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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Wein trinken wollen. Also da doch manchmal eine
Schnurre passiren sollte; so ahmte ich meinen hono-
rigen Brüdern nach, und trank -- Schnapps.

Der Gießer Schnapps ist, wie das Bier, sehr
elend: er hat einen Geschmack, wie wenn er mit
Rauch von Nußlaub geräuchert wäre. Dabei ist er
sehr wohlfeil: wer für sechs Kreuzer oder achtzehn
Pfennige trinkt, ohne ganz berauscht zu werden,
muß ein kapitaler Säufer seyn l).

Eines Tages kommersirten wir in Schnapps
auf dem Schießhaus bei Balzer. Mein vieles pro
poena
trinken brachte mich von Sinnen. Eben
dies widerfuhr noch vier andern von der Gesellschaft.
In der Besoffenheit trieben wir allerhand Muthwil-
len. Endlich taumelten wir in die Stadt herein --
es war noch heller Tag -- und setzten unser baechan-
tisches Wesen fort. Auf der Straße fiel ich hin
nebst noch einem, und man mußte uns zu Hause
tragen.

Am folgenden Tag wurden wir auf den Senat
vorgefordert zur Untersuchung der Sache. Das war

l) Zu Gießen ist das Brandtweintrinken mehr als viel-
leicht an einem Ort in Deutschland Mode: daher giebt
es dort auch die größten Säufer. Ein gewisser Husa-
ren Korporal, Fasian, konnte drei Schoppen (etwas
über anderthalb Kannen) einschieben, ohne zu taumeln.
Habeat sibi!

Wein trinken wollen. Alſo da doch manchmal eine
Schnurre paſſiren ſollte; ſo ahmte ich meinen hono-
rigen Bruͤdern nach, und trank — Schnapps.

Der Gießer Schnapps iſt, wie das Bier, ſehr
elend: er hat einen Geſchmack, wie wenn er mit
Rauch von Nußlaub geraͤuchert waͤre. Dabei iſt er
ſehr wohlfeil: wer fuͤr ſechs Kreuzer oder achtzehn
Pfennige trinkt, ohne ganz berauſcht zu werden,
muß ein kapitaler Saͤufer ſeyn l).

Eines Tages kommerſirten wir in Schnapps
auf dem Schießhaus bei Balzer. Mein vieles pro
poena
trinken brachte mich von Sinnen. Eben
dies widerfuhr noch vier andern von der Geſellſchaft.
In der Beſoffenheit trieben wir allerhand Muthwil-
len. Endlich taumelten wir in die Stadt herein —
es war noch heller Tag — und ſetzten unſer baechan-
tiſches Weſen fort. Auf der Straße fiel ich hin
nebſt noch einem, und man mußte uns zu Hauſe
tragen.

Am folgenden Tag wurden wir auf den Senat
vorgefordert zur Unterſuchung der Sache. Das war

l) Zu Gießen iſt das Brandtweintrinken mehr als viel-
leicht an einem Ort in Deutſchland Mode: daher giebt
es dort auch die groͤßten Saͤufer. Ein gewiſſer Huſa-
ren Korporal, Faſian, konnte drei Schoppen (etwas
uͤber anderthalb Kannen) einſchieben, ohne zu taumeln.
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[108/0122] Wein trinken wollen. Alſo da doch manchmal eine Schnurre paſſiren ſollte; ſo ahmte ich meinen hono- rigen Bruͤdern nach, und trank — Schnapps. Der Gießer Schnapps iſt, wie das Bier, ſehr elend: er hat einen Geſchmack, wie wenn er mit Rauch von Nußlaub geraͤuchert waͤre. Dabei iſt er ſehr wohlfeil: wer fuͤr ſechs Kreuzer oder achtzehn Pfennige trinkt, ohne ganz berauſcht zu werden, muß ein kapitaler Saͤufer ſeyn l). Eines Tages kommerſirten wir in Schnapps auf dem Schießhaus bei Balzer. Mein vieles pro poena trinken brachte mich von Sinnen. Eben dies widerfuhr noch vier andern von der Geſellſchaft. In der Beſoffenheit trieben wir allerhand Muthwil- len. Endlich taumelten wir in die Stadt herein — es war noch heller Tag — und ſetzten unſer baechan- tiſches Weſen fort. Auf der Straße fiel ich hin nebſt noch einem, und man mußte uns zu Hauſe tragen. Am folgenden Tag wurden wir auf den Senat vorgefordert zur Unterſuchung der Sache. Das war l) Zu Gießen iſt das Brandtweintrinken mehr als viel- leicht an einem Ort in Deutſchland Mode: daher giebt es dort auch die groͤßten Saͤufer. Ein gewiſſer Huſa- ren Korporal, Faſian, konnte drei Schoppen (etwas uͤber anderthalb Kannen) einſchieben, ohne zu taumeln. Habeat ſibi!

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/122>, abgerufen am 21.11.2024.