Der Zweck des Ordens ist, sich auf der Uni- versität Ehre und Ansehn zu verschaffen, d. h. sich in solche Positur zu setzen, daß alle Studenten, ja selbst die Professoren und die Vorgesetzten sich vor den Herren Ordensbrüdern fürchten möchten.
Daher ist die engste Verbind[ - 2 Zeichen fehlen]g nöthig. Diese erfordert natürlicher Weise, daß kein Mitglied das andere beleidigen darf. Alle Beleidigungen, die vor- fallen, müssen vom Senior geschlichtet werden. Ue- berhaupt sind viele Gesetze da, welche Freundschaft, Verträglichkeit u. d. gl. gebieten. Da aber Freund- schaft ein Ding ist, das sich nicht gebieten läßt; so giebt es im Orden immer so viele Disharmonien, daß gewiß stets Schlägerei seyn würde, wenn nicht andere prägnante Gründe Ruhe heischten.
Das Oberhaupt des Ordens ist der Senior, welchem die andern gehorchen müssen. Er hat ihnen zwar nur in Ordenssachen zu befehlen: da sich aber da- hin allerlei ziehen läßt; so ist der Senior gleichsam der Herr der Mitglieder, und die Mitglieder sind, wenn er es verlangt, seine gehorsamen Diener. So wird man Sklave, um frei zu seyn!
Neben dem Senior ist noch ein Subsenior, der auch etwas zu sagen hat, vorzüglich in Abwesenheit des großen Moguls, ich meyne, des Seniors: dann
Erster Theil. L
Der Zweck des Ordens iſt, ſich auf der Uni- verſitaͤt Ehre und Anſehn zu verſchaffen, d. h. ſich in ſolche Poſitur zu ſetzen, daß alle Studenten, ja ſelbſt die Profeſſoren und die Vorgeſetzten ſich vor den Herren Ordensbruͤdern fuͤrchten moͤchten.
Daher iſt die engſte Verbind[ – 2 Zeichen fehlen]g noͤthig. Dieſe erfordert natuͤrlicher Weiſe, daß kein Mitglied das andere beleidigen darf. Alle Beleidigungen, die vor- fallen, muͤſſen vom Senior geſchlichtet werden. Ue- berhaupt ſind viele Geſetze da, welche Freundſchaft, Vertraͤglichkeit u. d. gl. gebieten. Da aber Freund- ſchaft ein Ding iſt, das ſich nicht gebieten laͤßt; ſo giebt es im Orden immer ſo viele Disharmonien, daß gewiß ſtets Schlaͤgerei ſeyn wuͤrde, wenn nicht andere praͤgnante Gruͤnde Ruhe heiſchten.
Das Oberhaupt des Ordens iſt der Senior, welchem die andern gehorchen muͤſſen. Er hat ihnen zwar nur in Ordensſachen zu befehlen: da ſich aber da- hin allerlei ziehen laͤßt; ſo iſt der Senior gleichſam der Herr der Mitglieder, und die Mitglieder ſind, wenn er es verlangt, ſeine gehorſamen Diener. So wird man Sklave, um frei zu ſeyn!
Neben dem Senior iſt noch ein Subſenior, der auch etwas zu ſagen hat, vorzuͤglich in Abweſenheit des großen Moguls, ich meyne, des Seniors: dann
Erſter Theil. L
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Der Zweck des Ordens iſt, ſich auf der Uni-
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andere beleidigen darf. Alle Beleidigungen, die vor-
fallen, muͤſſen vom Senior geſchlichtet werden. Ue-
berhaupt ſind viele Geſetze da, welche Freundſchaft,
Vertraͤglichkeit u. d. gl. gebieten. Da aber Freund-
ſchaft ein Ding iſt, das ſich nicht gebieten laͤßt; ſo
giebt es im Orden immer ſo viele Disharmonien,
daß gewiß ſtets Schlaͤgerei ſeyn wuͤrde, wenn nicht
andere praͤgnante Gruͤnde Ruhe heiſchten.
Das Oberhaupt des Ordens iſt der Senior,
welchem die andern gehorchen muͤſſen. Er hat ihnen
zwar nur in Ordensſachen zu befehlen: da ſich aber da-
hin allerlei ziehen laͤßt; ſo iſt der Senior gleichſam
der Herr der Mitglieder, und die Mitglieder ſind,
wenn er es verlangt, ſeine gehorſamen Diener. So
wird man Sklave, um frei zu ſeyn!
Neben dem Senior iſt noch ein Subſenior, der
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/175>, abgerufen am 03.05.2024.
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