gewöhnt habe. Jch schwatze über die Revolution, über Ludwig Philipp, über Belgien, wie gute teutsche Bürgersleute vom Wetter schwatzen, von der gestrigen Bostonpartie, von der Kuppelei zwischen zwei jungen Leuten; wenn das zufällig etwas Verfängliches wäre, wie meine Revolution, so könnten sie in manchem Staate mit eben so gutem Rechte eingesperrt werden, wie ich; meine Politik ist ganz indifferent, all das Zeug interessirt mich nicht, ich spreche nur und treibe mit, weil ich noch immer nirgends den Zugang finde, selbsteigen die Welt zu meinem Genüge er- schütternd anzufassen.
Was weiß ich! Aber Jhr Prinzipienmenschen bildet und karrt, Leute meines Schlags genießen, herrschen, leben, oder die Kugel trifft sie.
Warum, Frau van Wälen, sagte ich leise zu ihr, kümmern Sie sich um Politik, die Sie mit Jhrer Schönheit, mit Jhrem Herzen Kummer und Leben bereiten können? Erst wenn wir selbst un- mächtig werden, fragen wir nach Parteien, eher nicht; nur die Mittelmäßigkeit associirt sich, nur die Prosa; warum bleiben Sie nicht allein? Jch bin auch allein.
gewöhnt habe. Jch ſchwatze über die Revolution, über Ludwig Philipp, über Belgien, wie gute teutſche Bürgersleute vom Wetter ſchwatzen, von der geſtrigen Boſtonpartie, von der Kuppelei zwiſchen zwei jungen Leuten; wenn das zufällig etwas Verfängliches wäre, wie meine Revolution, ſo könnten ſie in manchem Staate mit eben ſo gutem Rechte eingeſperrt werden, wie ich; meine Politik iſt ganz indifferent, all das Zeug intereſſirt mich nicht, ich ſpreche nur und treibe mit, weil ich noch immer nirgends den Zugang finde, ſelbſteigen die Welt zu meinem Genüge er- ſchütternd anzufaſſen.
Was weiß ich! Aber Jhr Prinzipienmenſchen bildet und karrt, Leute meines Schlags genießen, herrſchen, leben, oder die Kugel trifft ſie.
Warum, Frau van Wälen, ſagte ich leiſe zu ihr, kümmern Sie ſich um Politik, die Sie mit Jhrer Schönheit, mit Jhrem Herzen Kummer und Leben bereiten können? Erſt wenn wir ſelbſt un- mächtig werden, fragen wir nach Parteien, eher nicht; nur die Mittelmäßigkeit aſſociirt ſich, nur die Proſa; warum bleiben Sie nicht allein? Jch bin auch allein.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0059"n="51"/>
gewöhnt habe. Jch ſchwatze über die Revolution,<lb/>
über Ludwig Philipp, über Belgien, wie gute teutſche<lb/>
Bürgersleute vom Wetter ſchwatzen, von der geſtrigen<lb/>
Boſtonpartie, von der Kuppelei zwiſchen zwei jungen<lb/>
Leuten; wenn das zufällig etwas Verfängliches wäre,<lb/>
wie meine Revolution, ſo könnten ſie in manchem<lb/>
Staate mit eben ſo gutem Rechte eingeſperrt werden,<lb/>
wie ich; meine Politik iſt ganz indifferent, all das<lb/>
Zeug intereſſirt mich nicht, ich ſpreche nur und treibe<lb/>
mit, weil ich noch immer nirgends den Zugang<lb/>
finde, ſelbſteigen die Welt zu meinem Genüge er-<lb/>ſchütternd anzufaſſen.</p><lb/><p>Was weiß ich! Aber Jhr Prinzipienmenſchen<lb/>
bildet und karrt, Leute meines Schlags genießen,<lb/>
herrſchen, leben, oder die Kugel trifft ſie.</p><lb/><p>Warum, Frau van Wälen, ſagte ich leiſe zu<lb/>
ihr, kümmern Sie ſich um Politik, die Sie mit<lb/>
Jhrer Schönheit, mit Jhrem Herzen Kummer und<lb/>
Leben bereiten können? Erſt wenn wir ſelbſt un-<lb/>
mächtig werden, fragen wir nach Parteien, eher<lb/>
nicht; nur die Mittelmäßigkeit aſſociirt ſich, nur die<lb/>
Proſa; warum bleiben Sie nicht allein? Jch bin<lb/>
auch allein.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[51/0059]
gewöhnt habe. Jch ſchwatze über die Revolution,
über Ludwig Philipp, über Belgien, wie gute teutſche
Bürgersleute vom Wetter ſchwatzen, von der geſtrigen
Boſtonpartie, von der Kuppelei zwiſchen zwei jungen
Leuten; wenn das zufällig etwas Verfängliches wäre,
wie meine Revolution, ſo könnten ſie in manchem
Staate mit eben ſo gutem Rechte eingeſperrt werden,
wie ich; meine Politik iſt ganz indifferent, all das
Zeug intereſſirt mich nicht, ich ſpreche nur und treibe
mit, weil ich noch immer nirgends den Zugang
finde, ſelbſteigen die Welt zu meinem Genüge er-
ſchütternd anzufaſſen.
Was weiß ich! Aber Jhr Prinzipienmenſchen
bildet und karrt, Leute meines Schlags genießen,
herrſchen, leben, oder die Kugel trifft ſie.
Warum, Frau van Wälen, ſagte ich leiſe zu
ihr, kümmern Sie ſich um Politik, die Sie mit
Jhrer Schönheit, mit Jhrem Herzen Kummer und
Leben bereiten können? Erſt wenn wir ſelbſt un-
mächtig werden, fragen wir nach Parteien, eher
nicht; nur die Mittelmäßigkeit aſſociirt ſich, nur die
Proſa; warum bleiben Sie nicht allein? Jch bin
auch allein.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/59>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.