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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

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mann. Diese moderne Republik ist innerlich die
frechste Forderung, sie heischt Genialität jedes Ein-
zelnen.

So haben die Engländer das Meer bezwungen,
sie haben die tausend und aber tausend Lords ge-
schaffen, deren Jeder die Souverainetät eines Jm-
perators in sich trägt, uneingeschränkter Mensch sich
fühlt ganz und gar.

Sie haben Shakespeare gezeugt, der als ordi-
nairer Schauspieler die Poesie des Universums an
seine Brust riß, sie haben Gibbon gezeugt, der das
Christenthum verfluchte, haben Chesterfield gezeugt,
der die Tugend mit der Klugheit zerdrückte, Shelley,
der Gott läugnete mit einem sanften Herzen, Byron,
der die Gesellschaft schlug mit Fäusten, welche von
Ambra dufteten.

Noch heut findet man Riesenpotenz im einzel-
nen Engländer, noch heut ist mitten in dieser Stadt
Old Bailey, der Aufenthalt allerfrechster Gemeinheit,
beiläufigen Mordes, unbezwungen, London hat so
viel Freudenmädchen, wie ein deutsches Herzogthum
Einwohner, und darunter die schönsten und die ge-
meinsten der Welt, noch heut findet man in England

mann. Dieſe moderne Republik iſt innerlich die
frechſte Forderung, ſie heiſcht Genialitaͤt jedes Ein-
zelnen.

So haben die Englaͤnder das Meer bezwungen,
ſie haben die tauſend und aber tauſend Lords ge-
ſchaffen, deren Jeder die Souverainetaͤt eines Jm-
perators in ſich traͤgt, uneingeſchraͤnkter Menſch ſich
fuͤhlt ganz und gar.

Sie haben Shakeſpeare gezeugt, der als ordi-
nairer Schauſpieler die Poeſie des Univerſums an
ſeine Bruſt riß, ſie haben Gibbon gezeugt, der das
Chriſtenthum verfluchte, haben Cheſterfield gezeugt,
der die Tugend mit der Klugheit zerdruͤckte, Shelley,
der Gott laͤugnete mit einem ſanften Herzen, Byron,
der die Geſellſchaft ſchlug mit Faͤuſten, welche von
Ambra dufteten.

Noch heut findet man Rieſenpotenz im einzel-
nen Englaͤnder, noch heut iſt mitten in dieſer Stadt
Old Bailey, der Aufenthalt allerfrechſter Gemeinheit,
beilaͤufigen Mordes, unbezwungen, London hat ſo
viel Freudenmaͤdchen, wie ein deutſches Herzogthum
Einwohner, und darunter die ſchoͤnſten und die ge-
meinſten der Welt, noch heut findet man in England

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[212/0220] mann. Dieſe moderne Republik iſt innerlich die frechſte Forderung, ſie heiſcht Genialitaͤt jedes Ein- zelnen. So haben die Englaͤnder das Meer bezwungen, ſie haben die tauſend und aber tauſend Lords ge- ſchaffen, deren Jeder die Souverainetaͤt eines Jm- perators in ſich traͤgt, uneingeſchraͤnkter Menſch ſich fuͤhlt ganz und gar. Sie haben Shakeſpeare gezeugt, der als ordi- nairer Schauſpieler die Poeſie des Univerſums an ſeine Bruſt riß, ſie haben Gibbon gezeugt, der das Chriſtenthum verfluchte, haben Cheſterfield gezeugt, der die Tugend mit der Klugheit zerdruͤckte, Shelley, der Gott laͤugnete mit einem ſanften Herzen, Byron, der die Geſellſchaft ſchlug mit Faͤuſten, welche von Ambra dufteten. Noch heut findet man Rieſenpotenz im einzel- nen Englaͤnder, noch heut iſt mitten in dieſer Stadt Old Bailey, der Aufenthalt allerfrechſter Gemeinheit, beilaͤufigen Mordes, unbezwungen, London hat ſo viel Freudenmaͤdchen, wie ein deutſches Herzogthum Einwohner, und darunter die ſchoͤnſten und die ge- meinſten der Welt, noch heut findet man in England

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/220>, abgerufen am 09.05.2024.