäumung einer vernünftigen ge-
läuterten Philosophie: denn die Wolffische Logik und
Metaphysik, welche ich bei Herrn Böhm lernte,
mag ich doch nicht gute Philosophie nennen.


ders Geſchichte und Geographie, letztere nach Cel-
larius und Buͤſching, ſtark getrieben, ſondern
auch die Lebensbeſchreibungen des Plutarchs,
mehrere Schriften des Cicero und den Athe-
naͤus durchgegangen. Auch hatte ich von den grie-
chiſchen Dichtern, außer der Iliade, wenig geleſen;
nun aber las ich den Theokrit, den Bion, Mo-
ſchus und einiges in der Chreſtomathia Tragica.
Daß ſich durch dieſe Lectuͤre meine Kenntniſſe ſtark
mehrten, iſt gewiß; daß ich aber nicht aͤcht ſchmecken
lernte, machte der Mangel an vernuͤnftiger Anfuͤh-
rung, die ich in Gießen gaͤnzlich vermißte. Meine
philologiſchen Kenntniſſe haben daher immer einem
Chaos aͤhnlich geſehen, wo alles wie Kraut und Ruͤ-
ben durch einander liegt: Viel Materie; aber keine
Verbindung! Vielleicht liegt auch ein Theil dieſer
Schuld in der Verabſaͤumung einer vernuͤnftigen ge-
laͤuterten Philoſophie: denn die Wolffiſche Logik und
Metaphyſik, welche ich bei Herrn Boͤhm lernte,
mag ich doch nicht gute Philoſophie nennen.


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[208/0222] ders Geſchichte und Geographie, letztere nach Cel- larius und Buͤſching, ſtark getrieben, ſondern auch die Lebensbeſchreibungen des Plutarchs, mehrere Schriften des Cicero und den Athe- naͤus durchgegangen. Auch hatte ich von den grie- chiſchen Dichtern, außer der Iliade, wenig geleſen; nun aber las ich den Theokrit, den Bion, Mo- ſchus und einiges in der Chreſtomathia Tragica. Daß ſich durch dieſe Lectuͤre meine Kenntniſſe ſtark mehrten, iſt gewiß; daß ich aber nicht aͤcht ſchmecken lernte, machte der Mangel an vernuͤnftiger Anfuͤh- rung, die ich in Gießen gaͤnzlich vermißte. Meine philologiſchen Kenntniſſe haben daher immer einem Chaos aͤhnlich geſehen, wo alles wie Kraut und Ruͤ- ben durch einander liegt: Viel Materie; aber keine Verbindung! Vielleicht liegt auch ein Theil dieſer Schuld in der Verabſaͤumung einer vernuͤnftigen ge- laͤuterten Philoſophie: denn die Wolffiſche Logik und Metaphyſik, welche ich bei Herrn Boͤhm lernte, mag ich doch nicht gute Philoſophie nennen.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/222>, abgerufen am 24.11.2024.