Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Seit kurzem sollen jetzt in Jena alle Duelle durch
eine recht artige Konvenienz der Studenten selbst ab-
geschaft seyn. In Kiel soll man etwas Aehnliches
vorhaben. Auch soll der Herzog von Weimar, die-
ses edle Muster aller Humanität an einem Fürsten,
sich auf die liberaleste Art bemühen, die Denkungs-
und Lebensart der Studenten zu Jena so zu modi-
ficiren, daß die akademische Freiheit auf eine ange-
messene Art dabei bestehen könne. Heil diesem Vater
seiner Länder!

Die Professores lasen damals gerade nicht, weil
die Ferien eben angegangen waren. Doch besuchte
ich den Professor Danovius, dessen Dogmatik,
im schwerfälligsten Latein, ich schon in Gießen gele-
sen hatte. Der Mann war sehr zurückhaltend, und
wollte nicht recht mit der Sprache heraus, als ich
mit der Weisheit hervorplatzte, die ich aus Crellius
Buch geschöpft hatte. Er sagte mir, das Lesen der
Schriften von Socinianern sey sehr verführerisch,
und einem jungen Menschen höchlich zu misrathen.
Als ich ihn bath, mir ein Buch anzugeben, worin
des Socinismus vollkommen widerlegt, und die Lehre
von der Trinität und der Satisfaction hinlänglich
bewiesen wäre, bedaurete er, daß er mir keine Schrift
von der Art anzeigen könnte, weil man nicht so wohl
auf die Lehre selbst, als vielmehr auf den Beweis
der kirchlichen Bestimmungen gesehen hätte. Doch

Seit kurzem ſollen jetzt in Jena alle Duelle durch
eine recht artige Konvenienz der Studenten ſelbſt ab-
geſchaft ſeyn. In Kiel ſoll man etwas Aehnliches
vorhaben. Auch ſoll der Herzog von Weimar, die-
ſes edle Muſter aller Humanitaͤt an einem Fuͤrſten,
ſich auf die liberaleſte Art bemuͤhen, die Denkungs-
und Lebensart der Studenten zu Jena ſo zu modi-
ficiren, daß die akademiſche Freiheit auf eine ange-
meſſene Art dabei beſtehen koͤnne. Heil dieſem Vater
ſeiner Laͤnder!

