Worten hast Du die Probe von diesem traurigen Exempel: vor ein Paar Tagen schrieb ich ganz anders, da war der Gedanke der Geist Gottes, und das Ding hatte auch seine Logik -- ach, Sklaven, Sklaven, die wir sind in unsichtbaren Ketten, gegen welche alles Toben und Wüthen vergeblich ist!
Erinnerst Du Dich der Sophisten in Griechen- land, welche die Schulweisheit so vornehm wegwer- fend anzusehen pflegt? Diese Leute sind ein ent- setzliches historisches Moment. Sie waren die Gründer der eigentlichen Bildung, sie wandten die Philosophie auf Alles an, sie emancipirten das Denken für den täglichen Gebrauch -- und sie waren wirklich der Grenzstein Griechenlands. Nicht daß ich die un- historische Plumpheit nachsagen möchte, die Sophisten hätten Griechenlands Untergang herbeigeführt. Sie producirten nicht sowohl Etwas, sondern sie waren ein Produkt. Der Kreis von Griechenlands leben- diger Entwickelung ward in ihnen vollendet, wie die Zeit fröhlicher Jugendjahre -- die Jahreszeit und die Weltgeschichte wartet nicht auf unsere Wünsche. Und, Freund, es will mich manchmal bedünken, als sei die Welt wieder auf solchem Punkte. Da-
Worten haſt Du die Probe von dieſem traurigen Exempel: vor ein Paar Tagen ſchrieb ich ganz anders, da war der Gedanke der Geiſt Gottes, und das Ding hatte auch ſeine Logik — ach, Sklaven, Sklaven, die wir ſind in unſichtbaren Ketten, gegen welche alles Toben und Wüthen vergeblich iſt!
Erinnerſt Du Dich der Sophiſten in Griechen- land, welche die Schulweisheit ſo vornehm wegwer- fend anzuſehen pflegt? Dieſe Leute ſind ein ent- ſetzliches hiſtoriſches Moment. Sie waren die Gründer der eigentlichen Bildung, ſie wandten die Philoſophie auf Alles an, ſie emancipirten das Denken für den täglichen Gebrauch — und ſie waren wirklich der Grenzſtein Griechenlands. Nicht daß ich die un- hiſtoriſche Plumpheit nachſagen möchte, die Sophiſten hätten Griechenlands Untergang herbeigeführt. Sie producirten nicht ſowohl Etwas, ſondern ſie waren ein Produkt. Der Kreis von Griechenlands leben- diger Entwickelung ward in ihnen vollendet, wie die Zeit fröhlicher Jugendjahre — die Jahreszeit und die Weltgeſchichte wartet nicht auf unſere Wünſche. Und, Freund, es will mich manchmal bedünken, als ſei die Welt wieder auf ſolchem Punkte. Da-
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Worten haſt Du die Probe von dieſem traurigen
Exempel: vor ein Paar Tagen ſchrieb ich ganz anders,
da war der Gedanke der Geiſt Gottes, und das Ding
hatte auch ſeine Logik — ach, Sklaven, Sklaven,
die wir ſind in unſichtbaren Ketten, gegen welche
alles Toben und Wüthen vergeblich iſt!
Erinnerſt Du Dich der Sophiſten in Griechen-
land, welche die Schulweisheit ſo vornehm wegwer-
fend anzuſehen pflegt? Dieſe Leute ſind ein ent-
ſetzliches hiſtoriſches Moment. Sie waren die Gründer
der eigentlichen Bildung, ſie wandten die Philoſophie
auf Alles an, ſie emancipirten das Denken für den
täglichen Gebrauch — und ſie waren wirklich der
Grenzſtein Griechenlands. Nicht daß ich die un-
hiſtoriſche Plumpheit nachſagen möchte, die Sophiſten
hätten Griechenlands Untergang herbeigeführt. Sie
producirten nicht ſowohl Etwas, ſondern ſie waren
ein Produkt. Der Kreis von Griechenlands leben-
diger Entwickelung ward in ihnen vollendet, wie
die Zeit fröhlicher Jugendjahre — die Jahreszeit und
die Weltgeſchichte wartet nicht auf unſere Wünſche.
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/30>, abgerufen am 28.11.2024.
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