benswürdigkeit. Eine gewisse Ritterlichkeit hat immer ihre Mißgriffe erzeugt, auch die letzten. Wenn sie sich wie die Helden geschlagen hatten, dann verziehen sie auch großmüthig wie die Helden. Der ganze moderne Wirrwarr selbst mit Berechnung und Geld wird von ihnen und durch ihre Lebhaftigkeit so bunt und interessant ausgebildet, daß er immer noch einen Schimmer von Poesie behält. Jst ihnen auch oft die Freiheit wieder entglitten, die Gleichheit haben sie aus allen Stürmen gerettet; der reiche Banquier und der ärmste Journalist, einer repräsentirt seinen Monsieur wie der andre; und das ist nicht etwa gesellige Duldung mit allerlei Rückhaltsgedanken, wie man sie in den besten Gesellschaften Teutschlands findet, nein, es ist eine Sache an sich, ein Absolutes. Jeder Mann gilt für einen Mann, und seine Worte werden nach ihrem absoluten Werthe beachtet, nicht nach Rücksichten. Das Geld ist mächtig, aber nicht allmächtig. Keime zu allerlei neuen, lockenden Zu- ständen liegen überall am Tage, nirgends ist Tod und Erstarrung.
Jch wollte mir das neue Königreich betrachten, was gegen alle diplomatische Erwartung aus den
benswürdigkeit. Eine gewiſſe Ritterlichkeit hat immer ihre Mißgriffe erzeugt, auch die letzten. Wenn ſie ſich wie die Helden geſchlagen hatten, dann verziehen ſie auch großmüthig wie die Helden. Der ganze moderne Wirrwarr ſelbſt mit Berechnung und Geld wird von ihnen und durch ihre Lebhaftigkeit ſo bunt und intereſſant ausgebildet, daß er immer noch einen Schimmer von Poeſie behält. Jſt ihnen auch oft die Freiheit wieder entglitten, die Gleichheit haben ſie aus allen Stürmen gerettet; der reiche Banquier und der ärmſte Journaliſt, einer repräſentirt ſeinen Monſieur wie der andre; und das iſt nicht etwa geſellige Duldung mit allerlei Rückhaltsgedanken, wie man ſie in den beſten Geſellſchaften Teutſchlands findet, nein, es iſt eine Sache an ſich, ein Abſolutes. Jeder Mann gilt für einen Mann, und ſeine Worte werden nach ihrem abſoluten Werthe beachtet, nicht nach Rückſichten. Das Geld iſt mächtig, aber nicht allmächtig. Keime zu allerlei neuen, lockenden Zu- ſtänden liegen überall am Tage, nirgends iſt Tod und Erſtarrung.
Jch wollte mir das neue Königreich betrachten, was gegen alle diplomatiſche Erwartung aus den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0022"n="14"/>
benswürdigkeit. Eine gewiſſe Ritterlichkeit hat immer<lb/>
ihre Mißgriffe erzeugt, auch die letzten. Wenn ſie<lb/>ſich wie die Helden geſchlagen hatten, dann verziehen<lb/>ſie auch großmüthig wie die Helden. Der ganze<lb/>
moderne Wirrwarr ſelbſt mit Berechnung und Geld<lb/>
wird von ihnen und durch ihre Lebhaftigkeit ſo bunt<lb/>
und intereſſant ausgebildet, daß er immer noch einen<lb/>
Schimmer von Poeſie behält. Jſt ihnen auch oft<lb/>
die Freiheit wieder entglitten, die Gleichheit haben<lb/>ſie aus allen Stürmen gerettet; der reiche Banquier<lb/>
und der ärmſte Journaliſt, einer repräſentirt ſeinen<lb/>
Monſieur wie der andre; und das iſt nicht etwa<lb/>
geſellige Duldung mit allerlei Rückhaltsgedanken, wie<lb/>
man ſie in den beſten Geſellſchaften Teutſchlands<lb/>
findet, nein, es iſt eine Sache an ſich, ein Abſolutes.<lb/>
Jeder Mann gilt für einen Mann, und ſeine Worte<lb/>
werden nach ihrem abſoluten Werthe beachtet, nicht<lb/>
nach Rückſichten. Das Geld iſt mächtig, aber nicht<lb/>
allmächtig. Keime zu allerlei neuen, lockenden Zu-<lb/>ſtänden liegen überall am Tage, nirgends iſt Tod<lb/>
und Erſtarrung.</p><lb/><p>Jch wollte mir das neue Königreich betrachten,<lb/>
was gegen alle diplomatiſche Erwartung aus den<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[14/0022]
benswürdigkeit. Eine gewiſſe Ritterlichkeit hat immer
ihre Mißgriffe erzeugt, auch die letzten. Wenn ſie
ſich wie die Helden geſchlagen hatten, dann verziehen
ſie auch großmüthig wie die Helden. Der ganze
moderne Wirrwarr ſelbſt mit Berechnung und Geld
wird von ihnen und durch ihre Lebhaftigkeit ſo bunt
und intereſſant ausgebildet, daß er immer noch einen
Schimmer von Poeſie behält. Jſt ihnen auch oft
die Freiheit wieder entglitten, die Gleichheit haben
ſie aus allen Stürmen gerettet; der reiche Banquier
und der ärmſte Journaliſt, einer repräſentirt ſeinen
Monſieur wie der andre; und das iſt nicht etwa
geſellige Duldung mit allerlei Rückhaltsgedanken, wie
man ſie in den beſten Geſellſchaften Teutſchlands
findet, nein, es iſt eine Sache an ſich, ein Abſolutes.
Jeder Mann gilt für einen Mann, und ſeine Worte
werden nach ihrem abſoluten Werthe beachtet, nicht
nach Rückſichten. Das Geld iſt mächtig, aber nicht
allmächtig. Keime zu allerlei neuen, lockenden Zu-
ſtänden liegen überall am Tage, nirgends iſt Tod
und Erſtarrung.
Jch wollte mir das neue Königreich betrachten,
was gegen alle diplomatiſche Erwartung aus den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/22>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.