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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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womit Herr Kanzler Koch den Herrn Prof. Höpfner
verfolgte, auf sie, und Avemann wurde relegirt. --
So gerecht verfuhr dieser Inhaber der Gerechtigkeit
zu Gießen! Herr Schmid mag das nun leugnen,
wenn er kann: die Leute in Gießen wissen aber das
alles recht gut, und die Frau von Avemann kann be-
zeugen, wie diskret der Kanzler Koch in Rücksicht
auf sie verfahren ist. Doch was kümmern uns die,
die draußen sind!

Nach meiner ritterlichen That wurde ich in eine
geheime Gießer-Studenten-Gesellschaft aufgenom-
men, die nun glaubte, ein sehr respektables Mitglied
in meiner Person zu acquiriren. Die Geschichte da-
von ist lang: ich will sie aufsparen.

Ich hatte in meinem Vaterlande zwar derb ler-
nen Wein trinken, wie meine Leser aus dem vorher-
gehenden wissen können; aber Schnapps war nie in
meinen Mund gekommen. Das Brandtweintrinken
wird überhaupt in der Pfalz gleichsam für schändlich
gehalten k). Die Trunkenheit hält man nicht für
schändlich; nur das Vehikel, wodurch sie entsteht!
Ich hatte zwar einen ganz artigen Wechsel; aber der
würde nicht zugereicht haben, wenn ich hätte täglich

k) Ein günstiges Vorurtheil! Es fördert den Absatz und
Anbau des Weins, und beuget dort dem Kornmangel
vor, der aus stark betriebner Brandtweinbrennerei ent-
stehen würde. Und dann ein Pfaffenland!!

womit Herr Kanzler Koch den Herrn Prof. Hoͤpfner
verfolgte, auf ſie, und Avemann wurde relegirt. —
So gerecht verfuhr dieſer Inhaber der Gerechtigkeit
zu Gießen! Herr Schmid mag das nun leugnen,
wenn er kann: die Leute in Gießen wiſſen aber das
alles recht gut, und die Frau von Avemann kann be-
zeugen, wie diskret der Kanzler Koch in Ruͤckſicht
auf ſie verfahren iſt. Doch was kuͤmmern uns die,
die draußen ſind!

Nach meiner ritterlichen That wurde ich in eine
geheime Gießer-Studenten-Geſellſchaft aufgenom-
men, die nun glaubte, ein ſehr reſpektables Mitglied
in meiner Perſon zu acquiriren. Die Geſchichte da-
von iſt lang: ich will ſie aufſparen.

Ich hatte in meinem Vaterlande zwar derb ler-
nen Wein trinken, wie meine Leſer aus dem vorher-
gehenden wiſſen koͤnnen; aber Schnapps war nie in
meinen Mund gekommen. Das Brandtweintrinken
wird uͤberhaupt in der Pfalz gleichſam fuͤr ſchaͤndlich
gehalten k). Die Trunkenheit haͤlt man nicht fuͤr
ſchaͤndlich; nur das Vehikel, wodurch ſie entſteht!
Ich hatte zwar einen ganz artigen Wechſel; aber der
wuͤrde nicht zugereicht haben, wenn ich haͤtte taͤglich

k) Ein guͤnſtiges Vorurtheil! Es foͤrdert den Abſatz und
Anbau des Weins, und beuget dort dem Kornmangel
vor, der aus ſtark betriebner Brandtweinbrennerei ent-
ſtehen wuͤrde. Und dann ein Pfaffenland!!
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[107/0121] womit Herr Kanzler Koch den Herrn Prof. Hoͤpfner verfolgte, auf ſie, und Avemann wurde relegirt. — So gerecht verfuhr dieſer Inhaber der Gerechtigkeit zu Gießen! Herr Schmid mag das nun leugnen, wenn er kann: die Leute in Gießen wiſſen aber das alles recht gut, und die Frau von Avemann kann be- zeugen, wie diskret der Kanzler Koch in Ruͤckſicht auf ſie verfahren iſt. Doch was kuͤmmern uns die, die draußen ſind! Nach meiner ritterlichen That wurde ich in eine geheime Gießer-Studenten-Geſellſchaft aufgenom- men, die nun glaubte, ein ſehr reſpektables Mitglied in meiner Perſon zu acquiriren. Die Geſchichte da- von iſt lang: ich will ſie aufſparen. Ich hatte in meinem Vaterlande zwar derb ler- nen Wein trinken, wie meine Leſer aus dem vorher- gehenden wiſſen koͤnnen; aber Schnapps war nie in meinen Mund gekommen. Das Brandtweintrinken wird uͤberhaupt in der Pfalz gleichſam fuͤr ſchaͤndlich gehalten k). Die Trunkenheit haͤlt man nicht fuͤr ſchaͤndlich; nur das Vehikel, wodurch ſie entſteht! Ich hatte zwar einen ganz artigen Wechſel; aber der wuͤrde nicht zugereicht haben, wenn ich haͤtte taͤglich k) Ein guͤnſtiges Vorurtheil! Es foͤrdert den Abſatz und Anbau des Weins, und beuget dort dem Kornmangel vor, der aus ſtark betriebner Brandtweinbrennerei ent- ſtehen wuͤrde. Und dann ein Pfaffenland!!

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/121>, abgerufen am 04.05.2024.