dem Zusatz: man würde sich freuen, wenn ich sie des andern Tages zum Koffe besuchen wollte.
Wer war froher als ich? Ich ließ mich früh a la mode de Manheim frisiren, bürstete meinen Rock fein aus, und marschirte mit tausend Herz- klopfen nach dem Hause der Madam B.... in der Nachbarschaft der Dominikaner. Therese empfing mich an der Hausthür, gab mir einen Wink, mach- te mir ein gleichgültiges Kompliment auf französisch, und sagte sodann: je vous donnerai une lettre; onvrez-la, quand vous ferez hors d'icio). Die alte Base empfieng sehr höflich, und erkundigte sich nach dem Befinden ihres Herrn Vetters, den sie noch vor einem Monate; ich aber seit einem hal- ben Jahre nicht gesehen hatte. Therese gab mir während des Koffeetrinkens den Brief, den ich ihrem Vater überreichen sollte; ich merkte aber wohl, daß er für mich war. Ich blieb lange da, und es wur- de vielerlei gesprochen. Einmal aber hätte ich den ganzen Spaß bald verrathen: denn ich fing an, eine Gießer Historie aufzutischen, und von Burschenkom- ment zu unterhalten. Therese ward feuerroth: da merkte ich erst, wie dumm ich gewesen war, und lenkte ein; erzählte aber doch weiter, nur sagte ich,
o) Ich werde Ihnen einen Brief geben; öffnen Sie ihn, wenn Sie von hier weg sind.
dem Zuſatz: man wuͤrde ſich freuen, wenn ich ſie des andern Tages zum Koffe beſuchen wollte.
Wer war froher als ich? Ich ließ mich fruͤh à la mode de Manheim friſiren, buͤrſtete meinen Rock fein aus, und marſchirte mit tauſend Herz- klopfen nach dem Hauſe der Madam B.... in der Nachbarſchaft der Dominikaner. Thereſe empfing mich an der Hausthuͤr, gab mir einen Wink, mach- te mir ein gleichguͤltiges Kompliment auf franzoͤſiſch, und ſagte ſodann: je vous donnerai une lettre; onvrez-la, quand vous ferez hors d'icio). Die alte Baſe empfieng ſehr hoͤflich, und erkundigte ſich nach dem Befinden ihres Herrn Vetters, den ſie noch vor einem Monate; ich aber ſeit einem hal- ben Jahre nicht geſehen hatte. Thereſe gab mir waͤhrend des Koffeetrinkens den Brief, den ich ihrem Vater uͤberreichen ſollte; ich merkte aber wohl, daß er fuͤr mich war. Ich blieb lange da, und es wur- de vielerlei geſprochen. Einmal aber haͤtte ich den ganzen Spaß bald verrathen: denn ich fing an, eine Gießer Hiſtorie aufzutiſchen, und von Burſchenkom- ment zu unterhalten. Thereſe ward feuerroth: da merkte ich erſt, wie dumm ich geweſen war, und lenkte ein; erzaͤhlte aber doch weiter, nur ſagte ich,
o) Ich werde Ihnen einen Brief geben; oͤffnen Sie ihn, wenn Sie von hier weg ſind.
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dem Zuſatz: man wuͤrde ſich freuen, wenn ich ſie
des andern Tages zum Koffe beſuchen wollte.
Wer war froher als ich? Ich ließ mich fruͤh
à la mode de Manheim friſiren, buͤrſtete meinen
Rock fein aus, und marſchirte mit tauſend Herz-
klopfen nach dem Hauſe der Madam B.... in der
Nachbarſchaft der Dominikaner. Thereſe empfing
mich an der Hausthuͤr, gab mir einen Wink, mach-
te mir ein gleichguͤltiges Kompliment auf franzoͤſiſch,
und ſagte ſodann: je vous donnerai une lettre;
onvrez-la, quand vous ferez hors d'ici o).
Die alte Baſe empfieng ſehr hoͤflich, und erkundigte
ſich nach dem Befinden ihres Herrn Vetters, den
ſie noch vor einem Monate; ich aber ſeit einem hal-
ben Jahre nicht geſehen hatte. Thereſe gab mir
waͤhrend des Koffeetrinkens den Brief, den ich ihrem
Vater uͤberreichen ſollte; ich merkte aber wohl, daß
er fuͤr mich war. Ich blieb lange da, und es wur-
de vielerlei geſprochen. Einmal aber haͤtte ich den
ganzen Spaß bald verrathen: denn ich fing an, eine
Gießer Hiſtorie aufzutiſchen, und von Burſchenkom-
ment zu unterhalten. Thereſe ward feuerroth: da
merkte ich erſt, wie dumm ich geweſen war, und
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o) Ich werde Ihnen einen Brief geben; oͤffnen Sie ihn,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/132>, abgerufen am 21.11.2024.
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