Die Profeſſores laſen damals gerade nicht, weil
die Ferien eben angegangen waren. Doch beſuchte
ich den Profeſſor Danovius, deſſen Dogmatik,
im ſchwerfaͤlligſten Latein, ich ſchon in Gießen gele-
ſen hatte. Der Mann war ſehr zuruͤckhaltend, und
wollte nicht recht mit der Sprache heraus, als ich
mit der Weisheit hervorplatzte, die ich aus Crellius
Buch geſchoͤpft hatte. Er ſagte mir, das Leſen der
Schriften von Socinianern ſey ſehr verfuͤhreriſch,
und einem jungen Menſchen hoͤchlich zu misrathen.
Als ich ihn bath, mir ein Buch anzugeben, worin
des Socinismus vollkommen widerlegt, und die Lehre
von der Trinitaͤt und der Satisfaction hinlaͤnglich
bewieſen waͤre, bedaurete er, daß er mir keine Schrift
von der Art anzeigen koͤnnte, weil man nicht ſo wohl
auf die Lehre ſelbſt, als vielmehr auf den Beweis
der kirchlichen Beſtimmungen geſehen haͤtte. Doch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0208" n="149[194]"/>
Seit kurzem &#x017F;ollen jetzt in Jena alle Duelle durch<lb/>
eine recht artige Konvenienz der Studenten &#x017F;elb&#x017F;t ab-<lb/>
ge&#x017F;chaft &#x017F;eyn. In Kiel &#x017F;oll man etwas Aehnliches<lb/>
vorhaben. Auch &#x017F;oll der Herzog von Weimar, die-<lb/>
&#x017F;es edle Mu&#x017F;ter aller Humanita&#x0364;t an einem Fu&#x0364;r&#x017F;ten,<lb/>
&#x017F;ich auf die liberale&#x017F;te Art bemu&#x0364;hen, die Denkungs-<lb/>
und Lebensart der Studenten zu Jena &#x017F;o zu modi-<lb/>
ficiren, daß die akademi&#x017F;che Freiheit auf eine ange-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;ene Art dabei be&#x017F;tehen ko&#x0364;nne. Heil die&#x017F;em Vater<lb/>
&#x017F;einer La&#x0364;nder!</p><lb/>
        <p>Die Profe&#x017F;&#x017F;ores la&#x017F;en damals gerade nicht, weil<lb/>
die Ferien eben angegangen waren. Doch be&#x017F;uchte<lb/>
ich den Profe&#x017F;&#x017F;or <hi rendition="#g">Danovius</hi>, de&#x017F;&#x017F;en Dogmatik,<lb/>
im &#x017F;chwerfa&#x0364;llig&#x017F;ten Latein, ich &#x017F;chon in Gießen gele-<lb/>
&#x017F;en hatte. Der Mann war &#x017F;ehr zuru&#x0364;ckhaltend, und<lb/>
wollte nicht recht mit der Sprache heraus, als ich<lb/>
mit der Weisheit hervorplatzte, die ich aus <hi rendition="#g">Crellius</hi><lb/>
Buch ge&#x017F;cho&#x0364;pft hatte. Er &#x017F;agte mir, das Le&#x017F;en der<lb/>
Schriften von Socinianern &#x017F;ey &#x017F;ehr verfu&#x0364;hreri&#x017F;ch,<lb/>
und einem jungen Men&#x017F;chen ho&#x0364;chlich zu misrathen.<lb/>
Als ich ihn bath, mir ein Buch anzugeben, worin<lb/>
des Socinismus vollkommen widerlegt, und die Lehre<lb/>
von der Trinita&#x0364;t und der Satisfaction hinla&#x0364;nglich<lb/>
bewie&#x017F;en wa&#x0364;re, bedaurete er, daß er mir keine Schrift<lb/>
von der Art anzeigen ko&#x0364;nnte, weil man nicht &#x017F;o wohl<lb/>
auf die Lehre &#x017F;elb&#x017F;t, als vielmehr auf den Beweis<lb/>
der kirchlichen Be&#x017F;timmungen ge&#x017F;ehen ha&#x0364;tte. Doch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149[194]/0208] Seit kurzem ſollen jetzt in Jena alle Duelle durch eine recht artige Konvenienz der Studenten ſelbſt ab- geſchaft ſeyn. In Kiel ſoll man etwas Aehnliches vorhaben. Auch ſoll der Herzog von Weimar, die- ſes edle Muſter aller Humanitaͤt an einem Fuͤrſten, ſich auf die liberaleſte Art bemuͤhen, die Denkungs- und Lebensart der Studenten zu Jena ſo zu modi- ficiren, daß die akademiſche Freiheit auf eine ange- meſſene Art dabei beſtehen koͤnne. Heil dieſem Vater ſeiner Laͤnder! Die Profeſſores laſen damals gerade nicht, weil die Ferien eben angegangen waren. Doch beſuchte ich den Profeſſor Danovius, deſſen Dogmatik, im ſchwerfaͤlligſten Latein, ich ſchon in Gießen gele- ſen hatte. Der Mann war ſehr zuruͤckhaltend, und wollte nicht recht mit der Sprache heraus, als ich mit der Weisheit hervorplatzte, die ich aus Crellius Buch geſchoͤpft hatte. Er ſagte mir, das Leſen der Schriften von Socinianern ſey ſehr verfuͤhreriſch, und einem jungen Menſchen hoͤchlich zu misrathen. Als ich ihn bath, mir ein Buch anzugeben, worin des Socinismus vollkommen widerlegt, und die Lehre von der Trinitaͤt und der Satisfaction hinlaͤnglich bewieſen waͤre, bedaurete er, daß er mir keine Schrift von der Art anzeigen koͤnnte, weil man nicht ſo wohl auf die Lehre ſelbſt, als vielmehr auf den Beweis der kirchlichen Beſtimmungen geſehen haͤtte. Doch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/208
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 149[194]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/208>, abgerufen am 21.11.2024.