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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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ren h). Ich wich daher immer aus, wenn er ein
Gespräch von der Bekehrung anfing, und führte
eine Stelle an, die er erst erklären, das ist, nach
der Grammatik durchgehen muste.

Da er keine schlechten historischen Kenntnisse im
Gedächtniß hatte, besonders in der Geschichte von
Frankreich; so war sein Gespräch darüber unterhal-
tend und lehrreich. Er borgte mir aus seiner Bi-
blothek das berühmte Werk des August von Thou
(Thuanus) woraus ich wirklich manches Nützliche
gelernt habe. Um mich, wie er sagte, wider den
neuen Unglauben zu sichern, gab er mir des berühm-
ten Lardners Werk über die Glaubwürdigkeit --
zu lesen. Ich las es; fand aber selten etwas, das
mir behagt hätte. Nun sollte ich auch die Einwürfe
der Gegner kennen lernen, und zu dem Ende borg-
te er mir die deutsche Uebersetzung von dem verrufe-
nem Erweis -- des Engländers Matthias
Tindal
. Gott, mit welchem Vergnügen und An-
halten las ich dies merkwürdige Buch! wie änderten
sich nun auf einmal alle meine Gedanken über Ge-
heimnisse und Offenbarung. Alle Zweifel vergingen
mir plötzlich, und sind seitdem auch nicht wieder in

h) Der größte Theil unsrer Herren Orientalisten weiß
vom Arabischen ja auch nicht mehr! In keinem Theil
der Gelehrsamkeit wird ärger aufgeschnitten, als in der
morgenländischen.

ren h). Ich wich daher immer aus, wenn er ein
Geſpraͤch von der Bekehrung anfing, und fuͤhrte
eine Stelle an, die er erſt erklaͤren, das iſt, nach
der Grammatik durchgehen muſte.

Da er keine ſchlechten hiſtoriſchen Kenntniſſe im
Gedaͤchtniß hatte, beſonders in der Geſchichte von
Frankreich; ſo war ſein Geſpraͤch daruͤber unterhal-
tend und lehrreich. Er borgte mir aus ſeiner Bi-
blothek das beruͤhmte Werk des Auguſt von Thou
(Thuanus) woraus ich wirklich manches Nuͤtzliche
gelernt habe. Um mich, wie er ſagte, wider den
neuen Unglauben zu ſichern, gab er mir des beruͤhm-
ten Lardners Werk uͤber die Glaubwuͤrdigkeit —
zu leſen. Ich las es; fand aber ſelten etwas, das
mir behagt haͤtte. Nun ſollte ich auch die Einwuͤrfe
der Gegner kennen lernen, und zu dem Ende borg-
te er mir die deutſche Ueberſetzung von dem verrufe-
nem Erweis — des Englaͤnders Matthias
Tindal
. Gott, mit welchem Vergnuͤgen und An-
halten las ich dies merkwuͤrdige Buch! wie aͤnderten
ſich nun auf einmal alle meine Gedanken uͤber Ge-
heimniſſe und Offenbarung. Alle Zweifel vergingen
mir ploͤtzlich, und ſind ſeitdem auch nicht wieder in

h) Der groͤßte Theil unſrer Herren Orientaliſten weiß
vom Arabiſchen ja auch nicht mehr! In keinem Theil
der Gelehrſamkeit wird aͤrger aufgeſchnitten, als in der
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[203/0217] ren h). Ich wich daher immer aus, wenn er ein Geſpraͤch von der Bekehrung anfing, und fuͤhrte eine Stelle an, die er erſt erklaͤren, das iſt, nach der Grammatik durchgehen muſte. Da er keine ſchlechten hiſtoriſchen Kenntniſſe im Gedaͤchtniß hatte, beſonders in der Geſchichte von Frankreich; ſo war ſein Geſpraͤch daruͤber unterhal- tend und lehrreich. Er borgte mir aus ſeiner Bi- blothek das beruͤhmte Werk des Auguſt von Thou (Thuanus) woraus ich wirklich manches Nuͤtzliche gelernt habe. Um mich, wie er ſagte, wider den neuen Unglauben zu ſichern, gab er mir des beruͤhm- ten Lardners Werk uͤber die Glaubwuͤrdigkeit — zu leſen. Ich las es; fand aber ſelten etwas, das mir behagt haͤtte. Nun ſollte ich auch die Einwuͤrfe der Gegner kennen lernen, und zu dem Ende borg- te er mir die deutſche Ueberſetzung von dem verrufe- nem Erweis — des Englaͤnders Matthias Tindal. Gott, mit welchem Vergnuͤgen und An- halten las ich dies merkwuͤrdige Buch! wie aͤnderten ſich nun auf einmal alle meine Gedanken uͤber Ge- heimniſſe und Offenbarung. Alle Zweifel vergingen mir ploͤtzlich, und ſind ſeitdem auch nicht wieder in h) Der groͤßte Theil unſrer Herren Orientaliſten weiß vom Arabiſchen ja auch nicht mehr! In keinem Theil der Gelehrſamkeit wird aͤrger aufgeſchnitten, als in der morgenlaͤndiſchen.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/217>, abgerufen am 03.05.2024.