Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

ten Komment. Dabei war der Jenenser nicht be-
leidigend grob, oder impertinent; vielmehr zeigte sich
viel Trauliches und dienstfertiges in seinem Betragen.
Ich habe hernach den viel feinern Ton in Göttingen,
und den superfeinen Leipziger kennen gelernt: da lobe
ich mir denn doch meinen Jenischen. Vielleicht war
mein Geschmack verdorben, und zu sehr an gröbere
Speisen gewöhnt: aber bei dem allen scheint es doch
der Sache angemessen zu seyn, daß der Student auf
Universitäten sich, so viel er kann, von allem verzär-
telten und verfeinerten Wesen abhalte. Dieses hat
sichtbare böse Folgen, wie es bei einer andern Gele-
genheit erhellen wird, nämlich da, wo ich das
glänzende Elend der Studenten zu Leipzig beschrei-
ben werde.

Man hatte mir schon gesagt, daß Schlägereien
in Jena häufig vorfielen: und in der That fand ich,
daß es gar leicht war, in Händel zu gerathen. Sie
wurden zwar mit dem Degen ausgemacht; da aber
immer für gute Sekundanten gesorgt wurde; so wa-
ren die Balgereien selten gefährlich. Doch ist noch
vor ohngefähr zwölf Jahren ein gewisser Baron von
Herstal auf der Rasenmühle erstochen worden f).

f) Dieser Vorfall machte, daß der Besuch der genannten
Mühle den Studenten verboten wurde.
Erster Theil. N

ten Komment. Dabei war der Jenenſer nicht be-
leidigend grob, oder impertinent; vielmehr zeigte ſich
viel Trauliches und dienſtfertiges in ſeinem Betragen.
Ich habe hernach den viel feinern Ton in Goͤttingen,
und den ſuperfeinen Leipziger kennen gelernt: da lobe
ich mir denn doch meinen Jeniſchen. Vielleicht war
mein Geſchmack verdorben, und zu ſehr an groͤbere
Speiſen gewoͤhnt: aber bei dem allen ſcheint es doch
der Sache angemeſſen zu ſeyn, daß der Student auf
Univerſitaͤten ſich, ſo viel er kann, von allem verzaͤr-
telten und verfeinerten Weſen abhalte. Dieſes hat
ſichtbare boͤſe Folgen, wie es bei einer andern Gele-
genheit erhellen wird, naͤmlich da, wo ich das
glaͤnzende Elend der Studenten zu Leipzig beſchrei-
ben werde.

Man hatte mir ſchon geſagt, daß Schlaͤgereien
in Jena haͤufig vorfielen: und in der That fand ich,
daß es gar leicht war, in Haͤndel zu gerathen. Sie
wurden zwar mit dem Degen ausgemacht; da aber
immer fuͤr gute Sekundanten geſorgt wurde; ſo wa-
ren die Balgereien ſelten gefaͤhrlich. Doch iſt noch
vor ohngefaͤhr zwoͤlf Jahren ein gewiſſer Baron von
Herſtal auf der Raſenmuͤhle erſtochen worden f).

f) Dieſer Vorfall machte, daß der Beſuch der genannten
Muͤhle den Studenten verboten wurde.
Erſter Theil. N
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0207" n="193"/>
ten Komment. Dabei war der Jenen&#x017F;er nicht be-<lb/>
leidigend grob, oder impertinent; vielmehr zeigte &#x017F;ich<lb/>
viel Trauliches und dien&#x017F;tfertiges in &#x017F;einem Betragen.<lb/>
Ich habe hernach den viel feinern Ton in Go&#x0364;ttingen,<lb/>
und den &#x017F;uperfeinen Leipziger kennen gelernt: da lobe<lb/>
ich mir denn doch meinen Jeni&#x017F;chen. Vielleicht war<lb/>
mein Ge&#x017F;chmack verdorben, und zu &#x017F;ehr an gro&#x0364;bere<lb/>
Spei&#x017F;en gewo&#x0364;hnt: aber bei dem allen &#x017F;cheint es doch<lb/>
der Sache angeme&#x017F;&#x017F;en zu &#x017F;eyn, daß der Student auf<lb/>
Univer&#x017F;ita&#x0364;ten &#x017F;ich, &#x017F;o viel er kann, von allem verza&#x0364;r-<lb/>
telten und verfeinerten We&#x017F;en abhalte. Die&#x017F;es hat<lb/>
&#x017F;ichtbare bo&#x0364;&#x017F;e Folgen, wie es bei einer andern Gele-<lb/>
genheit erhellen wird, na&#x0364;mlich da, wo ich das<lb/>
gla&#x0364;nzende Elend der Studenten zu Leipzig be&#x017F;chrei-<lb/>
ben werde.</p><lb/>
        <p>Man hatte mir &#x017F;chon ge&#x017F;agt, daß Schla&#x0364;gereien<lb/>
in Jena ha&#x0364;ufig vorfielen: und in der That fand ich,<lb/>
daß es gar leicht war, in Ha&#x0364;ndel zu gerathen. Sie<lb/>
wurden zwar mit dem Degen ausgemacht; da aber<lb/>
immer fu&#x0364;r gute Sekundanten ge&#x017F;orgt wurde; &#x017F;o wa-<lb/>
ren die Balgereien &#x017F;elten gefa&#x0364;hrlich. Doch i&#x017F;t noch<lb/>
vor ohngefa&#x0364;hr zwo&#x0364;lf Jahren ein gewi&#x017F;&#x017F;er Baron von<lb/>
Her&#x017F;tal auf der Ra&#x017F;enmu&#x0364;hle er&#x017F;tochen worden <note place="foot" n="f)">Die&#x017F;er Vorfall machte, daß der Be&#x017F;uch der genannten<lb/>
Mu&#x0364;hle den Studenten verboten wurde.</note>.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. N</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0207] ten Komment. Dabei war der Jenenſer nicht be- leidigend grob, oder impertinent; vielmehr zeigte ſich viel Trauliches und dienſtfertiges in ſeinem Betragen. Ich habe hernach den viel feinern Ton in Goͤttingen, und den ſuperfeinen Leipziger kennen gelernt: da lobe ich mir denn doch meinen Jeniſchen. Vielleicht war mein Geſchmack verdorben, und zu ſehr an groͤbere Speiſen gewoͤhnt: aber bei dem allen ſcheint es doch der Sache angemeſſen zu ſeyn, daß der Student auf Univerſitaͤten ſich, ſo viel er kann, von allem verzaͤr- telten und verfeinerten Weſen abhalte. Dieſes hat ſichtbare boͤſe Folgen, wie es bei einer andern Gele- genheit erhellen wird, naͤmlich da, wo ich das glaͤnzende Elend der Studenten zu Leipzig beſchrei- ben werde. Man hatte mir ſchon geſagt, daß Schlaͤgereien in Jena haͤufig vorfielen: und in der That fand ich, daß es gar leicht war, in Haͤndel zu gerathen. Sie wurden zwar mit dem Degen ausgemacht; da aber immer fuͤr gute Sekundanten geſorgt wurde; ſo wa- ren die Balgereien ſelten gefaͤhrlich. Doch iſt noch vor ohngefaͤhr zwoͤlf Jahren ein gewiſſer Baron von Herſtal auf der Raſenmuͤhle erſtochen worden f). f) Dieſer Vorfall machte, daß der Beſuch der genannten Muͤhle den Studenten verboten wurde. Erſter Theil. N

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/207
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/207>, abgerufen am 03.05.2024.